48 - Die Fehde von Antares
es ihm reichte. Er rief etwas von Hilfe holen wollen und stolperte auf den Korridoranfang zu.
Ich ließ den Shints keine Atempause, stürzte mich auf sie, ließ die Klinge so schnell durch die Luft sausen, daß man sie nicht länger mit dem Auge verfolgen konnte – in Wirklichkeit war es eine elegante Anordnung sauber ausgeführter Hiebe und Stöße –, und brachte ihnen ein paar üble Verletzungen bei. Der Blutgestank muß sie aus der Fassung gebracht haben. Sie schrien auf – und ergriffen die Flucht.
Die beiden Mädchen umklammerten einander so fest, daß ihre Knöchel weiß hervortraten. W'Watchuns verzweifelter Hilferuf hatte mir klargemacht, daß es keine Zeit zu verlieren galt. Ich wollte die Damen aber auch nicht hier lassen. Ich starrte sie finster an und sah die tränennassen Gesichter.
»Wenn ihr aus diesem verfluchten Höllenloch heraus wollt, müßt ihr mit mir Schritt halten.«
»Notor ...«, schaffte es die eine zwischen bleichen Lippen hervorzustoßen.
Sie waren keine Sklavinnen. Das verrieten die Geschmeidigkeit ihrer Körper und die gepflegten Hände sofort. Die Fetzen, die von ihren Taillen herunterhingen, bestanden aus verschiedenfarbiger Seide und aus Satin. Die Mädchen versuchten, die Kleider hochzuziehen und sich zu bedecken, aber als die groben Kerle sie ihnen vom Leib gerissen hatten, waren die Träger zerstört worden, so daß den Oberteilen der Halt fehlte und sie wieder nach unten glitten. Die Mädchen taten mir leid, bei Opaz! Aber San W'Watchun – was in einer Herrelldrinischen Hölle war nur bei ihm los?
Der Unterpriester und sein Sklave kauerten sich zusammen, als ich an ihnen vorbeieilte. Ich gab der Truhe einen Tritt. Das verdammte Ding hatte mir beinahe zu einem Schwertstoß in die Eingeweide verholfen.
Draußen an der Luft – auch wenn es Stadtluft war – vertrieben ein paar Atemzüge den Blutgestank aus meiner Nase. Ich wandte mich wieder den beiden Frauen zu, bei denen es sich offensichtlich um Damen der Gesellschaft handelte.
»Ihr könnt mich begleiten. Oder ihr könnt zu euren Freunden gehen.«
Beide trugen nur Sandalen an den Füßen, zerbrechliche Dinger aus schmalen Lederbändchen und funkelnden Edelsteinen.
»Wir können nicht ...«, sagte die eine. »Wir wagen nicht ...«, sagte die andere. Mittlerweile konnten sie besser sprechen, aber ihr Schluchzen machte die Worte unverständlich. Sie schnatterten irgend etwas über ihr Schicksal, und daß sie verloren seien. Dazwischen teilten sie mir mit, daß sie mir folgen würden; keine von ihnen äußerte ein Wort des Dankes.
Die Erscheinung des Illusionszauberers war offensichtlich nur für meine Augen bestimmt gewesen; weder die Damen noch die Krieger hatten sie gesehen. W'Watchun schuldete mir noch immer eine ganze Menge dafür, was er mir angetan hatte, dennoch machte ich mir große Sorgen um seine Sicherheit. Falls es tatsächlich allein seine Person war, die zwischen den schrecklichen Tchekedos und ihrem Verlangen stand, den Rest Balintols in Schutt und Asche zu legen, dann gehörte ich ohne jeden Zweifel an seine Seite.
Andererseits, trug ich nicht auch – vom rein menschlichen Standpunkt aus gesehen – eine Verantwortung für diese beiden armen Geschöpfe? Wenn zwei Instinkte aufeinanderprallen, meine Freunde, dann hat man nichts zu lachen!
W'Watchuns Haus lag gar nicht so weit von der Stadtmitte entfernt. Ich sagte kurz angebunden: »Ich gehe in die Schwanenstraße. Wenn ihr nachher dorthin kommt, werde ich euch helfen.«
Dann eilte ich los, ohne ein Remberee, denn das hätte meiner Meinung nach für die Damen wohl zu endgültig geklungen.
Die Schwanenstraße hatte ihren Namen von dem alten Springbrunnen, der mit Steinschwänen verziert war. Ich hatte sie nach kurzer Zeit erreicht. Der Springbrunnen stellte offensichtlich ein Relikt der Menschen dar, die vor dem Kommen der Tchekedos hier gelebt hatten. Das Wasser tröpfelte nur noch, ein deutlicher Hinweis, daß sich niemand mehr um die Instandhaltung des Brunnens kümmerte. Es war sofort ersichtlich, was den tobenden Lärm verursachte.
Vor W'Watchuns Stadtresidenz hatte sich eine Horde von Kriegern zusammengerottet. Was sie da eigentlich taten, wurde nicht sofort ersichtlich; man drohte mit Fäusten und blankgezogenen Klingen. Die Treppe war eingeholt worden, vermutlich warteten die Krieger auf Leitern. Das alles sah ich mit einem Blick.
Meine eigentliche Aufmerksamkeit richtete sich jedoch auf den Mann, der hilflos die Schwanenstraße
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