46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
werden Geduld haben müssen.“
„Warum?“
„Wir können diesen Ort nicht eher verlassen, als bis sich unsere Tiere wieder erholt haben. Sie haben mehrere Tage lang zwar Wasser, aber kein Futter gehabt.“
„Lassen Sie sich das nicht anfechten. Wir müssen sofort aufbrechen, vielleicht noch heute Nacht, aber es ist – – –“
„Heute Nacht? Unmöglich!“ unterbrach ihn der General.
„Die Schwachheit Ihrer Pferde und Maultiere ist kein Hindernis. Ich habe dafür gesorgt, daß uns die Pferde der Comanchen in die Hände fallen; das ist mehr als hinreichend. Sie lassen einfach Ihre Tiere in der Prärie zurück. Wir müssen aus Vorsicht immer annehmen, daß unsere Spuren bemerkt worden sind. Fünfhundert Reiter lassen auch bei der größten Sorgfalt eine Fährte zurück. Wir können sehr leicht bereits Verfolger hinter uns haben; wir dürfen sie hier nicht erwarten.“
„Wir gehen nach Fort Guadeloupe, um das Geld dort niederzulegen?“
„Nein. Dieser ursprüngliche Punkt hat nicht Stich gehalten. Wir werden das Geld direkt zu Juarez bringen.“
„Das ist außerordentlich gefährlich. Welchen Weg wir da auch einzuschlagen haben, er wird immer ein bedeutender Umweg sein, oder geradezu durch das Gebiet der Comanchen führen. Dieses letztere könnten wir nur mit sehr guten und frischen Pferden wagen.“
„Für letztere ist gesorgt. Es werden uns verbündete Apachen am südlichen Quell des roten Flusses mit frischen Tieren erwarten.“
„Das ist sehr vorteilhaft. Wir könnten dann das feindliche Gebiet im Galopp durcheilen und das Land der Mescalero-Apachen erreichen, ehe die Comanchen sich entschlossen hätten, einen Angriff auf uns zu machen.“
Der Plan wurde besprochen und einstimmig angenommen. Unterdessen verging die Zeit. Es war mehr als eine Stunde verflossen, und so forderte Gerard die Leute auf, sich bereitzuhalten. Er ergriff einen harzigen Ast und hielt denselben in das Feuer. Als er in Flammen stand, warf er ihn so hoch wie möglich in die Luft. Der Ast schien dabei verlöschen zu wollen, als er aber die Wurfhöhe erreicht hatte und einige Augenblicke bewegungslos in der Luft zu schweben schien, prasselten die Flammen auf, weithin sichtbar durch die Nacht, so daß dieses Zeichen nicht unbemerkt bleiben konnte.
Der Erfolg war allerdings ein augenblicklicher; denn kaum hatte der emporgeworfene Ast den Boden wieder berührt, so erschallte unten ringsum ein Geheul, wie es in dieser fürchterlichen, haarsträubenden Weise nur von Indianerkehlen ausgestoßen werden kann.
Gerard sprang vom Feuer hinweg und nach der Postenlinie hin. Dort standen die Jäger im Anschlag, die Büchsen schußbereit in der Hand und die Bowiemesser zwischen den Zähnen.
„Jetzt drauf!“ rief er. „Wenn ihr mithelfen wollt, so ist jetzt der richtige Augenblick dazu.“
Im Nu huschten die Leute, welche vor Begier brannten, sich mit den Comanchen zu messen, die Höhe hinab. Gerard aber kehrte zum Feuer zurück, wo der General stand. Hier sollte der Sammelplatz der Krieger sein, und hier konnte er am leichtesten gefunden werden.
Während des Geheuls hörte man einzelne Schüsse krachen. Todesschreie erschollen. Gerard horchte mit größter Spannung in die Nacht hinaus. Der General bemerkte dies und fragte ihn:
„Sie haben Sorge, ob die Apachen siegen werden?“
„Nicht im geringsten“, antwortete der Gefragte. „Es ist ganz unmöglich, daß sie einen Vorteil erkämpfen werden; ich hege im Gegenteil die Überzeugung, daß sie vollständig vernichtet werden. Wenn ich so angestrengt lausche, so ist es nur, um zu hören, ob es ein Stampedo gibt.“
„Ah, was ist ein Stampedo?“
„Man versteht unter diesem Wort das Durchbrechen, Durchgehen oder Vorüberstampfen einer Pferdeherde. Es ist mir wichtig, zu hören, ob die Pferde der Comanchen an den Lassos hängenbleiben oder nicht.“
„Ah, diese Lassos sind fest!“
„Ja, aber dennoch kommt es vor, daß Pferde, vom Geschrei des Kampfes erschreckt, sich losreißen. Überdies könnte ja ein Trupp der Feinde sich bis zu den Pferden durchschlagen und mit diesen zu entfliehen suchen. Glücklicherweise habe ich bis jetzt noch keinen einzigen Fußtritt gehört.“
„Haben Sie nicht eine Anzahl der Apachen angewiesen, sich der Pferde der Comanchen zu bemächtigen?“
„Allerdings. Und wie es scheint, ist ihnen dies auch gelungen. Denn fände das Gegenteil statt, so – – – ah!“
Dieser letzte Ausdruck galt einer Gestalt, welche soeben am Feuer
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