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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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auslöschen könnte. Und doch ist es jetzt so. Das Leben hat sie ausgelöscht. Nicht durch einen Streit oder so, nein. Einfach das Leben und seine Geschäftigkeit « , erzählte sie. » Sie hat jetzt ihr eigenes Leben, und im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass man loslassen muss. Ich habe sie auf die Welt gebracht, aber unsere Kinder sind nicht unser Besitz. Wir haben nur die wundervolle Aufgabe, sie so lange zu führen, bis sie fliegen können, und genau das tut sie jetzt. «
    Diese liebe alte Dame war mir sofort sympathisch, und ich versprach ihr, in einer halben Stunde für ein längeres Schwätzchen zurückzukommen, wenn sie es schaffte, bis zum Ende meiner Schicht wach zu bleiben. Sie meinte, das fände sie großartig.
    Später saß Doris in ihrem Bett und redete und redete. Ich saß in einem Stuhl neben ihr und hörte zu. Die ganze Zeit über hielt sie meine Hand. Ab und zu spielte sie mit meinen Fingern oder mit dem Ring, den ich trug, ohne dass sie es bemerkte. » Ich bin vor Einsamkeit fast gestorben hier drinnen, meine Liebe. Ich habe gehört, dass so etwas geht, und es geht auch. Einsamkeit kann einen bestimmt umbringen. Manchmal bin ich ganz ausgehungert nach einer menschlichen Berührung « , sagte sie traurig. Meine Umarmung war die erste seit Monaten.
    Sie wollte mich nicht damit belasten, aber ich bestand darauf, dass sie weitersprach. Ich wollte aufrichtig mehr über sie erfahren, also fuhr sie fort. » Am meisten vermisse ich meine Freunde. Manche sind schon tot. Manche sind in derselben Situation wie ich. Zu manchen habe ich einfach den Kontakt verloren. Ich wünschte, ich hätte den Kontakt nie abreißen lassen. Man denkt immer, dass die Freunde immer da sein werden. Aber das Leben geht weiter, und plötzlich stehen Sie da und haben keinen Menschen auf der Welt, der Sie versteht oder irgendetwas über Ihre Geschichte weiß. « Ich schlug ihr vor zu versuchen, ein paar dieser verlorenen Freunde zu kontaktieren. Sie schüttelte den Kopf und meinte: » Ich wüsste gar nicht, wo ich da anfangen sollte. «
    » Ich kann Ihnen doch helfen « , bot ich an und erklärte ihr ein wenig, wie das Internet funktioniert. Das alles war Doris völlig neu, aber so ungefähr begriff sie es. Erst lehnte sie ab, weil sie mir nicht die Zeit stehlen wollte. Aber am Ende konnte ich sie davon überzeugen, dass es mir eine Freude wäre. Nachforschungen anstellen, so etwas gefällt mir. In meiner Zeit als Bankangestellte hatte ich auch eine Weile in der Betrugsermittlungsabteilung gearbeitet, das hatte mir richtig Spaß gemacht. Bei diesem Vergleich musste sie lachen. » Bitte, erlauben Sie es mir « , bat ich. Also willigte sie mit einem hoffnungsvollen, wehmütigen Lächeln ein.
    Es gab mehrere Gründe, warum ich Doris helfen wollte. Zum einen hatte ich sie vom ersten Augenblick an gemocht, und zum andern konnte ich ihr helfen. Ich hatte die Fähigkeiten, die erforderlich waren, um ihre Freunde zu finden, aber ich wollte ihr auch helfen, weil ich wusste, wie sie sich fühlte. Ich kannte den lähmenden Schmerz längerfristiger Einsamkeit selbst und die Sehnsucht nach einem Menschen, der einen versteht.
    Früher hatte mich der Schmerz über meine Vergangenheit so fertiggemacht, dass ich mich weit in mich selbst zurückgezogen hatte. Viele Leute sitzen diesem Irrtum auf, dass sie glauben, wenn man die Menschen von sich fernhält, hält man auch den Schmerz fern. Man vermeidet weitere Verletzungen, denn wenn einem niemand nahekommen kann, kann einem auch niemand mehr wehtun. Aber natürlich gibt es nur einen Weg, der zur Heilung führt: Man muss die Liebe in und durch sein Leben fließen lassen und darf sie nicht abblocken. Freilich kann es lange dauern, bis man diesen Punkt erreicht.
    Nach außen hin war ich freundlich zu den Menschen, die mir begegneten, aber der Schmerz, den ich von meiner schwierigen Vergangenheit in mir trug, drückte mich immer noch nieder. Inzwischen war ich definitiv so weit, dass ich die Leute bemitleiden konnte, die mir früher ihre Negativität um die Ohren geschlagen hatten. Das war aber nicht das Problem. Vielmehr musste ich meine Gedanken über mich selbst ändern, und das konnte noch dauern. Jahrzehntelanges negatives Denken musste getilgt werden, und manchmal war der Schmerz schier unerträglich. Obwohl ich rein verstandesmäßig wusste, dass ich mehr wert war, als ich konditioniert war zu glauben, war der emotionale Heilungsprozess bei Weitem noch nicht abgeschlossen.
    » Sunday Morning

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