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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Herrschaften ruhen noch?“
    „Nein. Wie könnte man schlafen, da man wußte, daß Sie eintreffen.“
    „So hat Ludewig meine Ankunft gemeldet?“
    „Ja, er kam vorgestern an.“
    „Ist er hier auf Rodriganda?“
    „Nein. Er ist in Rheinswalden. Er hängt zu sehr an dem Hauptmann.“
    „Wo befinden sich die Herrschaften?“
    „Man hat sich noch nicht versammelt, es wird aber sogleich geschehen.“
    „So gehe ich nach dem kleinen Salon.“
    Nachdem er vorher Überrock und Kopfbedeckung abgelegt hatte, trat er in den angegebenen Raum. Dort stand eine schöne, jugendliche Mädchengestalt am Fenster. Sie wendete sich um, als er eintrat.
    „Kurt!“
    „Röschen!“
    Sie eilten aufeinander zu und reichten sich die Hände.
    „Willkommen, lieber Kurt“, sagte das liebliche Wesen im Ton der aufrichtigsten Freude. „Ich wollte die erste sein, welche dich begrüßt.“
    „Und ich wünschte so sehnlichst, vor allen anderen dich zu sehen.“
    „Wirklich? Nun, so ist dir dein Wunsch erfüllt. Dafür aber bleibst du dieses Mal recht sehr lange bei uns. Nicht wahr?“
    „Leider ist mir das nicht möglich. Ich reise bereits heute oder spätestens morgen wieder ab von hier.“
    Ihr Gesichtchen nahm den Ausdruck der Enttäuschung an.
    „Das ist häßlich, recht häßlich von dir“, sagte sie schmollend.
    „Oder von Bismarck.“
    „Bismarck? Ist er es, der dich wieder fortschickt?“
    „Ja, liebe Rosita.“
    „So hast du wohl wieder einmal eine so schwierige, diplomatische Aufgabe zu lösen, die kein anderer fertig bringt als nur du allein?“
    „Jeder andere würde es ebensogut fertig bringen wie ich. Es ist Glück und Zufall, daß gerade ich es bin, dem man sie anvertraut.“
    „Und gehst du lange fort?“
    Er sah ihr ein Weilchen bedeutsam in die Augen und antwortete dann:
    „Auf lange, vielleicht auf sehr lange Zeit.“
    „Wie garstig. Ich werde auf Bismarck ernstlich bös werden, wenn er fortfährt, dich uns in dieser Weise zu entziehen. Heute zurück von Rußland, und augenblicklich wieder fort. Das darf man sich nicht gefallen lassen.“
    „Man hat zu gehorchen, liebes Röschen, selbst wenn man gar nicht wiederkehren dürfte.“
    „Das ist ja aber doch bei dir nicht der Fall?“
    Er zuckte die Achsel.
    „Ich gehe gerade dahin, wo bereits so mancher verschwunden ist.“
    Die Röte wich aus ihren Wangen.
    „Wohin wäre das, Kurt?“
    „Rate einmal.“
    „Ein Land, in welchem mancher verschwunden ist?“
    „Ja.“
    „Das wäre wohl das weite Amerika?“
    „Allerdings. Aber welcher spezielle Teil desselben?“
    Jetzt blitzte es in ihren Augen auf.
    „Mein Gott, wenn ich recht riete“, sagte sie. „Meinst du Mexiko?“
    Er nickte ihr lächelnd zu.
    „Gerade das meine ich“, sagte er.
    Da schlug sie freudig erstaunt die kleinen Händchen zusammen.
    „Das ist wahr, das ist gewiß und wahrhaftig wahr?“
    „Ja. Ich hatte gestern Audienz bei dem Fürsten, um ihm zu referieren. Bei dieser Gelegenheit erhielt ich nebst neuen Instruktionen den Befehl, schleunigst nach Mexiko aufzubrechen. Ich setzte mich auf die Bahn, fuhr nach Mainz und nahm einen Mietwagen, um so rasch wie möglich hier anzukommen und euch diese Nachricht zu bringen.“
    „Das müssen sie erfahren, sogleich, sofort.“
    Sie öffnete die nächste Tür und rief hinaus:
    „Mama, liebe Mama, Kurt ist da und geht nach Mexiko.“
    Dann eilte sie auch durch die gegenüberliegende Tür, und Kurt hörte ihren frohlockenden Ruf: „Nach Mexiko, nach Mexiko.“
    Von allen Seiten kamen die Bewohner des Schlosses herbei, um ihn zu bewillkommnen und nach dem neuen Reiseziel zu fragen. Der Herzog und die Herzogin von Olsunna, Otto von Rodenstein nebst seiner Frau und Rosa Sternau, die schöne Mutter des Waldröschens, sie alle wollten wissen, ob es wahr sei, daß er so plötzlich nach Mexiko müsse. Er schickte sich an, ihnen ausführliche Auskunft zu geben, wurde aber darin unterbrochen, denn es sprengte ein Reiter in den Hof, dessen sonderbare Erscheinung die Augen aller Anwesenden auf sich zog. Es war ‚Geierschnabel‘.
    Dieser sprang vom Pferd, ließ es stehen und stieg, seinen Sack auf dem Rücken, die Freitreppe empor. Dort trat ihm Alimpo entgegen.
    „Wer sind Sie?“ fragte er ihn.
    „Wer sind denn Sie?“ fragte der Amerikaner.
    „Ich bin Alimpo, der Kastellan dieses Schlosses.“
    „Ah, das genügt. Sind die Bewohner desselben zu sprechen?“
    „Sagen Sie zunächst, wer Sie sind.“
    „Das ist unnütz. Sie kennen mich doch

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