5 Tage im Sommer
war zu klug, um belogen zu werden, aber zu unschuldig, um die Wahrheit zu vertragen.
»Sie werden Mom finden.« Wills Magen verkrampfte sich. »Dr. Geary hilft uns, sie zu finden.«
»Wie denn?«
Bevor Will versuchen konnte zu antworten, vibrierte sein Handy. Er fuhr mit der Hand in die Hosentasche, zog es hervor und klappte es auf. Eine Frauenstimme fragte nach Mister Parker.
»Am Apparat.«
»Hi, hier ist Pam. Aus dem Stop & Shop . Ich hab Ihre Nachricht bekommen.«
»Ja.« Will sah David an, hob das Kinn und wies auf den Strand. »Los«, flüsterte er. »Ich komm gleich nach.«
David blieb stehen.
Obwohl er es höchst ungern tat, drehte er sich um, ging ein paar Schritte zur Seite und senkte die Stimme. Er spürte die erwartungsvolle Unruhe des Jungen hinter sich und erklärte Pam, so gut er konnte, die Lage.
»Haben Sie etwas gesehen?«, fragte er Pam.
»Ich nehme an, meine Freundin hat Ihnen schon das meiste erzählt. Ich wollte Ihnen nur sagen, mir kommt der Kerl immer fies vor. Er ist immer mit der Frau da, die ihn angeschrien hat. Ich glaube, sie ist vielleicht seine Mutter oder so.«
»Wieso?«, flüsterte Will.
»Die beiden erinnern mich irgendwie an diese Mutter-Sohn-Sache aus New York, wissen Sie? Wo sie eine reiche Lady umgebracht haben, um an ihr Haus zu kommen. Ich hab das in Most Wanted gesehen.«
Will wusste nicht, was er von diesen Informationen halten sollte. Es konnte etwas daran sein oder auch nicht. Er würde es Geary gegenüber erwähnen.
»Können Sie sich sonst noch an etwas erinnern?«, fragte er. »Irgendetwas?«
»Eigentlich nicht.«
»Nun, sollte Ihnen aber doch …«
»Ich rufe an, versprochen.«
»Danke.«
»Sir, ich hoffe, Sie finden sie. Sie wirkte so nett.«
»Danke für den Anruf.« Will klappte sein Handy zu.
»Wer war das, Dad?«
Will schüttelte den Kopf. Er brauchte Zeit, um darüber nachzudenken, was er seinen Kindern sagen sollte. Wie er ihnen helfen konnte, mit der Situation umzugehen, ohne ihnen Angst einzujagen.
»Komm«, sagte Will, »fragen wir Grandma, was sie zum Abendessen möchte.«
David folgte Will hinunter zum See. Sarah saß auf einem Klappstuhl neben Maxi, die im Sand spielte. Ein paar Meter entfernt von ihnen planschte Sam im Wasser. Sarahs Haut sah in der Sonne fast durchsichtig aus.
Will konnte es seiner Schwiegermutter nicht sagen, noch nicht. Er würde sie drängen, diese Nacht eine Schlaftablette zu nehmen und so tief zu schlafen, wie es ging. Dann würde er alles genau planen und ihr am nächsten Morgen davon erzählen.
Sarah schlug Spaghetti Bolognese zum Abendessen vor, und Will ging zurück ins Haus, um zu kochen – und um zu telefonieren. Er wollte Caroline um Hilfe bitten, doch nachdem er eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, fiel ihm ein, dass sie und Harry ihre Anwaltspraxis in den Wochen um Labor Day schlossen und eine Reise machten. Dieses Jahr waren sie in Italien. Vor dem späten Sonntagabend würden sie nicht wieder zurück sein, und bis dahin würde sowieso alles vorbei sein. Auf die eine oder andere Weise. Dann fielen ihm Charlie und Val ein, alte Freunde von Emily. Innerhalb von Minuten war alles geregelt: Sie würden über Nacht zum Cape fahren und gleich am frühen Morgen alle drei Kinder mit zurück nach New York nehmen.
KAPITEL 12
A my stieß die Imbissverpackungen zur Seite, die zerknautscht zu ihren Füßen lagen. Sie saß nicht gern auf dem Beifahrersitz, und schon gar nicht auf diesem. Al Snow saß am Steuer des Chryslers, der ihm vom Department zur Verfügung gestellt worden war und den er schon seit Jahren fuhr. Am Rückspiegel hing ein Duftbaum, und auf das Armaturenbrett hatte Snow ein Foto seiner Tochter im Teenager-Alter geklebt. Sein Kleingeld hob er in der Ablage zwischen den beiden Vordersitzen auf.
Schweigend fuhren sie durch die Seitenstraßen von Mashpee nach Popponesset Beach. Amy war schon mal hier gewesen, aber die Nebenstraßen auf dem Cape glichen einem Labyrinth, und sie hätte ihre Straßenkarte gebraucht, um Squaw’s Lane zu finden. Snow hingegen kannte jede einzelne Abzweigung. Er fuhr Uncle Percy’s Road entlang, Clover Street hinunter und dann Uncle Hank’s Road hinauf, zurück zu Kim’s Path und von da direkt auf die Squaw’s Lane. Amy nahm sich vor, später nachzusehen, ob das der kürzeste Weg war. Sie hatte Gefühl, dass er absichtlich im Kreis gefahren war, um zu beweisen, dass er den Weg besser kannte als sie.
Nach den Angaben des Kfz-Amts
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