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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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deiner Finger Ambrosia saugen und von deinen schönen Lippen Nektar küssen, ich Bär aber mag von alledem nichts und verlange ein kräftiges Essen, weil ich fünfzig Meilen geritten bin und gewaltigen Hunger habe. Das ist natürlich ein Unterschied. Ich werde sofort in deinem Kredit sinken und für einen Barbaren gehalten werden.“
    Sie verschloß ihm den Mund mit einem Kuß.
    „Still, du Bär! Du weißt, daß du mir tausendmal lieber bist als alle die anderen. Die kommen herein, geschniegelt zum Ekeln; sie duften und äugeln, sie säuseln und flattern – pah! Wenn du aber kommst, so sehe ich einen Mann. Wie gern schaue ich zu, wenn du die Bissen zwischen den Bart hineinschiebst und die Knochen zermalmst wie ein richtiger Bär. Ich sage dir, Gerard, ich würde sofort diesen ganzen Plunder vom Leib reißen und den ärmlichsten Rock anziehen, um dir hinaus in den Hinterwald zu folgen und Kartoffeln, Schoten und Mais zu bauen. Aber ich bin dir nicht gut genug, und du hast leider Recht. Meine Liebe verschmähst du, aber meine Freundschaft sollst du doch annehmen müssen. Sag, was willst du essen. Auftragen kann ich nicht lassen, da niemand wissen darf, daß du bei mir bist.“
    „Hole mir ein großes Stück trockenes Brot und etwas Fleisch dazu.“
    „Weiter nichts?“
    „Nein.“
    „Ist das ein Mensch!“ lachte sie. „Er kann alle Delikatessen haben und verlangt trockenes Brot. Doch du sollst deinen Willen haben.“
    Sie erhob sich, um das Verlangte zu holen. Als sie durch das Boudoir schritt und zur Tür hinausging, so stolz, so schön wie eine Königin, blickte er ihr nach. Es war fast ein Ausdruck des Mitleids zu nennen, der dabei über seine Züge glitt, aber er schüttelte die Regung ab und murmelte: „Pah! Sie ist trotz dieser wahrhaft treuen, untertänigen Liebe dennoch nicht unglücklich. Sie liebt den Glanz und den Genuß; beides ist ihr geboten, und so ist sie mit ihrer gegenwärtigen Lage ganz zufrieden. Aber, bei Gott, ich habe gar nicht gedacht, daß ein Kerl wie ich einem so schönen Weib solche Zuneigung einflößen könnte. Die Liebe ist wirklich ein launenhaftes Ding!“
    Sie kehrte zurück und setzte ihm einen Teller vor, von welchem er rüstig zulangte. Sie beobachtete ihn mit sichtlichem Interesse und sagte:
    „So, mein guter Gerard, erscheinst du mir in meinen Träumen. Mitten im Urwald eine kleine Farm, du der Mann und ich die Frau.“
    „O bitte!“
    „Geduld! Es ist ja eben nur im Traum! Du kehrst von der Arbeit oder von der Jagd zurück, setzt dich an den Tisch – – –“
    „Ohne vorherigen Kuß?“ lachte er.
    „Zehn Küsse vorher, Gerard! Dann setze ich dir eine rauchende Büffelzunge vor –“
    „Nein, kalt muß sie sein. Büffellende darf rauchen.“
    „Gut, so bekommst du also Büffellende, und da beißt du so kräftig hinein wie eben jetzt. Deine Zähne schimmern; du bist ganz und gar bei der Arbeit, und das ist so gut und behaglich, daß man selbst Appetit bekommt.“
    „Willst du?“ fragte er, ihr das trockene Brot anbietend.
    „Nein, brrr!“ antwortete sie, sich schüttelnd.
    „Schöne Farmersfrau, die kein Brot essen kann!“
    „Ich würde es wieder lernen.“
    „Aber schwer. Du kannst es besser, viel besser haben.“
    „Wie?“
    „Suche nach einer wirklichen, ernstlichen Verbindung. Bei deiner Schönheit und deinem Geist bist du imstande, den vornehmsten, den reichsten Mann zu fesseln! Dann hast du einen Halt für dein ganzes Leben.“
    Sie blickte zum Boden nieder. Sie fühlte, daß er Recht hatte, dennoch antwortete sie im Ton eines nicht zurückzudrängenden Vorwurfes: „Und das sagst du mir? Du, der der einzige ist, den ich lieben kann?“
    „Und der auch der einzige ist, der es wirklich aufrichtig gut mit dir meint!“
    „Ja, ich glaube es dir; du bist stets gut mit mir gewesen, schon als Knabe.“
    „Hm, warum sollte ich nicht? Deine und meine Eltern wohnten im Hinterhaus. Ich war ein starker Bub und du ein so kleines, allerliebstes Ding. Dann kam ich zum Schmied in die Lehre, und du warst reif zur Schule.“
    „Und als ich die Schule verließ, warst du Garotteur.“
    „Leider! Aber als ich die Garotte verließ, warst du Grisette, ließest dich von einem amerikanischen Schwindler entführen und gingst über die See.“
    „Der Mensch verließ mich, und ich sank in das tiefste Elend. Da trafen wir uns des Abends in St. Louis am Fluß. Ich hatte das Leben satt und wollte mich in das Wasser stürzen. Du ahntest dies und tratst herzu. Wir

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