46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
dieser.
Der Wirt fuhr auf. Er dachte, daß er gefoppt werden solle; darum meinte er in einem sehr zornigen Ton: „Wie meint Ihr das?“
„So wie ich es sage“, lautete die Antwort. „Das Wetter ist hübsch.“
„Ah, wollt Ihr mich etwa ärgern?“
„Fällt mir nicht ein!“
„Und dennoch widersprecht Ihr mir!“
„Auch das nicht. Dem einen kann etwas ganz gut gefallen, was dem anderen höchst lästig ist, aber dennoch brauchen diese beiden sich über diese Meinungsverschiedenheit nicht im geringsten zu ärgern.“
„Sehr richtig! Ihr glaubt doch nicht, daß ich mich über Euch ärgere?“
„Das wäre Eure Sache, aber nicht die meinige, Señor.“
„Allerdings. Und Ihr wärt mir auch der letzte, über den ich mich ärgern würde.“
„Warum?“
„Aus verschiedenen Gründen.“
„Hm! Darf man diese Gründe erfahren?“
„Warum nicht? Zunächst ist Euer Pferd ein Ziegenbock.“
„Gut. Weiter!“
„Sodann habt Ihr keinen gescheiten Fetzen auf dem Leib.“
„Sehr richtig! Und noch weiter?“
„Und drittens sind Eure Waffen keinen Heller wert.“
„Woher wißt Ihr das?“
„Das sieht man ja bei dem ersten Blick. Man braucht da ganz und gar kein Psychologe zu sein oder eine große politische oder diplomatische Begabung zu haben.“
Der Fremde nickte lächelnd mit dem Kopf und sagte:
„Ich sehe ganz genau, daß ich bei Señor Pirnero bin.“
„Wieso?“ fragte der Wirt stutzend.
„Man hat mir von Euch erzählt, und ich finde, daß man mir die Wahrheit gesagt hat.“
„Welche Wahrheit?“ fragte da der Wirt gespannt.
„Man hat Euch mir beschrieben, und ich bemerke, daß die Beschreibung genau stimmt.“
„Donnerwetter, was hat man von mir gesagt?“
„Daß Ihr ein guter Kerl seid.“
„Ja, ja, das bin ich allerdings! Weiter!“
„Daß Ihr stets an diesem Fenster sitzt.“
„Auch das stimmt. Weiter!“
„Und das Wetter beobachtet.“
„Richtig. Immer weiter!“
„Daß Ihr infolgedessen jedes Gespräch mit dem Wetter anfangt.“
„Wirklich? Hm! Da habe ich selbst noch nicht aufgepaßt. Weiter!“
„Das Ihr sehr gern vom Heiraten und von Schwiegersöhnen redet.“
Der Wirt sah den Sprecher forschend an. Er war im unklaren, ob er sich über ihn freuen oder ärgern solle; darum fragte er:
„Wie meint Ihr das?“
„Ich meine gar nichts; man hat es mir so gesagt.“
„Wer?“
„Meine Kameraden. Aber gebt mir nur noch ein Glas von Eurem Julep, Señor.“
Er trank sein Glas leer und hielt es dann dem Wirt hin. Dieser musterte seinen Gast von neuem, schüttelte langsam den Kopf und sagte: „Ich schenke nicht mehr ein.“
„Warum?“ fragte der Fremde erstaunt.
„Hm. Bezahlt erst den ersten.“
„Ah, Ihr haltet mich für einen Lumpen, der nicht bezahlen kann?“ lachte der Gast.
„Beweist zunächst das Gegenteil, dann werde ich wissen, wofür ich Euch zu halten habe.“
„Gut! Ihr sollt sehen.“
Er griff in seine Tasche, zog einen Lederbeutel hervor, öffnete ihn und griff hinein.
„Da habt Ihr Eure Bezahlung.“
Bei diesen Worten nahm er ein Nugget von der Größe einer Haselnuß heraus und hielt es dem Wirt hin. Dieser griff mit großer Begierde zu, betrachtete es von allen Seiten, wog es in der Hand und sagte erstaunt: „Gold, wahrhaftig reines Gold.“
„Ja, vollständig rein“, nickte der andere.
„Donnerwetter! Und das ist Euer?“
„Wem sonst?“
„Habt Ihr noch mehr?“
„Mehrere Beutel voll.“
„Woher?“
„Aus den Minen geholt.“
„Wo?“
„O, das ist meine Sache, Señor Pirnero!“ lachte der Gast.
„Welch ein Nugget! Es ist unter Brüdern zwanzig Dollar wert.“
„Dreißig!“
„Soll ich es wiegen und wechseln?“
„Versteht sich.“
Der Wirt erhob sich und holte die Waage. Die beiden wurden um den Preis von fünfundzwanzig Dollar einig, den Pirnero gleich auszahlte.
„Also einen Julep wollt Ihr noch?“ fragte er dienstfertig.
„Ja“, nickte der Gefragte.
„Den sollt Ihr sogleich bekommen.“
Der Gast war infolge des Nuggets sehr schnell und sehr hoch in seiner Achtung gestiegen; darum bediente er ihn mit außerordentlicher Bereitwilligkeit. Er bereute jetzt sein früheres Verhalten, und darum setzte er sich an das Fenster, um darüber nachzudenken, auf welche Weise er es wieder gutmachen könne. Es fiel ihm nicht sogleich etwas ein, darum begann er mit seiner gewohnten Geistesgegenwart: „Schlechtes Wetter!“
„Hm!“ brummte der Gast.
„Hat aber auch seine gute Seite“, lenkte
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