49 Stunden
könnte?‹‹
›› Das weiß ich nicht. Ich bin ja auch nicht bei der Einheit für Entführungen, Dillon. Ich weiß nur, dass die meisten Kidnapper ihre Opfer entweder zu vertrauenswürdigen Leuten bringen oder in irgend `nem Keller oder `ner Kiste halten.‹‹
›› In einer Kiste? Oh Gott!‹‹
›› Dillon, ich will ja kein Miesmacher sein, aber falls wirklich Harry Castello eine Entführung in Auftrag gegeben hat, dann kannst du froh sein, wenn das Mädchen überhaupt noch am Leben ist.‹‹
Dillon schluckte. Ihm war ganz übel. Er hoffte so sehr, dass Keith Katies Aufenthaltsort herausbekommen würde, bevor es zu spät war.
Nicht auszudenken, wenn Castello Nägel mit Köpfen machte. Wie würde Mary damit klarkommen? Wie würde sie je weiterleben können ohne ihre Kleine?
›› Nun hör doch auf mit dem Unsinn!‹‹, schalt er sich selbst. ››Es wird schon alles gut werden. Diese Kerle sind zwar Gangster und Betrüger, aber doch keine Kindermörder.‹‹
Das versuchte er sich den restlichen Abend einzureden, doch so richtig gelang es ihm nicht, sich selbst zu glauben.
***
Der Tee von Susi hatte beruhigend gewirkt. Mary hatte sich danach schläfrig gefühlt und war an ihrem Schreibtisch, den Kopf auf den verschränkten Armen, eingenickt.
Sie hatte von Katie geträumt. Sie war mit ihr in Disney World, Minnie und Mickey Maus tanzten um sie herum. Katie selbst trug ebenfalls das rot-weiße Minnie-Maus-Kleid und tanzte mit. Mary beobachtete sie dabei und lachte, lachte … und dann war sie aufgewacht.
Wie lange hatte sie sich schon vorgenommen, mit Katie nach Florida zu Disney World zu fahren? Als sie damals schwanger mit ihr gewesen war, hatte sie all diese Dinge geplant und sich fest vorgenommen, sie zusammen mit Katie zu verwirklichen, sobald sie groß genug war. Doch sie hatten es nicht einmal bis in den Lincoln Park Zoo geschafft.
Vielleicht sollte es so kommen, dachte Mary, vielleicht habe ich das alles verdient. Weil ich solch eine schlechte Mutter bin. Weil ich mein Kind so vernachlässigt habe. So schrecklich diese ganze Sache auch ist, sie hat ein Gutes: Endlich bin ich aufgewacht. Nur hoffe ich, dass ich die Chance bekommen werde, es von nun an besser zu machen.
Sie stand vom Stuhl auf, auf dem sie schon viel zu lange gesessen hatte, und ging rüber ins Wohnzimmer zu Susi, der Frau, die sich die letzten Jahre so gut um ihre Tochter gekümmert hatte, die wahrscheinlich viel mehr von Katies Leben und von ihrem Fortschritt mitbekommen hatte als sie selbst.
›› Hat der Film schon angefangen?‹‹, fragte sie.
›› Erst vor zehn Minuten. Mach es dir gemütlich. Willst du Chips?‹‹
Susi hielt Mary die Schüssel hin. Da fiel ihr auf, dass sie seit dem Frühstück nichts gegessen hatte und nahm sich eine Handvoll.
***
Die Klappe ging auf und jemand stieg die Treppe rauf.
›› Hier, ich bringe dir dein Abendbrot.‹‹ Es war Tamara.
›› Danke‹‹, sagte Katie.
Tamara kam näher und übergab ihr den Teller. ››Es tut mir leid!‹‹, sagte sie mit schuldbewusster Stimme.
›› Was denn?‹‹, fragte Katie.
›› Dass ich dich bei meiner Mom verpetzt hab, als du weggelaufen bist.‹‹
Katie nickte.
Sie biss ein Stück vom Salamibrot ab. Sie mochte keine Salami, wollte Marge aber nicht schon wieder verärgern.
›› Weißt du, wo Bob ist?‹‹
›› Wer?‹‹, fragte Tamara.
›› Na, Bob, dein Onkel.‹‹
›› Du meinst Carlo.‹‹
›› Kann sein. Weißt du, wo er ist? Ich will ihn fragen, ob er mich morgen zurück zu meiner Mommy bringt.‹‹
›› Ich glaube schon. Meine Mom hat gesagt, dass du nur bis morgen bei uns bleibst.‹‹
Katie atmete erleichtert auf. ››Das ist gut.‹‹
›› Vermisst du deine Mom?‹‹
›› Ganz doll‹‹, antwortete Katie. ››Tamara, willst du nicht ein bisschen bei mir bleiben?‹‹
›› Ich soll gleich wieder runter kommen, hat Mom gesagt.‹‹
›› Kannst du mir dann wenigstens meinen Beluga bringen, bitte?‹‹
›› Ich tu, was ich kann.‹‹
Katie sah Tamara dankbar an. Sie war ihr nicht böse, dass sie sie verraten hatte. Tamara war die erste Freundin, bei der sie je übernachten durfte, es hatte irgendwie sogar Spaß gemacht. Gestern Abend. Heute war ein blöder Tag.
***
Irgendwer beobachtete ihn, das spürte er genau. Er wurde dabei beobachtet, wie er beobachtete – was für eine Ironie.
Nur wer war der Unbekannte? Dieser Dillon Bradley? War er ihm auf die Schliche
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