48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
oder Jäger, dem es lieb gewesen wäre, sich bei mir satt zu essen.“
„Vielleicht habt Ihr recht. Ich gratuliere.“
„Danke“, meinte der Alte unter einem höchst gnädigen und herablassenden Kopfnicken.
„Aber“, fuhr Gerard fort, „wenn Ihr hier fort wollt, was fangt Ihr da mir Eurem Eigentum an?“
„Ich verkaufe.“
„Hm! Das wird schwer werden.“
„Unsinn! So ein Geschäft wir das meinige, findet seinen Mann. Und die paar Meiereien welche mir gehören, werde ich auch bald los.“
„So habt Ihr wohl schon einen Käufer?“
„Ja.“
Das war eine Unwahrheit, aber in seinem Grimm lag es dem Alten nur daran, Gerard recht zu ärgern. Dieser machte die unschuldigste Miene von der Welt und sagte:
„Das ist schade, sehr, sehr schade!“
„Wieso?“
„Weil ich gekommen bin, um Euch zu fragen, ob Ihr noch Lust habt, zu verkaufen.“
Da drehte Pirnero sich mit einem Ruck zu ihm herum und fragte:
„Ihr? Ihr selbst?“
„Ja.“
„Ihr wolltet mich fragen, ob ich Lust habe, zu verkaufen?“
„Ja, ich.“
„Wie kommt denn Ihr zu einer solchen Frage?“
„Weil ich einen Käufer weiß, dem Euer Geschäft und Eure Meiereien sehr gut passen würden.“
Pirnero war nur in seinem Grimm auf den Gedanken gekommen, zu verkaufen und fortzuziehen. Nun er aber von dem Jäger diese Worte hörte, war es ihm zumute, als ob er diesen Entschluß bereits längst und unwiderruflich gefaßt habe.
„So?“ fragte er. „Wer ist es denn?“
„Das zu erfahren, kann Euch doch nichts mehr nutzen.“
„So? Warum denn?“
„Weil Ihr bereits einen Käufer habt.“
„Das ist noch lange kein Grund, mir die Auskunft zu verweigern. Hat man zwei Käufer anstatt nur einen, so kann man sich den auswählen, der am meisten bietet. Also, wer ist es?“
„Ich selbst.“
„Ihr selbst?“ fragte Pirnero, indem er vor Erstaunen den Mund weit öffnete.
„Ja, ich“, antwortete Gerard sehr ruhig.
„Sackerment! Macht keine dummen Witze mit mir!“
„Pah! Ich rede sehr im Ernst.“
„So seid Ihr unsinnig!“
„Wieso?“
„Wie sollt Ihr der Käufer sein? Ihr könntet mir das Zeug doch gar nicht bezahlen!“
„Wißt Ihr das so genau?“
„Sehr genau. Der Kolben Eurer Büchse ist zwar von Gold, auch ist es möglich, daß ihr wißt, wo noch einige Nuggets liegen, und Ihr habt ja wohl einige Säcke Blei bei Euch. Aber das alles ist doch noch nichts gegen die Summe, welche ich verlangen würde.“
„Hm. Vielleicht könnte ich sie doch bezahlen!“
„Versucht es einmal!“ höhnte der Alte.
„Wieviel verlangt Ihr?“
„Hundertsechzigtausend Dollar. Zahlt Ihr die, so bekommt Ihr alles, wie es steht und liegt.“
„Auch das Inventar?“
„Ja.“
„Und die Vorräte im Magazin?“
„Ja.“
Gerard wiegte nachdenklich den Kopf hin und her.
„Hm“, sagte er. „Das wäre allerdings nicht übel. Aber leider habe ich allerdings diese Summe nicht.“
„Dachte es mir schon! Wieviel bringt Ihr denn zusammen?“
„Zwölftausend Dollar.“
„Das ist nichts, das zählt gar nichts! So viel haben nur arme Leute. Da ist mein wirklicher Geheimer ein anderer Kerl. Aber sagt mir doch einmal, was Ihr mit meinem Zeug anfangen wolltet, vorausgesetzt nämlich, daß Ihr es bezahlen könntet!“
„Ich würde es verschenken.“
„Verschenken?“ fragte Pirnero. „Seid Ihr verrückt?“
„Vielleicht.“
„Nicht vielleicht, sondern wirklich! Wer ein solches Vermögen verschenkt, der ist in Wirklichkeit verrückt. An wen würdet Ihr es denn verschenken?“
„An den Señor da drüben.“
„An den? Wer ist er denn?“
„Mein Schwager.“
„Euer Schwager? Ah, ich verstehe! Der Bruder Eurer Braut. Na, es ist schon dafür gesorgt, daß der Ziege der Schwanz nicht zu lang wächst. Mit dem Verschenken wird es nichts. Mit dem Kaufen auch nicht, selbst wenn Ihr noch einige hundert Dollar für das Blei bekommt, welches ich euch abkaufen werde.“
„Leider, leider! Aber sagt, wie bezahlt Ihr das Blei?“
„Je nach der Güte.“
„Da möchte ich doch einmal erfahren, was Ihr für das meinige bietet.“
„Laßt es sehen!“
Ohne ein Wort zu sagen, entfernte sich Gerard und brachte einen der Ledersäcke herein, welche von den Dienern abgeladen worden waren. Dieser mußte sehr schwer sein, wie es schien.
„Warum hier?“ fragte Pirnero. „Das machen wir da drüben im Laden ab.“
„Hier oder drüben, das bleibt sich gleich“, antwortete der Jäger. „Ihr werdet das Blei doch nicht
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