47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
eines
daimyō
heiratete.
Denn egal was Kai tat, um in der Welt voranzukommen, er konnte nie ein Samurai werden
.
Er spürte, dass die Audienz beendet war, und erhob sich. Die Scham, die Fürst Asanos Tadel in ihm ausgelöst hatte, verbarg er, indem er der Dame Haru seinen Arm bot, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
»Danke, mein Fürst«, sagte sie demütig und warf Fürst Asano einen Blick zu. »Bitte vergebt mein Eindringen. Ich bin für Eure Hilfe in dieser Sache sehr dankbar.«
Sie verneigten sich erneut. Fürst Asano nickte und bedeutete ihnen mit einem knappen Winken seines geschlossenen Fächers, hinauszugehen. Hastig folgten sie dem Befehl.
Was auch immer gerade in seinem Kopf vorgehen mochte, es ging sie beide ganz sicher nichts an.
Nach einer Weile kam Mika auf dem Hügel an, auf dem die Ruine des alten Wachturms stand. Die Sicht auf Ako, auf die sie sich schon gefreut hatte, erfüllte ihre Augen.
Kai stand reglos neben dem einzelnen Baum, der hier seit beinahe hundert Jahren einsam Wache stand. Sein Blick war so konzentriert, als wolle er die Baumwache ablösen. Bei jedem anderen Jungen hätte Mika gedacht, dass er sich vorstellte, ein Samurai zu Zeiten der Streitenden Reiche zu sein. Aber er war nicht wie irgendjemand, den sie je getroffen hatte, und wie er so über das Land blickte, wusste sie, dass er Dinge sah, die sich sonst niemand auch nur hätte vorstellen können.
Unter ihnen lag das gewaltige Panorama der Burg Ako und davor das Dorf gleichen Namens, dahinter erstreckten sich die bebauten Felder bis zu den fernen Waldrändern. Da waren die Hänge, in die man die Reisterrassen gebaut hatte, baumbestandene Hügel und Täler und der Fluss, der um die Burg herumfloss und dann aus ihrem Sichtfeld hinaus auf das Meer zuströmte, wo sich Akos Hafenstadt befand.
Ihr Herz schmerzte bei der Schönheit des Anblicks. Sie wünschte, man könnte ihn auf Leinwand bannen und die Bildrollen in ihr Zimmer hängen, sodass man den Eindruck bekam, als schliefe man mitten im sommerlichen Gras. An die Zimmerdecke würde sie Sterne aus Blattgold malen lassen ...
Sie schüttelte den Kopf, um das Bild zu verdrängen. Kein Maler hätte je diese Schönheit einfangen können, nicht einmal auf einem Stück Seide – wie selbstsüchtig war es, sich zu wünschen, man könne sie für sie allein einfangen! Ihr Vater sagte immer, die Schönheit Akos sei ein Geschenk der Götter, sie sei nicht zu kaufen oder verkaufen wie ein Scheffel Reis. Sie gehörte allen, die hier lebten, gleichermaßen.
Sie würde sich – wie Kai – einfach damit zufriedengeben, dass sie Augen hatte, um den Anblick zu genießen. Sie sah hinaus auf die Felder und bemerkte, wie der Anblick sich verändert hatte, Tage hatten sich in Monate gewandelt und die Jahreszeiten waren einander in einer endlosen Spirale gefolgt. Das letzte Mal, dass sie hier gewesen war, hatte man die Reisfelder geflutet, um sie bepflanzen zu können. Blauer Himmel und weiße Wolken hatten sich darin gespiegelt, sodass es gewirkt hatte, als schwebe die Burg Ako in der Luft. Jetzt waren die Pflanzen gewachsen und gediehen gesund und prächtig, und das Land sah aus wie ein Seidenlaken, das in allen Schattierungen sommerlichen Grüns gefärbt war.
Sie dachte plötzlich an die Worte ihres Vaters, nachdem ihre Mutter gestorben war.
Menschen trauern, wenn sie jemanden verloren haben, den sie geliebt haben
, hatte er gesagt,
weil ein Loch in den Stoff ihres Lebens gerissen wurde. Und das tut weh. Aber man sollte um die Verstorbenen nicht trauern. Jedes Ende birgt einen neuen Anfang in sich, denn die ewige Seele kehrt in das Rad der Wiedergeburt zurück
.
Eines Tages, so hatte er versprochen, würde die Seele ihrer geliebten Frau und Mutter wieder in die Welt kommen, so wie ihre eigenen, und dann würden sie einander wiedersehen. Wie die Jahreszeiten würde sich auch ihr Aussehen verändert haben – aber die Seele war wie das Land selbst, das nach jedem Winter im Frühling wiedergeboren wurde, umso schöner, da es sich eine Zeitlang in Frieden ausgeruht hatte.
Mika blinzelte und schüttelte den Kopf. Sie hatte damals nicht verstanden, was ihr Vater ihr hatte sagen wollen. Aber jetzt schien es ihr auf einmal so, als könne sie es klar erkennen. ... Wie seltsam, dass sie jedes Mal, wenn sie bei Kai war, sich selbst und ihr Leben in einem völlig neuen Licht sah.
Als sie auf ihn zuging, wandte er sich ab und ging ein paar Schritte fort, als bemerke er nicht, dass sie näher kam. Er
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