47 - Die Geißel von Antares
die Wahrheit sagte.
»Zwischen dem zweiten Frühstück und dem Vormid-Mahl wird Tilly zu dir kommen. Sei bereit.« Mit diesen Worten fuhr der Junge ihn zurück ins Haus.
Es ärgerte mich, darauf warten zu müssen, daß die Herren der Sterne mich nach Prebaya zurückbrachten, damit ich den Kampf gegen die bösen Ibmanzys weiterführen konnte. Da wartete diese höchst dringliche Aufgabe auf mich, und ich saß hier fest. Auf dem Hof gab es keinen Schweber, und ich bedauerte, daß mir weder Flugboot noch Voller zur Verfügung standen und auch nicht irgendwie aufzutreiben waren.
Eigentlich hätte ich in diesem Augenblick nach Emgidu unterwegs sein müssen, um mir meine Waffen zurückzuholen. Vando oder seine Leute mußten sie in ihrer Obhut haben, oder etwa nicht? Ich hoffte nur, daß Nath Seegfreedhan noch immer am Leben und in Sicherheit war. Auf Kregen kann man nie sicher sein, daß diese glücklichen Umstände gewährleistet sind.
Doch statt nach Emgidu zurückzukehren, wartete ich hier. Ich konnte mich der Faszination nicht entziehen, mich mit dem Lehrmeister von Mefto dem Kazzur unterhalten zu können.
Tilly kam pünktlich, um mich in einen kleinen, von Mauern umgebenen Hof zu führen. Der Boden bestand aus Sand. Sie trug einen langen grauen Umhang. Fweygo der Ältere saß aufrecht in seinem Räderstuhl und sah uns zu. Er gab ein Zeichen, und sein junger Diener reichte mir ein Rudis. Das Holzschwert war von erstklassiger Qualität und so konstruiert, daß es von der Form her einen Braxter darstellte. Ich nahm es, hielt es nach unten und verzichtete darauf, Probehiebe durch die Luft zu machen.
Tilly warf den grauen Umhang ab. Ich sah sie an, blinzelte und sah erneut hin. Ihre Beine waren nackt. Sie trug einen kurzen, sogar sehr kurzen Rock, der Bauch war frei, zwei winzige schwarze Stoffdreiecke bedeckten ihre Brüste. Das braune Haar war streng nach oben gekämmt und wurde von einem hellroten Tuch gehalten. Sie sah großartig aus.
Ich klemmte mir das Rudis zwischen die Knie und riß mir schnell – und erleichtert – die furchtbare grüne Tunika vom Leib. Tilly nahm ihr Holzschwert und ließ es ein paarmal probeweise durch die Luft pfeifen.
Fweygo räusperte sich. »Einfach nur fechten. Ich muß mir erst ein Urteil bilden. Fangt an!«
Tilly und ich salutierten ernst, wie es sich für einen Übungskampf gehörte, und fingen an. Ich war davon überzeugt, daß der Mann in dem Räderstuhl, mochte er auch ein Krüppel sein, jeden Versuch meinerseits, mein Können zu verschleiern, sofort durchschauen würde. Also kämpfte ich richtig. Ich verzichtete nur auf Tricks und gemeine Listen, auf die unverhohlen schmutzigen Kniffe eines schwertkämpfenden Abenteurers. Wie erwartet, war Tilly ausgesprochen gut. Sie benutzte nur ein Schwert, obwohl sie mühelos mit fünf hätte kämpfen können. Ich ging davon aus, daß sie mir einige Schwierigkeiten bereiten würde, wenn es dazu kam.
Auf Kregen gibt es viele Schwertkampfdisziplinen, die sich in ihren Kampftechniken unterscheiden. Einige lassen sich miteinander verbinden, bei anderen ist das schwierig, bei manchen ist es unmöglich. Natürlich führen erstarrte Regeln, was als Ziel für einen Treffer erlaubt ist und was nicht, zu einer Unflexibilität, die auf dem Schlachtfeld im Kampf auf Leben und Tod in jeder Hinsicht unangebracht ist.
So phantastisch die Dame Tilly auch war, wenn sie nur ein einziges Schwert führte, konnte sie besiegt werden. Fweygo der Ältere sah mit vorgestrecktem Kopf zu; seinem scharfen Blick entging nichts. Schließlich gebot er uns innezuhalten. Ich möchte darauf verzichten, die Geschehnisse der folgenden Tage in ihren ermüdenden Einzelheiten zu schildern. So sehr ich mir der dringenden Notwendigkeit der Rückkehr nach Prebaya bewußt war oder es mir in den Fingern juckte, Emgidu einen schnellen Besuch abzustatten, um meine Waffen zu retten, hielten mich Fweygos Können und seine Brillanz in ihrem Bann. Ich kann Ihnen sagen, jene Tage des Schwertkampfes brachten mich ganz schön ins Schwitzen, aber ich erkannte, warum Mefto in Jikaida-Stadt so viel besser als ich gewesen war.
Fweygo der Ältere bewahrte in seiner Waffenkammer viele verschiedene Waffen auf, und ich übte mit allen. Tilly folgte seinen Anweisungen mit geschmeidiger Kunstfertigkeit. Ich tat es ihr nach – und lernte.
Der mit einem weißen Haarkranz umgebene Kopf nickte mir eines strahlenden, vom Licht der Sonnen erfüllten Morgen zu. »Ich verstehe nun, wie du den Kampf
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