47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
gestorben seist. Gehst du mit darauf ein, so werde ich schweigen. Fährst du aber fort, Schloß Rodriganda zu besuchen, als ob du herein gehörtest, so übergebe ich dich der Gerechtigkeit.“
„Du?“ fragte sie, indem sie leise in sich hinein kicherte. „Sage nur ein Wort von mir, so geht dein Kopf verloren!“
„Oho!“ meinte er. „Denkst du der Nacht, als Graf Emanuel verschwand? Er lag krank. Da kamen Zigeuner durch die hintere Tür. Sie würgten ihn, trugen ihn fort, und am anderen Morgen fand man ihn in der Tiefe des Abgrundes. Kennst du die Zigeuner, welche dies taten? Kennst du die Anführerin, die ihnen befohlen hatte, dies zu tun?“
„Ich kenne sie“, sagte Zarba ruhig. „Aber kennst du auch den, der dies von ihr bestellte und sie dafür bezahlte? Kennst du die fromme Schwester, mit welcher er diesen Streich beraten hatte?“
„Pah!“ meinte Cortejo. „Wer kann mir etwas beweisen!“
„Und wer mir?“ fragte sie.
„Ich“, antwortete er. „Ich beschwöre es. Du aber hättest gegen mich keinen Schwur; du bist Zigeunerin.“
„Ich würde deines Schwures lachen.“
„Prahlerin! Mörderin! Das Blut Don Emanuels klebt an deinen Händen!“
Sie lächelte wieder so heimlich in sich hinein und sagte:
„Um zu beweisen, wer sein Mörder ist, müßte man erst nachweisen, wer ihn erblinden lassen wollte und ihm dann und seiner Tochter Gift eingab, um ihn wahnsinnig zu machen. Aber das ist nicht nötig. Ich lache Eurer doch. Erinnerst du dich noch jenes deutschen Doktor Sternau, welcher den Grafen operierte?“
„Er war ein Scharlatan, der längst untergegangen ist.“
„Er war weder ein Scharlatan, noch ist er untergegangen. Daß er kein Scharlatan sei, bewies er, als die Leiche des Grafen aufgehoben wurde.“
„Wieso?“
„Er behauptete, es sei gar nicht die Leiche des Grafen.“
„Sie war es aber doch.“
„Nein, sie war es nicht. Sternau war ein gescheiter Arzt, und ich war keine Mörderin. Ich sollte den Grafen töten, aber ich holte ihn nur von Euch fort, um sein Leben sicher zu stellen, und ließ ihn nach einem Ort schaffen, an welchem er nicht zu finden war.“
Die beiden Zuhörer waren totenbleich geworden. Cortejo war vor Schreck emporgefahren, Clarissa aber niedergesunken.
„Lüge, Lüge!“ rief der erstere. „Man fand ja die Leiche!“
„Das war der Körper eines am Tage vorher begrabenen Mannes. Ich ließ ihn ausgraben, zog ihm die Kleidung des Grafen an und stürzte ihn dann zum Felsen hinab; er wurde so zerschmettert, daß eine Täuschung sehr wahrscheinlich war.“
„Weib, Teufel, du lügst!“ rief Cortejo.
„Glaube das immerhin. Aber Graf Emanuel lebt noch.“
„Wo hättest du ihn?“
„Da, wo du nicht hinkommen kannst. Ferner nanntest du jenen Sternau untergegangen. Auch darin irrst du. Sternau lebt.“
Er blickte sie überlegen an und antwortete:
„Er ist tot. Das weiß ich sehr genau.“
„Meinst du?“ fragte sie, abermals in sich hineinlachend. „So ist wohl auch Graf Ferdinande tot?“
„Ja.“
„Und Mariano, der echte Rodriganda?“
„Den kenne ich nicht. Sie alle sind tot, während eines Schiffbruches untergegangen.“
Sie trat einen Schritt näher und meinte:
„Gasparino Cortejo, du irrst abermals. Henrico Landola hat Euch ebenso schlecht bedient wie ich.“
„Was sagst du? Ich verstehe dich nicht!“
„Du sollst mich sogleich verstehen. Landola traute dir niemals. Er wollte eine Waffe gegen dich behalten, darum tötete er diejenigen nicht, die er töten sollte, sondern er setzte sie auf eine wüste Insel aus. Sechzehn Jahre waren sie dort, bis es ihnen kürzlich gelang, zu entkommen.“
Cortejo wußte nicht, was er denken solle. Selbst wenn Zarba jetzt log, mußte sie sich doch im Besitz von Geheimnissen befinden, die er bisher für sein ausschließliches Eigentum gehalten hatte. Und was sie erzählte, das war diesem Landola zuzutrauen. Wie nun, wenn sie die Wahrheit sagte?
Es wurde ihm ganz schwindelig, und auch Clarissa ließ ein leises Stöhnen hören, welches sie nicht zu unterdrücken vermochte. Sie schien also ganz seine eigenen Gedanken und Gefühle zu haben. Er raffte sich zusammen und sagte in höhnischem Ton:
„Du erfindest sehr gut, Alte. Werde Kinderwärterin! Es wird dir da nicht schwer werden, Ammenmärchen zu fabrizieren.“
Sie lachte überlegen auf und antwortete:
„Das sagt nur deine Angst, ich höre und sehe es dir an. Ich will dir aber noch mehr sagen. Ihr hieltet Don Emanuel für tot, nun
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