5 STERNE FÜR DIE LEIDENSCHAFT
Eingangstür. In Kalifornien war es gerade erst Abendbrotzeit, aber der Jetlag machte ihr schwer zu schaffen. In der Ferne hörte man ein Auto vorbeifahren.
„Hier wohnst du also“, bemerkte Sam.
Sie hätte sich jetzt einfach von ihm verabschieden und hineingehen können, aber das fiel ihr schwerer, als sie erwartet hatte. Immer wieder musste sie an den Vorfall mit den Allergietabletten denken. Dass er sie extra wegen Muffin – und ihretwegen – einnahm, rührte sie zutiefst.
Obendrein war sie erleichtert, dass er von Drogen ebenso wenig hielt wie sie. Im Laufe der Zeit hatte sie genug reiche Leute erlebt, die dem Teufelszeug verfallen waren und damit ihr Leben ruinierten. „Ich bin vor ein paar Jahren hier ins Gästehaus gezogen, um allein zu wohnen. Natürlich ist es nicht besonders weit weg von meinen Verwandten.“
Das war ihr großer Sprung in die Freiheit gewesen: auf dem Anwesen ein paar Meter weiterzuziehen und das kleine Gästehäuschen in ihrem Stil einzurichten. Flippig und künstlerisch, nicht so edel und formell wie im Hauptgebäude, dem Herrenhaus.
Ihrem Empfinden nach war sie damit aus dem schier übermächtigen Schatten ihrer Familie getreten, hatte ihren eigenen Stil gefunden. Gleich nachdem sie eingezogen war, hatte sie jedes Zimmer frisch gestrichen. Blaue Decken, die an den Himmel erinnern sollten. Grasgrüne Fußböden, die sie mit der Erde verbinden sollten, damit sie auf dem Boden blieb. Die Schlafzimmerdecke hatte sie zusätzlich mit Sternen geschmückt. Das alles hatte sie ganz allein fertiggebracht. Sie wollte nicht, dass irgendein teurer Innendekorateur ihrer Behausung seinen Stempel aufdrückte.
Die Sicherheitsbeleuchtung ging an. Nicht weit entfernt stand das riesige Haus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte, ein prachtvolles Gebäude aus weißem Stein mit fünfundfünfzig Zimmern. Das große Grundstück ließ ihr genug Freiraum.
Freiraum – dennoch war ihre Familie immer in Sichtweite. Sie ging etwas näher zur Tür, damit der große Baum nahe der Veranda sie verdeckte, denn sie hatte keine Lust, vielleicht von irgendjemandem aus dem Herrenhaus heimlich beobachtet zu werden.
Fast verlor sie sich in Sams geradezu hypnotischen Augen. „Danke“, sagte sie leise.
„Wofür?“
„Dass du mich nach Hause gebracht hast, für den Shoppingtrip nach Paris, dass du mir geholfen hast, dem Reporter zu entkommen, dass du mit mir zur Premiere gehst und dass du Allergietabletten nimmst.“ Verlegen blickte sie zu Boden. „Und dass du meine Forderung respektierst, dass wir keinen Sex haben.“
„Ich respektiere deine Forderung, aber das bedeutet nicht, dass ich sie gutheiße.“
Sie legte ihm eine Hand auf den Brustkorb. „Ich werde dich jetzt nicht hineinbitten. Nicht mal auf einen Kaffee.“
„Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht.“ Zärtlich ergriff er ihre Hand. „Sosehr ich es auch hasse, im Blickpunkt der Medien zu stehen – wenn ich den Pressegeiern ein paar Tage lang Nahrung gebe, lassen sie mich hinterher vielleicht in Ruhe.“
Für Bella würde die Presse-Hetzjagd immer weitergehen, denn sie wollte Schauspielerin bleiben, solange sie gute Rollen bekam. Was Sam von der Presse hielt, hatte er deutlich gesagt. Sicher schätzte sie ihre Privatsphäre genauso, aber ihr war auch bewusst, dass sie die Reporter brauchte. Sie sorgten dafür, dass sie im Gespräch blieb, und machten damit gleichzeitig Werbung für ihre Filme.
Das bedeutete schlicht und einfach, dass Bella ein völlig anderes Leben führte, als Sam es sich wünschte. Sie brauchte sich also keine Sorgen zu machen, dass er langfristig mehr von ihr wollte. Sein Angebot, nur für eine Zeitlang ihren Begleiter zu spielen, musste ehrlich gemeint sein.
Das war doch prima.
Oder?
Warum wollte sie ihn dann umarmen und stürmisch küssen?
Plötzlich war ihr Mund ganz trocken. „Viel Glück mit deinem neuen Hotel.“
Ein Hotel ganz in der Nähe, hier in Los Angeles. Vielleicht müsste er irgendwann später noch einmal hierherkommen, und sie würden sich wiedersehen …
Schnell verbot sie sich den Gedanken.
„Glück? Wenn man hart arbeitet, kommt der Erfolg von ganz allein.“
„Diese Einstellung gefällt mir.“ Die Wahrheit war eher, dass er ihr gefiel. Und das war riskant, da er gerade vor der Eingangstür ihres Häuschens stand. Sie fühlte sich versucht, all ihre guten Vorsätze in den Wind zu schreiben. Dabei hatte sie sich doch fest vorgenommen, ihn – jeden Mann – von sich fernzuhalten,
Weitere Kostenlose Bücher