48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
kaufen.“
Dabei legte er den Sack vor Pirnero hin.
„Warum nicht kaufen?“ fragte dieser.
„Weil Ihr es nicht bezahlen könnt.“
Da lachte der Alte auf.
„Ich, und dieses Blei nicht bezahlen!“ sagte er. „Ich sage Euch, daß ich es Euch augenblicklich bezahlen könnte, selbst wenn Ihr zehn solche Säcke brächtet! Soviel Geld hat der alte Pirnero immer!“
„Wollen sehen! Macht einmal auf!“
Er zog sein Messer und reichte es Pirnero hin. Dieser fragte:
„Darf ich das Siegel wegmachen?“
„Ja.“
„Und das Leder aufschneiden?“
„Natürlich. Ihr müßt ja das Blei sehen.“
Dabei stellte er den Sack aufrecht vor Pirnero hin. Dieser kratzte das Siegel mit dem Messer weg, machte einen Querschnitt und zog das Leder weg. Es gab nun eine zweite und dritte Lage ungegerbten Leders, welche Pirnero beseitigte. Dann bückte er sich nieder, um das Metall zu besichtigen, fuhr aber sofort wieder zurück.
„Heiliges Pech! Ist's möglich?“ rief er aus. Seine Augen waren weit geöffnet und starrten mit einem Ausdruck unbeschreiblichen Erstaunens auf Gerard.
„Was denn?“ fragte dieser.
Pirnero bückte sich abermals nieder, um den Inhalt des Sackes genauer zu besichtigen.
„Das nennt Ihr Blei?“ rief er.
„Haltet Ihr es denn für etwas anderes?“
Da fuhr der Alte mit beiden Händen in den Sack, wühlte darin herum und antwortete:
„Blei, sagt Ihr? Das ist ja Gold, reines, gediegenes Gold! Nuggets von der Größe einer Haselnuß!“
„Alle Teufel!“ lachte Gerard.
„Was habe ich da gemacht! Da habe ich mich wahrhaftig vergriffen und meine Nuggets eingepackt anstatt des Bleies!“
Pirnero war ganz starr. Er hielt die beiden mit Nuggets gefüllten Hände grad vor sich hin und starrte wie abwesend auf das Gold. Resedilla hatte in der Küche kein Wort des Gespräches sich entgehen lassen. Sie war jetzt hereingekommen und stand ebenso erstaunt da wie ihr Vater.
„Euch vergriffen!“ rief dieser endlich. „Um Gottes willen! Wie schwer ist denn dieser Sack?“
„Sechzig Pfund“, antwortete der Jäger.
„Und jedes Maultier schleppte zwei solche Säcke?“
„Ja.“
„Und wem gehört das alles?“
„Mir.“
„Euch? Euch allein? Mensch, so seid Ihr ja steinreich!“
„Möglich.“
„Reicher, zehnmal reicher, als ich es bin!“
„Sehr wahrscheinlich.“
„Aber sagt, woher habt Ihr denn dieses Gold?“
„Aus den Bergen. Übrigens liegt noch mehr da oben.“
„Noch mehr? Und Ihr wißt, wo es zu finden ist?“
„Ja.“
„Mensch! Kerl! Gerard! Señor! Und das sagt Ihr mit einer solchen Seelenruhe, als ob es sich um einen Pappenstiel handele!“
„Pah! Das Gold macht nicht glücklich. Ich habe mir ein wenig geholt, weil ich es brauche, um mich zu verheiraten, wie ich Euch bereits sagte.“
„Leider, leider. Aber Señor, nehmt es mir nicht übel. Ihr spielt da den schlimmsten Streich Eures Lebens!“
„Inwiefern?“
Ohne zu beachten, daß die Dame zugegen war, ließ Pirnero in seinem Paroxysmus sich fortreißen, zu antworten:
„Ihr hättet noch eine ganz andere Frau gekriegt!“
„So? Meint Ihr? Was denn für eine?“
„Nun, eine, die Euch wenigstens einen tüchtigen Schwiegervater mitbringen würde.“
„Das ist allerdings etwas wert“, lachte Gerard. „Zuerst war es freilich meine Absicht, mir ein Mädchen zu suchen, welche mir einen Schwiegervater mitbringen werde, aber –“
„Was, aber? Habt Ihr etwa keine solche gefunden?“
„O ja doch! Aber ich kam zu spät.“
„Wieso zu spät?“
„Ihr Vater hatte sie einem anderen versprochen.“
„Kannte er Euch denn nicht?“
„O, sehr gut.“
„Dann ist er ein ganz ungeheurer Dummkopf gewesen.“
„Wohl nicht.“
„O doch! Wer Euch kennt, der weiß, was Ihr wert seid.“
„So viel war ich doch nicht wert, wie der andere, der das Mädchen bekommen soll.“
„Ah, wirklich? War der andere denn gar ein so großes Tier?“
„Ein sehr großes“, antwortete Gerard ernsthaft.
„Nun, was war er denn da?“
„Er ist wirklicher geheimer Oberlandessporteleinzahlungskassenrevidierungsfeldwebel.“
Pirnero wich zurück, blickte den Jäger eine Weile an und fragte dann: „Wie meint Ihr das? Was wollt Ihr damit sagen?“
„Was der andere ist, wollte ich sagen.“
„Donnerwetter! Das sind ja meine eigenen Worte!“
„Freilich.“
„Ihr meint den Pirn'schen da drüben?“
„Ja.“
Da fixierte der Alte die Anwesenden alle, einen nach dem anderen und rief dann:
„Señor Gerard,
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