48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Landola uns zum zweiten Mal entgehen sollten.“
„Wart Ihr einmal in dem Zimmer des Paters?“ fragte Gerard.
„Einige Male.“
„Was steht darin?“
„Ein Sofa, einige Stühle, ein Tisch, ein Schreibtisch und mehrere Bücherregale. An den Wänden hängen Bilder und viele alte Schlüssel.“
„Wozu diese Schlüssel?“
„Wer weiß es?“
„Hm. Klöster haben immer verborgene Räume und Gänge. Was für eine Form haben die Schlüssel?“
„Eine altertümliche.“
„So bin ich beinahe überzeugt, daß wir unter dem Kloster finden, was wir suchen.“
„Sie meinen, unsere Verschollenen?“ fragte Kurt rasch.
„Ja, wenn er sie nicht getötet hat. Aber Cortejo und Landola finden wir jedenfalls dort.“
„Mein Gott! Wenn das wahr wäre!“
„Ich möchte darauf schwören!“
„So dürfen wir keine Zeit versäumen. Warum dieser Pater sich in die Angelegenheiten der Rodriganda mischt, das wollen wir gar nicht fragen, wir werden es schon noch erfahren. Zunächst müssen wir um jeden Preis erfahren, ob die Gesuchten sich im Kloster befinden.“
„Aber wie?“ fragte Grandeprise. „Der Pater wird es uns nicht freiwillig sagen.“
„Er wird es uns sagen“, antwortete Kurt, indem seine Augen entschlossen aufblitzten, „ob freiwillig oder nicht, das ist Nebensache. Wer bewohnt das Kloster?“
Grandeprise konnte Auskunft geben. Er sagte:
„Es sind mehrere Ärzte da, deren Oberer eben der Pater ist. Ein Gebäude ist für körperliche Kranke und ein zweites für Geisteskranke eingerichtet. Ein drittes wurde von Pensionärinnen bewohnt, steht aber nun leer. Die übrigen Gebäude dienen als Wirtschaftsräume. Einige Diener bilden die ganze Bewohnerschaft, außer den Kranken natürlich.“
„So haben wir gar nichts zu befürchten. Wir werden sehen, ob der Pater daheim ist.“
„Auf jeden Fall ist er da“, meinte Gerard. „Er ist kurze Zeit vor mir hier angekommen.“
„Dennoch ist es notwendig, zunächst sich zu überzeugen. Einer von uns muß zu ihm gehen.“
„Das ist richtig“, meinte Gerard. „Ich aber kann es nicht tun.“
„Warum nicht?“
„Er ist auf der Hacienda gewesen, wenn auch heimlich, aber er kann mich dort gesehen haben.“
„Auch ich kann nicht hin“, meinte Grandeprise, „denn er kennt mich.“
„Und ich ebensowenig“, meinte Geierschnabel. „Meine Nase ist zu bekannt im Land.“
„So mag Peters gehen“, entschied Grandeprise.
„Warum Peters?“ fragte Kurt. „Eine so wichtige Sache mag ich ihm nicht anvertrauen. Mich kennt der Pater nicht. Ich gehe selbst.“
„Um Gottes willen“, rief Geierschnabel. „In eine solche Gefahr dürfen Sie sich nicht begeben.“
„Ein anderer aber doch? Halten Sie mich für feig?“
„Nein, aber ich will nicht, daß wir uns um Sie zu sorgen haben.“
„Um wen wir uns sorgen, das bleibt sich gleich. Ich verlasse mich lieber auf mich als auf Peters. Er hat uns als Bote des Kapitäns begleitet. Wichtigeres darf ich ihm nicht anvertrauen.“
Der ‚Schwarze Gerard‘ blickte den jungen Mann wohlgefällig an. Er gab ihm die Hand und sagte:
„Sie haben recht, Monsieur. Ich sehe es Ihnen an, daß Sie ebenso bedächtig und vorsichtig wie mutig sind. Und auf alle Fälle sind ja wir anderen da. Geschehen kann Ihnen nichts. Grandeprise, wie gelangt man in das Zimmer des Paters?“
„Durch das Tor über den Hof hinüber und zur Treppe hinauf, liegt die Tür gleich gegenüber. Sämtliche Zimmer des Klosters sind numeriert. Es hat die Nummer 25.“
„Wohin gehen die Fenster?“
„Zwei nach einem Seitenhof, eins aber am Giebel heraus, wo wir stehen können.“
„So sind wir sicher, daß Señor Helmers nichts passieren kann. Es gilt, den Pater zu überraschen. Man darf im Hof nicht nach ihm fragen.“
„Man tritt unangemeldet bei ihm ein. Das Übrige ergibt sich dann aus den Umständen. Unter dem Fenster stehen wir. Sollte Monsieur Helmers in Gefahr oder Verlegenheit kommen, so braucht er uns nur zu rufen.“
„Das ist auch meine Ansicht“, sagte Kurt. „Wollen wir aufbrechen?“
„Ja, vorwärts“, meinte der ‚Schwarze Gerard‘. „Zwar habe ich noch zwei Vaqueros mit, welche uns helfen könnten, aber ich bin der Ansicht, daß solche Leute uns eher hinderlich als förderlich sein könnten. Wir vier sind genug. Gehen wir.“
Sie verließen wohl bewaffnet die Venta und stiegen den Klosterweg empor. Als sie oben angekommen waren, hörten sie das Rollen eines Wagens, welcher um eine Mauerecke bog. Sie traten
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