48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Sternau auf, um sich ganz allein nach den unterirdischen Gängen zu begeben. Es blieb ihm Zeit genug, das Pulver zu streuen. Eine volle halbe Stunde später brach Kurt auf.
Er schlich sich durch das geöffnete Klostertor und schritt den Weg hinab. Unten angekommen, war es ihm, als ob er ein leises Waffengeklirr vernehme. Er blieb also stehen und horchte aufmerksam in das Dunkel hinein. Da rief es so nahe neben ihm, daß er fast erschrocken zusammenfuhr:
„Halt! Wer da?“
„Gut Freund“, antwortete er.
„Die Losung?“
„Miramare!“
„Gut! Du bist der Richtige. Komm!“
Er wurde beim Arm gepackt und eine ziemliche Strecke vom Weg seitwärts abgeführt. Dort sah er trotz der Dunkelheit zahlreiche Männer und Pferde stehen. Eine Gestalt trat ihnen entgegen und fragte:
„Ist er da?“
„Ja, hier“, antwortete der Mann, welcher Kurt geführt hatte, sich aber jetzt zurückzog.
„Wer bist du?“ fragte die Gestalt, vor welcher Kurt jetzt stand.
„Ich hoffe, daß Ihr es bereits wißt“, antwortete der Gefragte.
„Allerdings. Ich frage nur der Sicherheit wegen.“
„Mein Name ist Manfredo.“
„Verwandt mit –“
„Neffe des Paters Hilario.“
„Das stimmt. Ist oben das Tor offen?“
„Nein.“
„Donnerwetter! Warum nicht?“
„Ich würde schön ankommen, wenn ich es öffnen wollte!“
„Bei wem denn?“
„Beim Kommandanten.“
„Ist denn ein Kommandant da oben?“
„Natürlich.“
„Aber davon wurde mir ja gar nichts gesagt!“
„Das läßt sich denken. Die Kerls sind ja erst seit Mitternacht hier oben.“
„Welche Kerls?“
„Nun, die Republikaner.“
„Alle Wetter! Leute des Juarez?“
„Ja.“
„Wieviele?“
„Fünfzig Mann.“
„Was wollen sie denn im Kloster?“
„Hm. Ob sie Wind bekommen haben? Der Anführer fragte mich nämlich in einem höhnischen Ton, ob wir vielleicht heute nacht Besuch erwarteten.“
„Ah! Sie haben eine Ahnung. Aber sein Hohn soll ihm schlecht bekommen. Wir werden hinaufreiten und die Kerls zusammenhauen.“
„Wenn das nur ginge, Señor.“
„Warum soll das nicht gehen?“
„Könnt Ihr durch die Mauern oder durch verschlossene Tore reiten?“
„Das nicht; aber wir können verschlossene Tore aufsprengen.“
„Und sich vorher von denen, die dahinter stehen, erschießen lassen.“
„Pah! Es sind nur fünfzig Mann!“
„Aber diese fünfzig Mann hinter Mauern sind mehr zu fürchten, als die zehnfache Zahl im offenen Feld.“
„Das ist wahr. Verdammt! Ich habe Befehl, mich des Klosters auf alle Fälle zu bemächtigen.“
„Und ich habe den Befehl, euch auf alle Fälle hineinzubringen.“
„Das ist nun doch nicht möglich.“
„Warum nicht?“
„So gibt es wohl eine Pforte, welche nicht besetzt oder bewacht ist?“
„Das nicht. Aber diese klugen Republikaner haben vergessen, daß alte Klöster geheime, unterirdische Gänge zu haben pflegen.“
„Alle Teufel! Gibt es hier einen?“
„Ja.“
„Ist er gefährlich?“
„Ganz und gar nicht. Ihr kommt auf demselben in das Innere des Klosters, ohne von einem einzigen Menschen bemerkt zu werden. Die Republikaner kampieren im Hof und Garten.“
Der Anführer stieß ein kurzes, befriedigtes Lachen aus.
„Welch eine Überraschung“, meinte er, „wenn es Tag wird, und sie sehen uns als Herren des Platzes, den sie verteidigen sollen. Wo ist der geheime Eingang?“
„Gar nicht weit von hier, da links hinüber.“
„Aber wir brauchen Laternen.“
„Nur zwei, und die sind vorhanden.“
„So führe uns. Aber, was wird mit den Pferden?“
„Laßt einige Leute hier bei ihnen. Wenn ich euch an Ort und Stelle gebracht habe, kehre ich zurück und bringe sie an einen sicheren Ort.“
Der Anführer hegte nicht das mindeste Mißtrauen. Er handelte ganz nach Kurts Vorschlägen. Als die lange Kolonne in den Steinbruch kam, ertönte ihnen ein „Halt“ entgegen.
„Guter Freund“, antwortete Kurt.
„Die Losung?“
„Miramare.“
„Alles in Ordnung.“
„Donner und Doria! Wer ist das?“ fragte der Anführer.
„Ein Kamerad von mir. Wir müssen doch wenigstens zwei sein, um euch zu führen.“
„Hm. Ist der Kerl sicher?“
„Das seht ihr aus dem Umstand, daß er die Losung kennt.“
„Mag sein. Wo ist der Eingang?“
„Hier“, antwortete Sternau, indem er in das Loch trat und die Blendlaterne öffnete, um ihren Schein auf die Umgebung fallen zu lassen. Eine zweite Laterne reichte er Kurt hin.
„Wer geht voran?“ fragte der
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