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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wahr.“
    „Ich halte es übrigens gar nicht für notwendig, hier ein Protokoll abzufassen. Arretieren Sie den Kerl einfach, lassen Sie ihn vernehmen, und dann mögen die Akten nach Berlin geschickt werden, um meine Aussagen aufzunehmen. Meine Adresse haben Sie ja auf dieser Karte.“
    „Ich stehe zu Diensten, gnädiger Herr.“
    Mit diesen Worten trat der Beamte an die Tür des Coupés.
    „Steigen Sie aus“, gebot er ‚Geierschnabel‘.
    „Ich? Warum?“ fragte dieser.
    „Sie sind Arrestant!“
    „Alle Wetter. Ich muß nach Berlin, ganz ebenso wie dieser Graf.“
    „Geht mich nichts an.“
    „Ich habe ebenso bezahlt wie er.“
    „Ist gleichgültig.“
    „Er selbst ist schuld an dem ganzen Vorgang.“
    „Das wird sich finden. Steigen Sie aus!“
    „Fällt mir nicht ein.“
    „So werde ich Sie zu zwingen wissen.“
    „Machen Sie keine Umstände mit ihm“, meinte Ravenow. „Ich war dabei, als er bereits in Mainz arretiert wurde. Er ist ein Vagabund, der aus potenzierter Frechheit erster Klasse fährt.“
    „So, so! Also bereits einmal arretiert. Steigen Sie aus.“
    „Wenn ich zum Aussteigen gezwungen werde, verlange ich ganz dasselbe auch für den Grafen“, erklärte ‚Geierschnabel‘.
    „Halten Sie den Mund. Sie haben sich an ihm vergriffen.“
    „Er hat bereits gestanden, daß er mich vorher beleidigt hat.“
    „Sie gehören nicht in die erste Klasse.“
    „Das zu beweisen, dürfte Ihnen große Mühe machen. Ich erkläre, daß ich ganz dieselben Rechte beanspruche, da ich ganz dasselbe Geld bezahlt habe.“
    „Ihr Recht wird Ihnen werden. Aussteigen.“
    „Ich bin bereit, mich zu legitimieren.“
    „Dazu ist nachher Zeit.“
    „Donnerwetter, ich will es aber jetzt.“
    „Zügeln Sie Ihr Mundwerk. Wollen Sie endlich aussteigen, oder soll ich meine Hilfsarbeiter herbeirufen.“
    „Gut. Sie lassen mich nicht weiterfahren?“
    „Nein.“
    „Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie den Schaden zu tragen haben werden.“
    „Wollen Sie mir noch drohen?“
    „Ich komme schon alter Freund.“
    Bei diesen Worten stieg ‚Geierschnabel‘ aus, warf Leinwandsack und Gewehr über, ergriff seine Posaune und wartete, was nun mit ihm geschehen werde. Die Blicke der sämtlichen anwesenden Menschen waren auf ihn gerichtet, er jedoch achtete gar nicht darauf.
    Der Graf stieg mit triumphierender Miene ein und verabschiedete sich mit einem gnädigen Kopfnicken von den Beamten. Der Stationsvorstand gab das Zeichen, daß der Zug abgehen könne, ein drittmaliges Läuten der Glocke, ein kurzer Pfiff des Zugführers, und die Räder setzten sich in Bewegung.
    „Kommen Sie“, gebot der Stationsvorstand seinem Gefangenen.
    „Wohin?“ fragte dieser.
    „Zum Verhör!“
    „Hm! Da bin ich neugierig.“
    Sie begaben sich nach der Expedition des Vorstehers, welcher nach Polizei schickte. Die betreffende Station war ein kleiner Ort, an welchem zwar ein Gendarm stationiert war, der aber wegen seiner anderweitigen Pflichten nicht bei jedem Zug auf dem Bahnhof zu erscheinen hatte. Darum dauerte es einige Stunden, ehe er herbeigeschafft werden konnte.
    ‚Geierschnabel‘ hatte sich bis dahin ganz ruhig verhalten, zumal auch der Vorstand sich nicht die Mühe gegeben hatte, ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen. Jetzt aber teilte der letztere dem Gendarmen das Geschehene mit.
    Der Gendarm betrachtete sich den Gefangenen mit hochmütigen Blicken und fragte ihn dann:
    „Sie haben den Grafen von Ravenow geohrfeigt?“
    „Ja“, antwortete ‚Geierschnabel‘.
    „Dreimal?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Weil er mich dreimal beleidigte.“
    „Er hat Sie darauf aufmerksam gemacht, daß Sie nicht in ein Coupé erster Klasse gehören.“
    „Donnerwetter! Mit eben demselben Recht könnte ich sagen, daß die gegenwärtige Angelegenheit Ihnen nichts angeht!“
    „Das würde ich mir verbitten!“
    „Ebenso habe ich mir die Bemerkungen des Grafen verbeten. Er hat mich Lump, Hund und Kanaille genannt, nachdem ich ihm nicht das geringste zuleide getan hatte. Wer ist da der Schuldige?“
    „Sie hatten nicht zu schlagen.“
    „Er hatte nicht zu schimpfen. Übrigens gestehe ich Ihnen aufrichtig, daß ich auch Sie beohrfeigen würde, wenn Sie sich erlauben würden, in gleicher Weise unhöflich gegen mich zu sein.“
    „Was! Sie drohen mir?“
    „Unsinn! Ich verteidige nur meine Ansicht, daß auf ein solches Schimpfwort eine Ohrfeige gehört.“
    „Sie hätten ihn anzeigen können.“
    „Habe keine Zeit dazu. Ebenso konnte

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