49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
brachte und ihm gab.“
„Sprachen sie von der Zeit und von dem Ort, von dem aus die Entführung unternommen werden soll?“
„Ja; ich hörte es deutlich.“
„So sage es! Heraus damit! Schnell, schnell!“
Da machte der Neger ein Gesicht, das jedenfalls listig sein sollte; es wurde aber nur eine abschreckende Fratze daraus. Er hielt dabei die Hände abwehrend von sich und antwortete:
„Oh, wie klug du bist! An dir sieht man deutlich, wie gütig Allah ist. Seine Gnade ist so groß und unermeßlich, daß er sogar den Ungläubigen List gegeben hat.“
„Meinst du etwa, daß ich kein Moslem bin?“
„Ja, denn du bist ein Christ. Leugne es oder nicht; mir ist es sehr gleich. Aber deine Listigkeit ist doch nicht größer als die meinige. Ich soll dir den Ort und die Zeit sagen? Wenn ich dies tue, so weißt du alles, und ich kann gehen. Nein. Bisher habe ich gesprochen, um dir zu beweisen, daß ich nicht schlechtere, sondern bessere Augen habe, als der andere. Nun aber sage ich weiter kein einziges Wort, wenn ich nicht erfahre, was ich dafür erhalte.“
„Schurke! Du willst also Geld?“
„Was sonst! Meinst du, daß ich für dich wache und dir meine Geheimnisse mitteile, ohne etwas zu erhalten?“
„Gut! Wieviel willst du?“
„Wieviel bietest du?“
„Ich gebe dir zweihundert Piaster.“
Der Schwarze schüttelte den wolligen Kopf.
„Meine Neuigkeit ist mehr wert, viel mehr.“
„Willst du etwa aufschlagen?“
„Ein jeder verkauft seine Ware so hoch wie möglich. Ich habe bereits viel für dich getan, aber sehr wenig erhalten.“
„So werde ich dir fünfhundert Piaster geben.“
„Auch das ist zu wenig. Gib tausend!“
„Wann?“
„Gleich jetzt. Ich weiß, daß du stets Geld bei dir hast.“
„Gut, ich will nicht feilschen; ich gebe tausend.“
Da schlug der Neger die Hände klatschend zusammen, verdrehte erschrocken die Augen und rief:
„O Allah! Wie dumm bin ich gewesen! Er gibt mir die tausend sogleich! Hätte ich zweitausend oder gar dreitausend gefordert, so hätte er sie auch gegeben!“
„Ja, ich hätte sie gegeben“, sagte der andere lachend. „Aber nun gilt, was ausgemacht ist. Halte die Hände auf, Orang-Utan: ich will dir das Geld geben.“
Der Schwarze streckte die Hände aus und sah mit funkelnden Augen zu, wie eine Münze nach der anderen hineingelegt wurde. Er steckte dann die Summe ein, klimperte mit der vollen Tasche und meinte:
„Jetzt habe ich Geld, Geld, viel Geld. Nun weiß ich, was ich tue. Ich kaufe und rauche Opium.“
„Tue es in Gottes Namen, wenn du dich zum Krüppel und deinen dicken Wanst zum Skelett machen willst! Ich habe nichts dagegen. Jetzt aber sprich! Wann will er sie entführen?“
„Heute in der Dämmerung.“
„Heute schon? Ah, da gilt es die größte Eile! Wir werden diesen Menschen einmal beim Schopfe nehmen, obgleich Gökala eigentlich keine Moslemi – doch, das gehört ja nicht hierher!“
„Ihr wollt ihn beim Schopfe nehmen? Seid vorsichtig! Er ist ein starker Mann.“
„Wir wissen es.“
„Ihr wißt es nicht! Er ist viel stärker, als ihr denkt. Er hat den Leoparden beim Hals genommen und in den Kiosk geschafft, um ihn wieder anzubinden.“
„War die Bestie denn frei?“
Der Neger bog den Kopf so weit wie möglich empor und raunte ihm in wichtigem Ton zu:
„Ja. Ich hatte sie freigelassen.“
„Mensch! Warum?“
„Wolltest du diesen Mann nicht töten?“
„Ja! – Oh, hm! – Nein; das ist mir nicht eingefallen“, antwortete er verlegen.
„Du hast es einmal zu mir gesagt.“
„Es war im Zorn.“
„Du botest mir Geld, viele Piaster, mehrere Hände voll. Ich habe mir das gemerkt. Und als er heute dahergegangen kam, da fiel es mir ein, den Leoparden loszulassen.“
„Hölle, Tod und Teufel! Das hättest du getan?“
„Ich sage es ja.“
„Du siehst meinen Schreck! War Gökala dabei?“
„Natürlich. Und auch Emineh.“
„Unvorsichtiger! Wenn nun das Tier nicht ihn, sondern die beiden Frauen zerrissen hätte!“
„Oh, es hat sie nicht zerrissen. Er ging auf den Leoparden zu, ergriff ihn beim Hals und schleppte ihn in den Kiosk, wo er ihn wieder an die Kette fesselte.“
„Ja, so ist er! Dieser Mensch kennt keine Furcht. Ich glaube, wenn man ohne sein Wissen gerade hinter ihm eine Kanone abfeuerte, er würde nicht erschrecken und nicht mit der Wimper zucken. Was aber geschah dann weiter?“
Der Neger erzählte alles, auch daß er den betreffenden sofort verfolgt habe und bis an welchen
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