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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schlaft, so lange Ihr wollt. Resedilla, führe den Señor zu den Vaqueros!“
    Zu den Vaqueros? Also im Nebengebäude sollte er schlafen. Das war übrigens dem Jäger sehr gleichgültig, obgleich er sich gefreut hatte, nach langen Monaten einmal in einem wirklichen Bett gehörig auszuruhen.
    Resedilla erhob sich und wartete an der Tür, daß er ihr folgen solle.
    „Gute Nacht, Señor Pirnero!“ sagte er, seine Büchse ergreifend.
    „Gute Nacht, Señor!“ antwortete der Alte und setzte sich dabei wieder an das Fenster, um seine langweiligen Wetterbeobachtungen fortzusetzen.
    Draußen an der Tür blieb Resedilla bei Gerard stehen.
    „Verzeiht meinem Vater!“ bat sie. „Er ist zuweilen eigentümlich, aber doch sehr gut.“
    „Ich habe nichts zu verzeihen, Señorita“, antwortete er. „Er kann seine Gäste hinweisen, wohin es ihm beliebt. Ich werde auch auf dem Stroh gut schlafen, denn ich bin in vier Tagen eine Strecke von zweihundert Leguas geritten.“
    Sie schlug erstaunt die Hände zusammen.
    „Zweihundert Leguas!“ sagte sie. „Wie ist das möglich?“
    „Ich habe acht Pferde dazu gebraucht und bin nicht von ihrem Rücken gekommen.“
    „So habt Ihr während dieser Zeit gar nicht geschlafen?“
    „Nein.“
    „O, da ist es ja ein Wunder, daß Ihr nicht umfallt. Kommt schnell!“
    „Bleibt hier, Señorita! Es regnet draußen, und Ihr werdet naß. Ich werde schon die Vaqueros zu finden wissen.“
    „Ah, glaubt Ihr wirklich, daß ich Euch auf Stroh schlafen lasse? In diesen nassen Kleidern? Nein, kommt, geht nur mit mir!“
    Sie stieg die Treppe empor, und er folgte ihr. Oben schloß sie eine Tür auf und ließ ihn eintreten. Er sah ein Zimmer mit einer beinahe vornehmen Einrichtung.
    „Aber das ist ja kein Schlafzimmer für Fremde!“ sagte er erstaunt.
    „Eigentlich nicht“, lächelte sie vergnügt. „Hier wohnen nur die Verwandten von uns, wenn sie uns besuchen. Hier hat auch meine gute Cousine Emma Arbellez von der Hacienda del Erina gewohnt, als sie zum letzten Mal bei uns war. Ich war damals noch ein Kind. Seitdem ist sie verschwunden. Setzt Euch einstweilen nieder. Habt Ihr Hunger?“
    „Nein, aber ich bin sehr müde.“
    Sie ging noch einmal fort, und er setzte sich. Er in seinem Anzug paßte in Wahrheit nicht in diesen hübschen Raum, doch er setzte sich in einen der Polstersessel. Es vergingen einige Minuten. Die Müdigkeit schloß ihm die Augen. Als Resedilla zurückkehrte, war er wirklich eingeschlafen. Sie setzte den Leuchter mit dem Licht auf den Tisch, goß Wasser in das Becken und betrachtete ihn dann mitleidig.
    „Der Arme!“ lispelte sie. „Wie müde muß er sein, so schnell einzuschlafen. Aber da ist seine Büchse, ich muß mich überzeugen.“
    Sie ergriff leise das Gewehr, um es emporzuheben. Es war sehr schwer. Sie sah sich den Kolben genau an, und ihr Blick erreichte auch die Stelle, an welcher der Sergeant das Blei hinweggeschnitten hatte.
    „Gold, wirkliches Gold!“ flüsterte sie. „So ist er es also, meine Ahnung hat mich also nicht getäuscht! O, wie mich das freut, wie mich das freut! Aber da er selbst nicht davon spricht, werde auch ich schweigen und so tun, als ob ich es gar nicht ahne.“
    Sie stellte das Gewehr wieder hin und berührte ihn leise, um ihn zu wecken.
    „Resedilla!“ lispelte er, ohne zu erwachen.
    Sie errötete, berührte ihn dann aber stärker, so daß er erwachen mußte.
    „Ah, ich schlief ein! Verzeiht es mir, Señorita!“ bat er.
    „Ihr habt nicht um Verzeihung zu bitten. Ich wünsche Euch eine recht gute und lange Ruhe. Gute Nacht, Señor Gerard.“
    „Gute Nacht, Señorita!“
    Sie ging, ohne, wie er eigentlich erwartet hatte, ihn zu fragen, was er mit dem französischen Kapitän getan habe. Die Fürsorge, welche sie ihm gezeigt hatte, tat ihm unendlich wohl. Obgleich er außerordentlich ermüdet war, lag er noch einige Zeit, zwar mit geschlossenen Augen, aber doch wachend auf dem Lager. Ihr liebes, freundliches Bild beschäftigte ihn. Er verglich es mit demjenigen der einstigen Geliebten in Paris, die er so unerwartet als Marketenderin in Chihuahua wiedergefunden hatte. Welch ein Unterschied! Die eine tief in Sünde und Schande, die andere so rein, so keusch und heilig. Die eine entblößt von aller wohltuenden Weiblichkeit, herabgesunken auf die tiefste Stufe, welche es geben kann, und die andere umgeben und umduftet von jenem Hauch der Unbeflecktheit der frommen, unberührten Anmut, ohne welche das Glück eine wahre

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