46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
ein guter Zug von ihm, der mir gefällt. Aber das darf nicht länger so fortgehen. So ein Mann muß eine Frau haben, eine Frau, die ihm ein Besitztum bringt. Dann hat er eine Heimat, und das ist sehr viel wert, wenn einem der Wind auch einmal die Dachhölzer herunterwirft. Wißt Ihr vielleicht, in welcher Gegend er am liebsten jagt?“
„Überall da, wo ein Wild zu treffen ist; ich habe jedoch erfahren, daß er in nächster Zeit hier am Fluß zu tun haben wird.“
„Hier am Fluß? Donnerwetter! Vielleicht auch in Fort Guadeloupe?“
„Jedenfalls.“
„Das freut mich unendlich. Trinkt er gern Julep?“
„Höchstens ein Gläschen.“
„Ob viel oder wenig. Wer in Fort Guadeloupe Julep trinken will, muß bei mir einkehren, und so denke ich, daß ich ihn zu sehen bekomme.“
„Ich bin überzeugt, daß er zu Euch kommen wird.“
„Wirklich? Hörst du es, Resedilla!“
Sie antwortete nicht. Sie befand sich sehr in Verlegenheit. Die Manie ihres Vaters, vom Heiraten zu sprechen, war ihr höchst fatal.
„Nun, hast du es nicht gehört?“ fragte der Alte zornig.
„Ja“, antwortete sie.
„Gut. Und was das beste ist, ich werde ihn sofort erkennen.“
„Woran?“ fragte Gerard.
„An seiner Büchse.“
„Ah! Wieso?“
„Ihr Kolben ist von lauter gediegenem Gold, von dem er herunterschneidet, wenn er etwas zu bezahlen hat. Das muß eine Büchse sein. Ein ganz anderes Ding, als der alte Schießprügel, den Ihr da neben Euch lehnen habt. Aber sagt, wo seid denn eigentlich Ihr zu Hause, he?“
„Überall und nirgends.“
„Das heißt, Ihr habt keinen festen Wohnort!“
„Ja, so meine ich es.“
„Aber Ihr müßt doch ein Haus oder wenigstens eine Hütte haben, in welcher Ihr während des Winters wohnen könnt.“
„Die baue ich mir.“
„Wo denn?“
„Da, wo ich mich gerade befinde, wenn ich eingeschneit werde. Man jagt im Sommer und Herbst; im Winter bereitet man die Felle zu, und im Frühjahr bringt man sie in die Forts oder Städte zum Markt.“
„Das weiß ich wohl; aber ich danke für ein solches Leben. Nehmt Euch eine Frau, daß Ihr einen festen Platz bekommt. Ihr seid zwar Franzose, aber gebt auf Napoleon nichts, da findet Ihr überall eine Frau, eine Indianerin, oder sonst ein armes, fleißiges Mädchen. Nach einer reichen werdet Ihr freilich vergeblich suchen, denn Ihr habt ja selbst nicht einmal eine ordentliche Jacke. Wo werdet Ihr denn heute bei diesem Regenwetter schlafen?“
„Hier.“
Der Alte zog ein langes Gesicht; er sah den Gast mißtrauisch an und sagte: „Hier bei mir?“
„Ja.“
„Hm, hm. An Nachtgästen liegt mir gar nicht mehr viel.“
„Warum?“
„Da ist vor vier Tagen einer dageblieben, der sich für einen reichen Goldsucher ausgegeben hat. Dieser Kerl ist mir des Nachts durchs Fenster gesprungen und fortgeritten samt der Bezahlung.“
„Und da denkt Ihr, daß ich es ebenso machen könnte, wie dieser Mann?“
„Das will ich nicht sagen; aber habt Ihr denn Geld? Ihr trinkt stets nur ein Glas Julep. Das ist kein Zeichen eines Reichtums!“
„Vater!“ wagte die Tochter in bittendem Ton zu sagen.
„Was denn?“ fragte dieser. „Ja, du hast ein mitleidiges Herz; ich gehe lieber sicher. Wenn dieser Señor das Lager vorher bezahlt, kann er bei mir bleiben.“
„Ich werde es vorher bezahlen. Was kostet es?“ fragte Gerard lächelnd.
„Einen Quartillo.“
Ein Quartillo beträgt ungefähr sechzehn Pfennig deutsches Geld.
„Einen Quartillo nur?“ fragte der Jäger erstaunt.
„Ja, denn Ihr werdet doch auf Stroh liegen.“
„Warum? Ich werde ja das Bett bezahlen.“
„Das geht nicht. Seht Euch nur einmal an!“
Resedilla errötete bis hinter die Ohren, aber sie wagte keine Bemerkung.
„Gut“, sagte Gerard. „Hier ist der Quartillo für das Lager und hier auch der Tlaco für den Julep. Seid Ihr nun zufrieden, Señor Pirnero?“
„Ja.“
Ein Tlaco ist ungefähr acht Pfennig, also die Hälfte eines Quartillo.
„Da das nun in Ordnung ist“, sagte Gerard, „möchte ich Euch bitten, schlafen gehen zu dürfen.“
„Schlafen gehen? Schon jetzt? Bei hellem Tag? Seid Ihr gescheit oder nicht?“
„Ich halte mich weder für sehr gescheit, noch sehr dumm, aber ich bin sehr müde. Ihr werdet jedenfalls einsehen, daß dies bei einem Jäger vorkommen kann.“
„Ja, wenigstens bei einem guten. Was aber habt Ihr denn heute geschossen?“
„Noch nichts.“
„Na, da habt Ihrs! Aber ich will Euch nicht halten; geht in Gottes Namen und
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