46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Gerard‘?“
„Persönlich noch nicht.“
„Aber gehört habt Ihr von ihm?“
„Natürlich. Ich werde ihn auch bald persönlich kennenlernen.“
„Wieso?“
„Ich habe gehört, daß er nächstens ganz sicher nach Fort Guadeloupe kommen wird.“
„Ah, das ist gut! Ich dachte, er wäre schon da.“
„So ist er es, den Ihr sucht?“
„Freilich. Ich dachte ganz sicher, ihn bereits bei Euch zu treffen.“
„Sapperment, hat er es denn versprochen?“
„Ja.“
„Nun, so ist es sicher, daß er kommt, und das freut mich. Er ist der berühmteste Jäger, den es in diesem Land gibt. Kennt Ihr ihn persönlich?“
„Nein.“
„Nun, so will ich Euch sagen, daß er erst dieser Tage wieder eines seiner Stücke ausgeführt hat. Er ist nämlich nach Chihuahua geritten.“
„Alle Teufel! Da sollen ja jetzt die Franzosen sein.“
„Freilich sind sie da. Sie haben ihn erwischt und gefangengenommen.“
Straubenberger machte eine Bewegung des Erschreckens und rief bestürzt: „Ah, so werde ich ihn also nicht treffen. Ich muß gleich wieder fort und zurück!“
„Wohin?“ fragte der Wirt, nicht weniger erschrocken.
„Nach der Llano estacado.“
„Warum?“
„Ich muß melden, daß der ‚Schwarze Gerard‘ von den Franzosen gefangengenommen worden ist.“
„Wem denn?“
„Ah, das ist meine Sache!“
„Donnerwetter, Ihr seid wahrhaftig ein guter Diplomat. Aber ich kann Euch helfen.“
„Wieso?“
„Ihr braucht nicht zurück, denn der ‚Schwarze Gerard‘ ist ja frei.“
„Aber Ihr sagtet ja, daß –“
„Daß er gefangengenommen worden ist, ja; aber er ist ihnen sofort wieder durchgegangen, er ist gleich wieder entflohen.“
„Wirklich?“ fragte der Jäger sichtlich erleichtert.
„Ja.“
„Wißt Ihr es genau?“
„Ganz genau und sicher.“
„Von wem?“
„Von einem Jäger, der jetzt bei mir auf dem Heu schläft.“
„Was für ein Jäger ist er?“
„Weiß es nicht; aber viel ist nicht an ihm. Er hat kein Geld, schlechtes Zeug auf dem Leib und eine Büchse, für welche ich nicht einen Vierteldollar gebe.“
„Danach darf man nicht gehen. Solches Schießzeug ist oft besser als das teuerste Gewehr. Und was die Kleider und sonstige Ausrüstung betrifft, so seht Ihr es ja an mir, was man davon hat, wenn man einen Westmann nur nach dem Äußeren beurteilt. Die Sonne der Llano estacado hat mir die Kleider und Stiefel verbrannt, so daß sie nur noch in Fetzen am Leib hängen; mein Pferd ist abgenagt wie ein Ziegenbock, das sagtet Ihr ja selber; und meine Büchse sieht eher aus wie ein Nachtwächterknüppel als wie ein Gewehr. Dennoch habe ich sechs Beutel Nuggets bei mir, und in New York liegen meine Gelder. Ich habe das Gold, welches ich in den Minen fand, verkauft und den Betrag nach New York deponiert; dort erhalte ich ihn zu jeder Zeit. Ist der Jäger, von dem Ihr sprecht, jetzt zu treffen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Weil er schläft. Ihr könnt ja morgen früh mit ihm reden.“ –
Am anderen Morgen war Gerard der erste, welcher das Zimmer betrat. Resedilla hatte ihn kommen hören und trat herein, um ihm einen guten Morgen zu wünschen.
„Habt Ihr gut geschlafen, Señor?“ fragte sie.
„Mehr und besser als gut; ich danke, Señorita“, sagte er, sein Gewehr an den Tisch lehnend. „Und wißt Ihr, wem ich dies zu danken habe?“
„Wem?“
„Euch!“
„Mir?“ fragte sie unter einem leichten Erröten. „Warum?“
„Ich habe während der ganzen Nacht von Euch geträumt.“
Sie errötete tiefer und sagte:
„Ihr scherzt, Señor. Wenn man so außerordentlich ermüdet ist, wie Ihr es wart, so pflegt man nicht zu träumen.“
„Der Körper war ermüdet“, antwortete er; „aber nicht der Geist. Dieser spann die Gedanken fort, welche ihn jetzt allezeit beschäftigen. Wißt Ihr, wem diese Gedanken gelten?“
„Gedanken sind Eigentum der Seele, in der sie auch bleiben sollen, Señor. Ihr habt lange nichts genossen. Soll ich Euch eine Schokolade bringen?“
„Ich bitte darum.“
Sie entfernte sich, um in die Küche zu gehen, und er nahm am Tisch Platz. Nach einer kurzen Zeit trat Pirnero herein.
„Guten Morgen“, grüßte er mürrisch.
„Guten Morgen“, dankte Gerard.
„Ausgeschlafen?“
„Ja.“
„Das läßt sich denken. Ich habe noch keinen solchen Langschläfer gesehen wie Euch.“
„Möglich.“
„Sagt einmal, schlaft Ihr denn auch in der Savanne so lange?“
„Vielleicht.“
„Und im Urwald?“
„Kann
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