48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
in der Nähe war:
„Wer ist Ihr Kommandeur?“
„General Hernano“, antwortete der Gefragte.
„Bringen Sie mich schnell zu ihm.“
„Ist die Angelegenheit eilig?“
„Ja. Sie sollen um ein Uhr angegriffen werden.“
„Donner! Wen haben Sie denn da auf dem Pferd?“
„Einen Gefangenen. Aber ich habe keine Zeit zu Auseinandersetzungen. Bitte, lassen Sie uns eilen!“
Nachdem der Offizier den Seinen die größte Wachsamkeit eingeschärft hatte, ging er, Kurt führend, nach seinem Posten zurück, wo sein Pferd stand. Nachdem er es bestiegen hatte, sprengten sie dem Quartier des Generals zu.
Dasselbe befand sich in einer Art von Dörfchen, welches vielleicht eine halbe Stunde von Querétaro lag. Der Kommandierende saß mit seinen Stabsoffizieren bei einem frugalen Nachtessen, als ihm Kurt gemeldet wurde.
„Ein deutscher Name“, sagte er. „Wird nicht viel bringen. Der Mann mag eintreten.“
Kurt hatte kurzen Prozeß gemacht und seinen Gefangenen auf die Schulter geladen. Er trat mit demselben ein. Bei diesem außergewöhnlichen Anblick sprangen die Offiziere auf.
„Valgamos Dios! Was bringen Sie da?“ fragte erstaunt der General.
„Einen Gefangenen, Señor“, antwortete Kurt, indem er den Colonel zur Erde legte und dann sein Honneur machte.
„Das scheint so. Wer ist der Mann?“
„Ein kaiserlicher Oberst.“
„Hm. Der Kerl sieht nicht danach aus. Jedenfalls haben Sie da eine Maus gefangen, anstatt eines Elefanten.“
Bei diesen Worten umspielte ein ironisches Lächeln seine Lippen, und seine Offiziere hielten es natürlich für ihre Pflicht, dasselbe Lächeln sehen zu lassen.
„Überzeugen Sie sich“, meinte Kurt in sehr ruhigem Ton.
„Er trägt ja nicht die kaiserliche Uniform!“
„Er ist dennoch ein Kaiserlicher. Ich trage auch nicht die Uniform Eskobedos oder des Präsidenten, sondern gerade wie dieser Gefangene die mexikanische Kleidung.“
„Und dennoch sind Sie Republikaner? Das wollen Sie doch sagen?“
„Nein.“
„Was sonst? Sie wurden als Premierleutnant angemeldet.“
„Das bin ich allerdings. Ich diene in der Armee des Königs von Preußen, bin in Familienangelegenheiten nach Mexiko gekommen und habe mich gegenwärtig aus gewissen Gründen der Sache des Präsidenten angeschlossen.“
„Ah! Warum nicht der Sache des Kaisers?“ fragte der General.
Es war ihm leicht anzusehen, daß er einiges Mißtrauen hegte.
„Es war nur so opportun“, antwortete Kurt kurz und scharf.
„Sie haben sich bei den Vorposten legitimiert?“
„Ja. Hätte der Führer der Posten mich Ihnen sonst angemeldet?“
Der General erkannte, daß er im Begriff gestanden hatte, zu weit zu gehen, und fragte:
„Woher kommen Sie?“
„Von Eskobedo.“
„Ah! Sie waren beim Oberstkommandierenden? In welcher Angelegenheit – wenn ich fragen darf?“
Der letzte Zusatz war doch wieder in einem ziemlich ironischen Ton gesprochen.
„Fragen dürfen Sie allerdings, Señor“, antwortete Kurt lächelnd, „aber antworten darf ich nicht.“
„Ah! Es handelt sich um eine diskrete Angelegenheit?“
„Ja, um einen Plan, über welchen Sie das Nähere von einem anderen als von mir zu erfahren haben.“
„Sie scheinen in Preußen an eine strenge Disziplin gewöhnt zu sein.“
„Das ist allerdings wahr.“
„Auch an diese Verschlossenheit, Vorgesetzten gegenüber?“
„Auch an sie, wenn es nötig ist. Nur fragt es sich, wen Sie einen Vorgesetzten nennen.“
„Sie meinen doch, daß ich der Ihrige bin.“
„Vielleicht nicht. Ich habe mich dem Präsidenten zur Verfügung gestellt, ohne einen militärischen Rang zu beanspruchen.“
„Sie meinen doch nicht etwa, daß Ihnen im anderen Fall der meinige angeboten worden wäre? Ich bin General.“
„Ich bin ebenso Offizier wie Sie, das ist alles, was ich Ihnen antworten kann. Welcher Rang mir geworden wäre, kommt nicht in Betracht. Übrigens denke ich, dem Präsidenten nicht weniger dienlich zu sein als jeder andere.“
General Hernano war als ein stolzer, hochfahrender, aber keineswegs als der befähigtste General bekannt. Seine Arroganz machte sich auch hier, Kurt gegenüber, geltend. Dieser aber war freilich nicht derjenige, der so etwas in Devotion hinnahm. Er wußte, daß ein mexikanischer General in Beziehung auf militärische Kenntnisse nicht stets einem deutschen Leutnant gleichstehe, und beeilte sich daher, dem Ton des Generals in einem gleichen zu begegnen.
Er sah, daß dies von der Umgebung Hernanos beifällig bemerkt
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