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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sobald ich ankam, war er schon wieder fort. Endlich hörte die Spur auf, das Schiff war untergegangen und der Kapitän jedenfalls mit.“
    Seine Stimme hatte auf einmal einen ganz anderen Klang angenommen. Die Worte wurden mehr zwischen den Zähnen herausgezischt als gesprochen.
    „So haben Sie ihn gehaßt?“
    „Ja. Ich habe ihn so gehaßt, wie nur ein Mensch den anderen hassen kann.“
    „Und doch war er Ihr Verwandter?“
    „O, er war sogar mein – Bruder, das heißt, mein Stiefbruder.“
    Die Aufmerksamkeit Cortejos steigerte sich.
    „So müssen Sie Schreckliches mit ihm erlebt haben“, sagte er.
    Der Jäger schwieg eine Weile; dann antwortete er:
    „Er war ein Teufel. Von dem Tag an, an welchem seine Mutter das Weib meines Vaters wurde, habe ich keinen glücklichen Augenblick mehr gehabt.“
    „Seine Mutter war Witfrau?“
    „Ja, und mein Vater Witwer. Sie müssen nämlich wissen, daß mein Vater Pflanzer war; meine Mutter war bereits bei meiner Geburt gestorben. Ich war zwanzig Jahre alt und hatte eine Braut, schön wie eine Huri und gut wie ein Engel. Da fiel es meinem Vater ein, wieder zu heiraten. Er hatte in New Orleans die Witwe eines Spaniers kennengelernt und brachte sie mir als zweite Mutter mit nach Hause.“
    „Solche Sachen sind unangenehm!“
    „O, es ging mich ja weiter nichts an. Mein Vater war sein eigener Herr und konnte tun, was ihm beliebt. Aber diese Spanierin hatte einen neunzehnjährigen Sohn, den sie mitbrachte. Was soll ich Ihnen das alles erzählen! Ich will Ihnen nur sagen, daß er meine Braut verführte und meinen Vater erschoß, den Verdacht aber auf mich zu bringen wußte. Ich wurde verurteilt, entkam aber mit Hilfe einiger Freunde. Was er beabsichtigt hatte, das hatte er erreicht: er war der Besitzer der Pflanzung, welche eigentlich mir gehörte. Aber das hielt nicht lange vor. Er verjubelte und verpraßte das Vermögen, und als der letzte Heller vergeudet war, sah er sich gezwungen, seinen früheren Beruf wieder aufzunehmen. Er war nämlich Seemann.“
    „Sie versuchten nicht, sich zu rächen?“
    „Konnte ich? Durfte ich es wagen, mich in die Heimat zu schleichen? Es mußten Jahre vergehen, ehe mir der Bart gewachsen war und mein Aussehen sich so verändert hatte, daß ich hoffen durfte, nicht erkannt zu werden. Und als ich dann kam, war es zu spät, denn er befand sich bereits zur See. Ich war arm und mittellos, ich konnte es nicht machen wie ein Millionär, welcher sich hätte eine Jacht bauen lassen, um ihm nachzujagen. Aber ich ging in die Goldminen und war glücklich. In vier Jahren war ich wohlhabend, und nun begann ich meine Jagd, um den Mörder meines Vaters, den Verführer meiner Braut, den Zerstörer meines Glückes zu züchtigen.“
    „Es gelang Ihnen nicht?“
    „Nein. Ich war ihm immer auf den Fersen, aber ich erwischte ihn nicht. Mein Geld wurde alle, und ich war wieder arm, ohne mich gerächt zu haben; aber der, welchem meine Rache galt, war auch seit jener Zeit verschwunden.“
    „Warum nannte er sich denn Grandeprise?“
    „Weil dies mein Name war. Alle Welt sollte denken, ich, der Entflohene, der verfluchte Vatermörder, sei der schwarze Kapitän.“
    „Teufel! Dieser Grandeprise ist selbst in seinem Verbrechen geistreich!“
    „Sie nennen es geistreich! Ich nenne es teuflisch!“
    „Wie war denn eigentlich sein Name?“
    „Landola, Henrico Landola.“
    „Alle Wetter! Ist Ihnen denn nicht einmal der Gedanke gekommen, daß er unter diesem seinem wirklichen Namen noch leben könne?“
    „Nein.“
    „Nehmen Sie es mir nicht übel, Señor. Dann sind Sie nicht der Mann dazu, den schwarzen Kapitän zu fangen!“
    „Glauben Sie etwa, daß er als Seeräuber seinen wahren Namen tragen wird?“
    „Nein. Aber ist es denn nicht möglich, daß er von diesem schlimmen Handwerk gelassen hat? Wenn er unter einer ehrlicheren Flagge fährt, kann er auch seinen Namen tragen. Ich will es übrigens ebenso kurz machen wie Sie und Ihnen sagen, daß Ihr Stiefbruder noch lebt.“
    „Heiliger Gott! Ist es wahr, Señor?“
    „Ja.“
    „Sie kennen ihn?“
    „O, ich habe sehr viele Geschäfte mit ihm gemacht und hoffe, ihn bald wiederzusehen.“
    „Unter dem Namen Henrico Landola?“
    „Ja.“
    Der Jäger befand sich in einer großen Aufregung. Seine Augen hingen an Cortejos Lippen um dessen Worte gleichsam abzulesen, ehe ihr Klang noch das Ohr erreichen konnte. Er ergriff die beiden Hände und sagte:
    „Sie hoffen wirklich diesen Menschen wieder zu

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