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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Entrée oder sonst etwas dafür bezahlen zu müssen, sogar meine Nase. Und meine Verhältnisse? Was meinen Sie denn eigentlich damit? Sehe ich etwa aus wie einer, in den sich einer verlieben könnte? Ich mag von dem ganzen Weibervolk gar nichts wissen, ich habe noch niemals ein Verhältnis gehabt. Wie kann überhaupt der erste beste sich unterstehen, mich nach solchen Verhältnissen auszufragen! Ich habe den Herrn Hauptmann auch nicht nach seinen Liebschaften gefragt.“
    Der Herzog schüttelte lächelnd den Kopf und antwortete:
    „Sie irren sich. Von solchen delikaten Verhältnissen war ja gar keine Rede. Wir möchten nur gern erfahren, wer und was Sie sind. Das werden Sie leicht begreiflich finden.“
    „Wer und was? Hm? Daß ich ‚Geierschnabel‘ heiße, das versteht sich ja ganz von selbst, ich habe die richtige, geeignete Nase dazu. Und daß ich Präriejäger bin, das geht eigentlich nur mich etwas an.“
    „Präriejäger?“ brummte der Oberförster. „Ah, darum ist Er so auf das Wild erpicht.“
    „Ja. Darum konnte ich mich auch nicht halten, als ich vorhin den Bock sah. Ich nahm die Büchse und schoß ihn nieder.“
    „Donnerwetter, also Sie haben ihn geschossen?“
    „Ja, ich.“
    „Nicht der Viehdoktor?“
    „Nein.“
    „Da schlage doch das Wetter drein! Aber doch hat er Ihnen mehrere Jahre lang das Wild geliefert?“
    „Gott bewahre!“ lachte ‚Geierschnabel‘.
    „Wirklich nicht?“ fragte der Hauptmann ganz erstaunt.
    „Nein.“
    „So ist er also gar kein Wilddieb?“
    „Ebensowenig wie ich ein Frankfurter Wildbrethändler bin.“
    „Donner und Doria! So hat Er mich belogen?“
    „Ja“, antwortete ‚Geierschnabel‘ sehr gleichmütig.
    „Mich an der Nase herumgeführt?“
    „Ja.“
    Da fuhr der Alte im höchsten Grimm auf ihn zu und donnerte ihn an:
    „Kreuzmillionenschwerebrett, wie können Sie das wagen!“
    „Pchtichchchchch!“ fuhr ihm der Tabakssaft entgegen, so daß er kaum noch Zeit fand, zur Seite zu prallen, um nicht getroffen zu werden. Das erboste ihn noch mehr. Er fuhr fort:
    „Mich für einen Narren zu halten und dann auch noch anzuspucken, mich den großherzoglichen hessischen Oberförster und verinvalidierten Hauptmann von Rodenstein! Der Himmelhund muß Keile kriegen, ganz gewaltige Keile, so gewaltig, daß Er auf der Erde liegen bleibt wie drei chloroformierte Nachtwächter! Ich verlange Respekt und abermals Respekt und zum dritten Mal Respekt! Wenn Er den aus den Augen läßt, so lasse ich Ihn versohlen, daß seine Nase aussehen lernt wie ein mit Fischtran eingeschmierter Kanonenstiefel! Kommt Er etwa aus Amerika oder Mexiko herüber, nur um sich über mich lustig zu machen, so haue ich ihm dieses Mexiko so lange um den Kopf herum, bis Er weder Mexi noch ko mehr singen kann. Versteht Er mich? Und nun will ich wissen, welchen Grund Er gehabt hat, mich in so horribler Weise zu täuschen.“
    „Grund?“ fragte der Amerikaner. „Hm! Gar keinen.“
    Der Alte öffnete den Mund so weit wie möglich und blickte den Sprecher im höchsten Grad erstaunt an.
    „Was?“ fragte er. „Keinen Grund? Gar keinen? So hat Er sich wohl nur einen Spaß mit uns machen wollen?“
    „Ja“, antwortete ‚Geierschnabel‘ im gleichgültigsten Ton.
    „Ah! Also wirklich nur einen Spaß! Da soll doch gleich das ganze Pulver platzen! Da soll doch gleich der helle, lichte Teufel dreinschlagen! Einen Spaß hat sich der Kerl mit mir gemacht! Mit mir! Hört ihrs alle? Mit mir! Mensch, wie kommt Er denn dazu, mich für einen Mann zu halten, mit dem man sich einen Spaß machen kann?“
    „Oh, das kam ganz von selbst. Ich traf den kleinen Tierarzt. Dieser belferte mich an wie ein Schoßhündchen einen großen Neufundländer. Das kam mir so spaßig vor, daß ich ganz lustig gestimmt wurde.“
    „Aus Spaß haben Sie ihn also für einen Wilddieb ausgegeben?“
    „Natürlich.“
    „So ist er also auch wohl kein Seeräuber gewesen?“
    „Ist ihm gar nicht eingefallen.“
    „Und auch kein Giftmischer?“
    „Auch nicht. Ich habe den Mann noch niemals gesehen, ich kenne ihn ganz und gar nicht. Hat er Gift gemischt, so hat er höchstens eine alte Kuh oder irgend einen Ziegenbock umgebracht.“
    „Er ist also unschuldig an allem?“
    „Vollständig unschuldig.“
    „Bomben und Granaten! Und diese unschuldige Seele ist arretiert und mit dem eigentlichen Missetäter zusammengebunden worden. Ich habe ihn angebrüllt und angeschnauzt, als ob er mich selber erschossen oder vergiftet hätte!

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