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5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

Titel: 5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: e-book LYX
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Nacht hüllten sie ein wie eine schwere Decke. Sie musste eine Entscheidung treffen, bevor es zu spät war.
    Émine legte ihre Hände auf Evrèls Brust, schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Heilung. Es war ihr schon einmal gelungen, etwas von sich selbst in den Körper eines anderen zu legen, um ihn vor dem sicheren Tod zu bewahren. Im Heilzimmer des Grünen Heims hatte sie dieses Verfahren schon einmal angewandt, gestern erst … Émine war entschlossen, ihr eben erst zurückgewonnenes Leben für Evrèl zu geben.
    Sie keuchte und ächzte, denn Evrèls Körper sog stärker an ihren Kräften, als ein Mensch es getan hätte. Er nahm ihre Energie in sich auf und benutzte sie, um seine Verletzungen zu heilen. Émine war bereit, für ihn zu sterben, sollte es vonnöten sein. Sie spürte, wie sie mit jedem Atemzug schwächer wurde. Als sie glaubte, ihr Herz würde den Kampf schließlich aufgeben, ließ der unangenehme Sog jäh nach. Sie sackte über Evrèl zusammen, den Kopf in seinem Hemd vergraben. Etwas strich ihr durch die Haare. Es war seine warme Hand.
    »Émine.« Evrèls Stimme war nur ein heiseres Krächzen, doch er hatte all seine Liebe und seinen Schmerz in dieses eine Wort gelegt. Sie sammelte ihre Kräfte und hob den Kopf.
    »Evrèl.«
    Er richtete sich auf und brachte seinen Körper in eine aufrechte Sitzposition. Dann griff er Émine unter die Achseln und zog sie zu sich heran wie eine schlaffe Puppe. Er drückte sie an sich und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Er stöhnte leise ob des Schmerzes, den ihre Berührung ihm nun, da sie ihre alte Gestalt zurückerlangt hatte, verursachen musste. Doch anstatt sie von sich zu stoßen, umarmte er sie nur noch fester.
    »Émine, du lebst. Den Engeln sei Dank.« Er machte eine Pause, um zu schluchzen. »Ich habe gedacht, sie hätten dich getötet.« Er stützte ihren Kopf mit einer seiner großen Hände und suchte ihren Blick. Seine Augen glänzten. Langsam beugte er seinen Kopf zu ihr hinab und bedeckte ihre Lippen mit einem sanften Kuss. Émine spürte, wie ihre Kräfte zurückkehrten, langsam zwar, aber unaufhaltsam. Sie hob ihrerseits beide Arme, umfasste seinen Nacken und erwiderte den Kuss. Seine Lippen waren warm und weich, seine Zunge feucht und wohlschmeckend.
    Nach einem schier endlosen Moment löste er zärtlich seinen Mund von ihrem. Noch immer hielt er sie in seinen Armen geborgen, als bestünde sie aus Glas. Sie spürte seine enorme Kraft, obwohl er sich bemühte, behutsam zu sein.
    »Evrèl, was hatte das alles zu bedeuten? Was haben sie mir antun wollen?« Ihre Stimme war rau und schwach.
    Evrèl legte einen Finger auf ihre Lippen und bedeutete ihr mit dieser zärtlichen Geste, nicht weiterzusprechen. »Es ist vorbei, das ist alles, was zählt«, hauchte er. »Wir haben einen Fehler gemacht. Jacques hat geglaubt, er könne uns zur Unsterblichkeit verhelfen, doch ich habe nicht gewusst, dass du Teil seines Plans gewesen bist. Ich hatte den Auftrag, jemanden im Garten des Grafen abzuholen und ins Grüne Heim zu bringen, doch wusste ich nicht, dass du es sein würdest. Jacques hat nie über die Details des Rituals gesprochen.« Seine letzten Worte waren nicht viel mehr als ein Flüstern gewesen. Sein Blick war in die Ferne gerichtet und sein Gesichtsausdruck der eines Mannes, der sich in schmerzlichen Erinnerungen verlor.
    »Weshalb habt ihr den Grafen getötet?« Émine wollte Evrèl nicht mit weiteren Fragen quälen, doch sie musste erfahren, was geschehen war, um mit den Ereignissen Frieden schließen zu können.
    Evrèl ließ einen Moment der Stille verstreichen, ehe er zu einer Antwort ansetzte. »Jacques hat sich krankhaft vor Verrätern gefürchtet«, sagte er. »Er war auf die Zauberkräfte des Grafen angewiesen, wollte die Beute jedoch nicht mit ihm teilen.«
    Émine sog die kühle Nachtluft tief in ihre Lungen und stieß sie als leisen Seufzer wieder aus. »Ich muss ein neues Leben beginnen«, sagte sie, obwohl ihr die eigene Schlussfolgerung zuwider war.
    »Du bist wieder ein Eluvir«, sagte Evrèl, als bemerkte er erst jetzt, dass Émine ihre alte Gestalt zurückerlangt hatte.
    »Ein Engel hat mir das Leben gerettet.« Émine strich mit den Fingern die Linie seines breiten Kinns nach. »Doch meine Gefühle sind noch immer stark. Ich werde dich nicht noch einmal gehen lassen.«
    Evrèls Lippen verzogen sich zu einem traurigen Lächeln. »Ich werde sterben, Émine, während du ewig weiterleben wirst.«
    »Dann möchte ich jede

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