48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
zur Seite, um nicht bemerkt zu werden, und ahnten nicht, daß in diesem Wagen derjenige saß, den sie suchten, Pater Hilario nämlich.
Dann zeigte Grandeprise ihnen das Fenster, welches zum Zimmer des Paters gehörte.
Das Tor war offen, und Kurt trat ein. Das betreffende Fenster war erleuchtet und die drei Jäger blickten unverwandt empor, um beim kleinsten Zeichen bereit zu sein. Da hörten sie nahende Schritte. Sie traten zurück und duckten sich nieder, um nicht gesehen zu werden. Eine Gestalt schritt an ihnen vorüber und huschte in das Tor.
Es war der kleine, dicke Verschwörer, welcher im Vorderhof den Neffen des Paters traf und mit demselben nach dem Zimmer des Paters ging, wie wir bereits wissen.
Vorher aber war Kurt über den Hof geschritten und die Treppe emporgestiegen, ohne von jemand bemerkt zu werden. Er sah die ihm gegenüberliegende Tür, auf welcher die Nummer 25 stand und trat ein, ohne anzuklopfen. Es brannte eine Lampe da, aber kein Mensch war zu sehen.
Eine zweite Tür führte nach dem Schlafzimmer des Paters. Kurt vermutete ihn in diesem Raum und öffnete die Tür. Auch hier befand sich niemand. Eben wollte er in das vordere Zimmer zurücktreten, als er draußen die Schritte zweier Personen hörte. Mehr aus plötzlicher Eingebung als aus Berechnung wich er in das Schlafzimmer zurück, und zog die Tür desselben an, aber nicht ganz zu. Er war der Meinung, daß der Pater mit irgend jemand komme. Vielleicht gestattete ihm das Glück, etwas zu belauschen, was ihm von Nutzen sein konnte.
Durch die Spalte, welche er gelassen hatte, sah er ein kleines, dickes Männchen eintreten und dahinter einen jüngeren Mann, welcher das Aussehen eines Bediensteten hatte. Nach der Beschreibung, welche er sich von der Person des Paters hatte geben lassen, konnte dieser nicht dabei sein.
Der Dicke setzte sich behäbig auf einen Stuhl und fragte:
„Also dein Oheim ist erst kürzlich fort?“
„Ja“, antwortete Manfredo.
„Weißt du nicht, was ihn so lange aufgehalten hat?“
„Nein.“
Der Kleine warf einen blitzschnellen, stechenden Blick auf den Neffen und fuhr fort:
„Du bist doch der einzige Verwandte des Paters, nicht wahr?“
„Ja, der einzige.“
„Hm! Da sollte man doch meinen, daß er Vertrauen zu dir habe.“
„Das hat er auch.“
„Warum sagt er dir da nicht, was ihn abgehalten hat, meinem Befehl schneller nachzukommen?“
„Weil ich ihn nicht gefragt habe.“
„So! Hm! Weißt du noch, wann ich zum letzten Mal hier war?“
„Ja.“
„Da waren auch zwei Männer aus der Hauptstadt hier?“
„Ja“, antwortete der Neffe, welcher ja eingeweiht war.
„Was wollten sie?“
„Sie suchten Euch, sie wollten Euch arretieren.“
„Also doch! Welch ein Glück, daß ich ihnen entgangen bin. Es waren zwei ganz dumme Kerls. Sind sie wieder hier gewesen?“
„Nein.“
„Das ist ihr Glück. Ich werde dafür sorgen, daß sie gut empfangen werden, falls sie wiederkommen. Und das ist es eben, weshalb ich mit dir reden will. Sind wir allein?“
„Ihr seht es ja.“
„Und niemand kann uns belauschen?“
„Kein Mensch.“
„Nun gut, so sage mir, ob du weißt, weshalb dein Oheim nach der Hauptstadt gereist ist.“
„Er hat es mir gesagt.“
„Alle Wetter! So scheint er also doch Vertrauen zu dir zu haben. Und da sehe ich, daß auch ich aufrichtig mit dir reden kann. Sage mir also, welchen Zweck der Pater in Mexiko verfolgt.“
„Er soll dahin wirken, daß der Kaiser nicht mit den Franzosen abzieht.“
„Und warum?“
„Damit Max von Juarez gerichtet und verurteilt werde.“
„Gut. Juarez steht dann als Mörder da und wird allen Kredit verlieren. Auf diese Weise werden wir den Kaiser und auch den Präsidenten los und bekommen die Macht in unsere Hände. Dein Oheim hat die Verhaltungsvorschriften. Er wird diesen Max nicht in Mexiko, sondern in Querétaro treffen. So weit scheint alles gelungen. Aber der Teufel könnte doch sein Spiel haben. Irgendein Zufall kann den Kaiser bestimmen, das Land schleunigst zu verlassen. Man kann ihm sagen, daß er keinen Rückhalt, keinen Beistand und keine Anhänger mehr habe. Da gilt es dann, ihn glauben zu machen, daß man noch in Massen zu ihm hält.“
„Das wird nicht leicht sein.“
„Leicht und schwer, wie man es nimmt. Ich habe die Veranstaltung getroffen, daß der Kaiser erfährt, seine Anhänger hätten sich im Rücken seines ärgsten Feindes, dieses Juarez erhoben, um die kaiserliche Fahne zum Sieg zu führen. Hört Max
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