5 Auch Geister können sich verlieben
Aussehen längst die Stimme von so ziemlich jedem weiblichen Wahlberechtigten der Klasse gesichert hatten.
Was mir aber völlig egal war. Ich wollte den Job doch überhaupt nicht! Ich hatte schon genug am Hals, mit dem Mittler-Zeug und den Trigonometrie-Aufgaben und meinem toten Beinahe-Freund. Da waren die Verwicklungen, die politische Schlammschlachten immer mit sich brachten, so ziemlich das Letzte, was ich gebrauchen konnte.
Der Vormittag war also wieder echt verkorkst gewesen. Erst diese Nominierungs-Farce, und dann auch noch der Aufsatz, zu dem Mr Walden uns verdonnert hatte.
Außerdem war da natürlich noch Paul. Schon vor Schulbeginn hatte er mich mit einem anzüglichen Blinzeln begrüßt.
Zu allem Überfluss hatte ich am Morgen entschieden, meine brandneuen Jimmy Choos in die Schule anzuziehen, die ich im Sommer in einem Outlet-Laden zu einem Bruchteil des normalen Preises ergattert hatte. Sie sahen grandios aus und passten perfekt zu dem schwarzen Jeans-Rock von Calvin Klein, den ich mit einem heißen rosafarbenen Oberteil mit U-Ausschnitt kombiniert hatte.
Aber sie brachten mich schier um den Verstand. Schon blühten an all meinen Zehen dicke, schmerzhafte Blasen, und die Pflaster, die ich mir bei der Schulschwester geholt und auf die Blasen gepappt hatte, damit ich zumindest von einem Kurs zum nächsten
humpeln konnte, waren auch keine große Hilfe. Ich hatte das Gefühl, gleich würden mir die Füße abfallen. Hätte ich gewusst, wo Jimmy Choo wohnte, ich wäre auf der Stelle zu seinem Haus gehumpelt und hätte ihm einen der hohen Absätze ins Auge gerammt.
Aber so konnte ich nur im Computerraum sitzen, die Schuhe von den schrecklich pochenden Füßen abgestreift, und an meiner Trigonometrie-Hausaufgabe herumwerkeln. Dabei hätte ich ja eigentlich den Aufsatz schreiben sollen.
Plötzlich raunte mir eine Stimme, die ich mittlerweile genauso gut kannte wie meine eigene, zu meinem Entsetzen direkt ins Ohr: »Na, hast du mich schon vermisst, Suze?«
KAPITEL 7
L ass mich in Frieden«, sagte ich ruhiger, als ich wirklich war.
»Ach komm schon.« Paul drehte einen Stuhl zu sich herum und setzte sich rittlings darauf. »Gib’s zu. Du hasst mich nicht halb so sehr, wie du immer tust.«
»Da würde ich nicht drauf wetten«, sagte ich und tippte mit dem Bleistift auf meinem Heft herum, was hoffentlich wie Wut aussah, aber im Grunde reine Nervosität war. »Hör zu, Paul, ich hab echt viel zu tun …«
Er zog mir das Heft unter den Händen hervor. »Wer ist Craig Jankow?«
Ich blinzelte überrascht. Ohne es zu merken, hatte ich den Namen unbewusst auf den Rand meines Arbeitsblattes gekritzelt.
»Niemand«, sagte ich.
»Ah, das ist gut«, entgegnete Paul. »Ich dachte schon, er hätte meinen Platz in deinem Herzen eingenommen.
Weiß Jesse davon? Also, von diesem Craig, meine ich.«
Ich blickte ihn durchdringend an und betete innerlich, er würde meine Angst als Zorn deuten und verschwinden. Aber anscheinend kam die Botschaft nicht bei ihm an. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht sah, wie heftig meine Halsschlagader pulsierte … oder wenn doch, dass er das dann nicht irgendwie falsch deutete. Unglücklicherweise war Paul sich seines guten Aussehens ziemlich bewusst. Er trug heute schwarze Jeans, die an den richtigen Stellen eng anliegend saßen, und ein olivgrünes kurzärmeliges Poloshirt, das seine Golf-und-Tennis-Sonnenbräune gut zur Geltung brachte. Mir entging nicht, wie die anderen Mädchen im Computerraum – allen voran Debbie Mancuso – immer wieder vorsichtig herüberschielten und dann plötzlich wieder auf ihren Bildschirm starrten, als hätten sie nicht eben erst versucht, ihn mit Blicken auszuziehen.
Wahrscheinlich platzten sie vor Eifersucht, weil er sich ausgerechnet mit mir unterhielt – dem einzigen Mädchen in der Klasse, das sich von Kelly Prescott nichts sagen ließ und das Brad Ackerman nicht für einen Sahnehappen hielt.
Die hatten ja keine Ahnung, wie sehr es mich erleichtert hätte, wenn Paul Slater mich nicht mit seiner Aufmerksamkeit beehrt hätte.
»Craig ist zufällig tot«, flüsterte ich leise, damit kein Lauscher es hören konnte.
»Na und?« Paul grinste mich an. »Ich dachte, du magst Kerle, die schon in einen anderen Aggregatszustand übergegangen sind.«
»Du…!« Ich versuchte ihm mein Heft zu entreißen, aber er hielt es außer Reichweite. »Du bist unerträglich!«
Nachdenklich sah er sich die Aufgaben auf meinem Arbeitsblatt an. »Einen Vorteil hat
Weitere Kostenlose Bücher