48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
einer gewissen Stunde hier eingelassen zu werden.“
„Sie haben diese Stunde zu bestimmen.“
„Von hier aus führen Sie mich nach dem Schlafzimmer des Kaisers.“
„Zugestanden.“
„Weiter verlange ich nichts.“
„Soviel kann ich leisten“, lachte Lopez leise.
„Welche Ansprüche machen nun Sie?“
„Ich verlange volle Freiheit für mich und mein Eigentum, die meinen sind natürlich eingeschlossen.“
„Ich stimme bei.“
„Und außerdem eine Summe in Münze oder guten Papieren. Die Gründe, wegen deren ich eine solche Forderung stelle, gehören entweder nicht hierher oder sind selbstverständlich.“
„Ich verstehe. Wieviel verlangen Sie?“
„Werden Sie handeln?“
„Ich schachere nie. Fordern Sie zuviel, so sehe ich ganz einfach von der Sache ab. Also –“
„Sind zehntausend Pesos Ihnen zuviel?“
„Fast, aber ich will sie Ihnen geben. Sagen wir: In der Nacht vom 14. bis 15. Mai öffnen Sie elf Uhr abends dieses Pförtchen. Neben demselben liegt in einer Brieftasche diese Summe in englischen Noten. Sie haben bis zwölf Uhr Zeit, die Noten zu prüfen. Genügen sie Ihnen nicht, oder, was dasselbe ist, halte ich mein Wort nicht, so schließen Sie wieder zu. Um Mitternacht rücke ich ein, voran zweihundert Mann. Mit diesen Leuten werde ich mich überzeugen, ob auch Sie ehrlich sind. Mehr Menschenleben darf ich nicht daran wagen. Bemerke ich, daß Sie Wort halten und verschwiegen gewesen sind, schicke ich nach Verstärkung, und Sie führen mich zum Kaiser. Sobald Sie mir dessen Wohnung gezeigt haben, sind Sie entlassen und können tun, was Ihnen beliebt. Jedenfalls werden Sie gefangen. Sie werden auch, um allen Verdacht abzulenken, einige Zeit festgehalten werden; aber ich verbürge mich dafür, daß Sie innerhalb zweier Wochen mit allem, was Ihnen gehört, freigelassen werden. Einverstanden?“
„Vollständig.“
„Ihr Ehrenwort.“
„Hier ist es.“
„Und hier das meinige.“
Beide Männer reichten sich die Hände und trennten sich dann. General Velez suchte sein Lager auf, und Lopez kehrte zu General Miramon zurück, der ihn sehnlichst erwartet hatte. Es wäre ihm unmöglich gewesen, zur Ruhe zu gehen, ehe Lopez zurückgekehrt war, denn er hätte wegen der erwartungsvollen Spannung, in welcher er sich befand, diese Ruhe doch nicht finden können.
„Nun, wie ist es gegangen?“
Mit diesen Worten empfing er den Eintretenden, noch ehe dieser Zeit gefunden hatte, zu grüßen.
„Sie werden zufrieden sein, General“, antwortete der Gefragte.
„Gott sei Dank“, meinte Miramon unter einem Seufzer der Erleichterung. „Es war mir fast, als ob ich Sorge haben müsse.“
„Warum?“
„Nun, unsere Angelegenheit war doch immerhin eine prekäre. Das Vorhaben, mit einem feindlichen Offizier auf solchen Grundlagen in Verhandlungen zu treten, ist stets ein Wagnis, welches mißlingen kann, und dann hat man die unangenehmen Folgen zu tragen.“
Lopez zog die Brauen zusammen und antwortete in einem Ton, der jedenfalls ein wenig spitz zu nennen war:
„Ein Wagnis? Jedenfalls. Aber wer hat dieses Wagnis unternommen? Wir beide doch.“
„Wohl ich allein, Señor!“
„Das möchte ich denn doch bestreiten. Sie haben sich in dem Hintergrund gehalten und mich vorgeschickt. Bei einem Mißlingen des Unternehmens würde also ich es sein, welchen man anpackt.“
„Aber ich bin Ihr Auftraggeber, und infolgedessen hätten Sie sich wohl auf mich berufen. Sie sehen, daß wir beide uns ganz der gleichen Gefahr ausgesetzt haben.“
„Mag sein“, meinte Lopez, welcher einsah, daß er wieder einlenken müsse. „Es ist ein Glück, daß ich unser gefährliches Vorhaben als ein gelungenes bezeichnen kann.“
„Nun, wie lautet das Übereinkommen?“
„Wir öffnen ihm heimlich Fort und Kloster la Cruz, sodaß der Kaiser in seine Hände fällt, und dafür erhalten wir die Freiheit.“
„Welche Garantie haben Sie erhalten?“
„Keine weiter als sein Ehrenwort.“
Der General schüttelte nachdenklich mit dem Kopf und meinte:
„Hm! Wird das genügen?“
„Zweifeln Sie an der Rechtlichkeit des Generals Velez?“
„Ich habe allerdings noch nie gehört, daß er sein Wort gebrochen hätte, aber in diesem Fall – hm!“
Er schwieg. Es fiel ihm augenscheinlich schwer, in der begonnenen Rede fortzufahren. Lopez verstand ihn und fragte lächelnd.
„Warum meinen Sie, daß er gerade in diesem Fall eine Ausnahme machen werde?“
„Weil – weil – er uns – für Verräter halten
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