5 1/2 Wochen
mütterlichen Eindruck auf mich und plötzlich kommt mir eine super Idee in den Sinn. Und die soll man ja bekanntlich sofort umsetzen, bevor man den Glauben an das Gelingen verliert. Ganz ohne Umschweife frage ich mit Händen und Füßen danach, ob es eine Waschmaschine gibt. Ich habe heute keine Lust mehr auf der Hand zu waschen. Ich hab Hunger wie ein Bär. Das muss jetzt hier schnell gehen. Zu meiner Überraschung, nickt sie ganz aufgeregt und zeigt auf meinen Rucksack und meine Kleider, die ich noch am Leib trage. Am liebsten nähme sie sofort meine komplette Garderobe mit. Bevor sie sich doch noch anders entscheidet, springe ich hinter meine Zimmertür, reiß mir die Klamotten vom Leib, rupfe noch ein paar aus meinem Rucksack und schon sind meine Sachen mit der Frau verschwunden. Ich zieh mir schnell das T-Shirt über, das ich gleich nach dem Duschen tragen werde, lass Ruddi in sein Hundebett springen und geh lieber sofort ins Bad, bevor ich mir das noch anders überlege und das Duschen ausfallen lasse. Das sollte ich mir gerade heute nicht erlauben. Es war sehr, sehr heiß und ich habe sympathische, unterhaltsame Leute kennengelernt, die ich hoffentlich in den nächsten Tagen noch öfter treffen werde. Da darf ich keinen schlechten Eindruck machen.
So stehe ich nun, nur mit meinen Badelatschen bekleidet, in dieser Badewanne für Ich-weiß-nicht-wie-viele-Personen und bin mental so weit, dass ich mich auf das warme Wasser freue. Lauwarm soll es sein, damit mein Kopf wieder ein bisschen klarer wird und meine Körpertemperatur auf Normal herunterfahren kann. Ich nehme den Duschkopf in die Hand und drehe ein bisschen am rechten Knopf und ein bisschen am linken Knopf. Normalerweise sollte das Wasser nach einigen Sekunden wohl temperiert sein. Hier tut sich aber nichts. Ich drehe noch ein bisschen am roten Knopf, halte meine Hand unter den eiskalten Wasserstrahl und warte - und drehe - und warte - und drehe. Meine linke Hand hat gleich Gefrierbrand vom vielen Wasser. Nach ungefähr fünf Minuten muss ich akzeptieren, dass ich heute nur eiskalt duschen kann oder gar nicht.
Wo ich schon mal drinstehe und das Wasser läuft, komm ich mir noch dreckiger vor, als ich sowieso schon bin. Ich muss dadurch. Manche von Ihnen sagen jetzt bestimmt: „Na und? Kalt duschen ist ja wohl kein Problem. Mach ich jeden zweiten Tag!“ Ja, Sie vielleicht. Ich aber niemals! Das ist für mich ein absolutes No-Go. Ich habe das Gefühl, dass das Wasser direkt aus der Quelle eines sehr hohen schneebedeckten Berges kommt. Ich sehe den Wasserstrahl strafend an, in der Hoffnung, dass er sich doch noch meiner erbarmt. Oh, liebe Mitbewohner, die ihr auf euren Zimmern seid, haltet euch die Ohren zu! Ich tu’s jetzt! Beherzt - nach vielen Minuten - bringe ich mit eisernem Griff den Duschkopf in meine Richtung. Als der Wasserstrahl auf meinen überhitzten Körper trifft, fange ich sofort an, in allen Tonlagen zu jaulen, zu stöhnen und zu jauchzen. Wer das hört, glaubt in 100 Jahren nicht, dass ich hier alleine drin bin und mich lediglich waschen will. Mit vielen stoßweise hervor gepressten „ah, oh, Mama! Uh, neee, oh Gott! Woaa!“ und ähnlichen Lauten überstehe ich auch das.
Abgetrocknet, frisch angezogen und mit roten Bäckchen stehe ich nun am noch verschlossenen Ausgang dieser Folterkammer und trau mich gar nicht raus. Was, wenn ich öffne und ganz viele Leute applaudieren, angesichts so viel Theater hinter verschlossenen Bad-Türen? Ich schaue mich um und aus dem Dachfenster, überlege, ob ich wohl hinten rum abhauen kann. So’n Quatsch! Ich stelle mich jetzt der Öffentlichkeit und verneige mich einfach so tief, dass mich keiner erkennt. Natürlich steht niemand auf dem Korridor als ich ihn betrete. Vielleicht hat mich ja jemand gehört, aber höchstwahrscheinlich hat er das gleiche Dilemma erlebt und sich ins Fäustchen gelacht - was ich jetzt im Nachhinein auch tun würde, wenn komische Geräusche aus dem Bad zu hören wären.
Einige Minuten später gehe ich zum Essen runter. Der Wirtsraum platzt aus allen Nähten. Dieses Haus ist voll belegt - das steht fest. Die Österreicher, die übrigens Luigi, Heinz, Karoline und Monika heißen, haben mir tatsächlich einen Platz an ihrem Tisch reserviert und halten schon Ausschau nach mir. Fröhlich winkend rufen sie mich heran. „Wo bleibst Du denn? Wir haben schon gedacht, Du wärst gleich schlafen gegangen!“ Ich antworte mit einem - mittlerweile gespieltem - leicht gequälten
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