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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Cortejo?“
    „Ja.“
    „Schwester Clarissa?“
    „Ja.“
    „Wo befinden sich diese beiden?“
    „Im Zimmer Cortejos.“
    Sie wußte hier sehr gut Bescheid im Schloß. Sie stieg die beiden Treppen empor, horchte an der betreffenden Tür, und als sie hinter derselben eine männliche und eine weibliche Stimme vernahm, klopfte sie an. Drin erscholl der Ruf, und sie trat ein.
    Cortejo saß mit Schwester Clarissa auf dem Sofa. Sie hatten auf dem Tisch vor sich ein höchst splendides Abendmahl stehen. Beider Züge verfinsterten sich, als sie bemerkten, daß Zarba die Eintretende sei.
    „Was willst du?“ fragte Cortejo barsch.
    „Mich an deinem Feuer wärmen“, antwortete sie.
    Sie zog die Achseln zusammen, wie jemand, welchen sehr friert, und huschelte sich an den prächtigen Marmorkamin.
    „Dich wärmen? Geh in den Wald zu den Deinen. Brenne dir dort ein Feuer an.“
    „Im Schloß bei den Meinen ist es besser, als im Wald.“
    Er blickte sie erstaunt an. Was hatte sie nur? Diese Zigeunerin besaß eine Macht, welcher er nicht gewachsen war. Sie wußte einiges aus seinem Leben. Daß sie noch mehr, daß sie alles wußte, ahnte er gar nicht. Wie oft hatte er ihren Tod gewünscht. Er hätte sich kein Gewissen daraus gemacht, sie zu töten, aber ein geheimnisvolles Etwas hatte ihn immer von der Ausführung dieses Gedanken abgehalten.
    „Wen hättest du im Schloß, die du ‚die Deinen‘ nennen könntest?“ fragte Schwester Clarissa in stolzem, höhnischem Ton.
    „Dich nicht“, antwortete die Gefragte.
    Da brauste die Schwester auf.
    „Weib!“ rief sie. „Wagst du, mich du zu heißen! Mißbrauche unsere Geduld nicht auf solche Weise!“
    „Was bist du anderes als ich?“ fragte die Zigeunerin.
    Clarissa antwortete ihr nicht, aber sie wendete sich an Cortejo:
    „Schaffe diese Vagabundin fort! Auf der Stelle!“
    Cortejo mußte ihr gehorchen; er gebot der Zigeunerin:
    „Geh hinab und wärme dich beim Gesinde. Bei uns ist kein Raum für dich!“
    Da war es, als ob der Körper Zarbas höher und breiter werde. Sie richtete sich empor, lehnte sich an den Kamin, verschlang die Arme über der Brust und sagte mit Nachdruck:
    „Zarba wird sich da wärmen, wo es ihr beliebt. Dieses Weib war deine Geliebte und hat dir einen Sohn geboren, welcher noch lebt. Auch ich war deine Geliebte und gab dir einen Sohn, welcher lebt. Wer ist mehr, sie oder ich? Freilich ist mein Sohn ein armer Gitano, während der ihrige jetzt Graf von Rodriganda ist.“
    Die Beiden erschraken so, daß ihnen das Blut in den Adern stockte. Erst nach einer längeren Pause sagte Cortejo:
    „Zarba, um Gottes willen, was fällt dir ein! Du phantasierst!“
    Sie zuckte die Achsel und antwortete:
    „Wohl wäre es kein Wunder, wenn mir die Sinne verloren gegangen wären, aber Gott hat sie mir erhalten, damit es eine Anklägerin gebe, wenn die Zeit des Gerichtes über euch gekommen ist.“
    Schwester Clarissa fuhr sich mit dem Riechfläschchen an die Nase.
    „Dieses Weib ist wirklich wahnsinnig, oder es träumt ihr nur!“ rief sie aus.
    „Frevle nicht!“ gebot Zarba. „Es wird für euch die Stunde kommen, in welcher der Wahnsinn für euch eine Wohltat wäre. Ihr werdet heulen und mit den Zähnen klappern, daß die Teufel gezwungen sein werden, Mitleid mit euch zu haben!“
    Cortejo wußte nicht, was er denken und sagen sollte. Zarba, seine einstige Geliebte, seine Mitschuldige in so vielen Fällen, trat jetzt in dieser Weise gegen ihn auf? Was hatte das zu bedeuten? Er starrte sie lange an und fragte dann:
    „Was willst du denn eigentlich von uns?“
    „Nur mich wärmen“, antwortete sie. „Wenn aber dieses Weib mich hinausweist, weil sie denkt, mehr zu sein als ich, so zeige ich ihr, daß ich gleiche Rechte mit ihr habe. Ich verlange von dir für meinen Sohn eine Grafschaft, ebenso wie der ihrige eine erhalten hat.“
    „Was redest du von meinen Söhnen?“
    „Schweig!“ sagte sie gebieterisch. „Ich war deine Dirne, und diese da war deine Dirne. Wir beleidigen uns nicht, wenn wir gegenseitig die Wahrheit gestehen. Zarba ist mächtiger als du. Sie kann erretten und verderben.“
    „Du irrst“, antwortete er. „Es kostet mich ein Wort, so bist du verloren!“
    Er hatte sich zusammengerafft. Er wollte nun diese Vagabundin loswerden. Vor Clarissa hatte er kein Geheimnis, er konnte mit der Zigeunerin ganz ohne Furcht abrechnen.
    „Sprich dieses Wort!“ gebot sie ihm.
    „Ich will dich nicht sehen, nicht hören; es soll sein, als ob du

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