49 - Der Zorn von Antares
wurden nun Lichter angezündet, aber wie bei den Gebäuden gab es auch da keine Einheit. Fweygos Plan sah vor, F'Farhan an einer günstig gelegenen dunklen Stelle einzuholen, ihm einen sanften Schlag auf den Schädel zu verabreichen, ihn in den riesigen blauen Umhang einzuwickeln, den Fweygo für diesen Zweck mit sich führte, und ihm dann die nötigen Fragen zu stellen.
Unter den vielen Tempeln und Schreinen der diversen Gottheiten stellte das Dokerty geweihte Gebäude einen gewaltigen Bau dar. Seine Struktur war häßlich und vulgär, wie zu erwarten gewesen war. Er stand auf einem Kyro von beträchtlicher Größe, und die umgebenden Häuser schienen einen Fries um ihn herum zu bilden. F'Farhan eilte in den Schatten am Rand des Kyros entlang und begab sich in eine traurige Gasse, die zwischen unauffälligen Gebäuden verlief, in denen mit Sicherheit irgendwelche finsteren Schurkereien stattfanden. Fweygo war ein Schatten unter anderen Schatten, als er ihm folgte. Ich schlich lautlos hinterher.
Die planlose Straßenführung führte dazu, daß plötzlich Gebäude aus dem Boden aufragten und die Wege zwangsläufig um sie herumführten. Ein schmales dreistöckiges Gebäude versperrte mit einer Giebelwand den direkten Weg, und die Straße beschrieb notgedrungen einen Bogen. F'Farhan warf einen verstohlenen Blick über die Schulter zurück und eilte auf eine Tür zu, die sich hinter einem überhängenden Torbogen befand.
Fweygo bewegte sich schneller, um den Verfolgten nicht zu verlieren. Ich schloß mich ihm an.
F'Farhans schneller Lauf in Richtung Tür half ihm nichts. Sie warteten in den Schatten des Torbogens auf ihn, leise und tödlich.
Vier in Schwarz gekleidete geisterhafte Gestalten stürzten sich auf den Priester.
Der Balass-Stock mit dem Goldknauf wirbelte durch die Luft. F'Farhan wehrte sich. Trotzdem würden die vier Stikitche, gedungene Meuchelmörder, ihn überwältigen und zermalmen.
Einen Augenblick lang verlor ich Fweygo aus der Sicht. Als ich zu laufen begann, war ich zugegebenermaßen ziemlich wütend über die Entwicklung der Ereignisse. »Bei dem aufgedunsenen Bauch der Heiligen Dame von Belschutz! Ihr Stikitche werdet ihn nicht kriegen!« Ich eilte lautlos heran. »Er gehört uns!«
Die Schatten des Torbogens waren plötzlich voller wirbelnder Bewegungen. Zwei der Meuchelmörder lagen bereits am Boden. Fweygo riß die Stikitche wie ein Orkan der Zerstörung in Stücke. Nach wenigen Herzschlägen war alles vorbei. Vier Stikitche lagen auf den Pflastersteinen. Ihr Blut glänzte schwarz im Zwielicht. Fweygo kam wieder zur Ruhe.
Er wandte sich mir zu, als ich herangelaufen kam, wobei er bereits seine Klinge säuberte. »Du mußt wirklich lernen, etwas schneller zu sein. Sie waren nur zu viert. Aber wenn sie zu mehreren gewesen wären ...«
»Die hättest du auch ...«, setzte ich an.
F'Farhan war wieder zu Atem gekommen. »Zieht sie ins Haus, und beeilt euch!« Wie erwartet war seine Stimme tief und klangvoll.
Da Fweygo und ich die Vernunft dieses Befehls erkannten, gehorchten wir. Bevor sich der Kildoi gebückt hatte, hielt ich bereits jeweils das Bein einer Leiche in der Hand und zog mich in den Torbogen zurück. »Ha!« rief Fweygo und ergriff seine zwei Opfer. Er erkannte meine Prahlerei als das an, was sie war. Er hätte alle Leichen auf einmal nehmen können – und noch eine Hand frei gehabt.
F'Farhan warf hinter uns die Tür ins Schloß. Er stieß einen Seufzer aus. Wir standen in einem schmalen Korridor, der von einer Mineralöllampe erhellt wurde; ein modriger Geruch lag schwer in der Luft, das Haus machte einen düsteren und farblosen Eindruck. »Die hätten mich umgebracht, wenn nicht ...« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. Die Tatsache, daß einen jemand umbringen will, kann äußerst heilsam sein. Er hatte sich schnell wieder in der Gewalt.
Ein kurzer Blick zu Fweygo hinüber verriet mir, daß er meine Gedanken teilte. Im Augenblick war es unnötig, dem Dokerty-Priester eins über den Schädel zu geben. Seine Dankbarkeit konnte man durchaus ausnutzen.
»Hier entlang.«
Wir ließen die Stikitche neben der Tür liegen und folgten F'Farhan durch die zweite Tür, die rechts vom Korridor abging. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen und stieß einen Schrei aus. Es war ein Schrei des Entsetzens, ein ungläubiges Aufheulen, ein Schluchzen der Verzweiflung. Der Aufschrei kam direkt aus seinem tiefsten Innern.
Wir stürmten in den Raum; das Licht einer verzierten Lampe
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