5 Tage im Sommer
Könnte Bobby Robertson so etwas durchziehen, würde er es wollen, und wenn, warum?
»Noch eine Frage«, sagte sie.
Sein Blick schnellte zu Amy, und er blinzelte – dreimal.
»Wer war die Frau, mit der Sie sich im Supermarkt gestritten haben? Sie ist Ihnen nach draußen gefolgt. Ist sie mit Ihnen weggefahren?«
Bobby gefiel die Frage nicht. »Ich hab mit niemandem im Laden gesprochen!«, sagte er. »Ich mag nur gerne Mais!«
Er verschwand nach drinnen und verriegelte die Tür.
»Wir kommen mit einem Durchsuchungsbeschluss wieder«, sagte Amy zu Snow, als sie zum Wagen zurückgingen.
»Man braucht ein Verbrechen, um einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen«, sagte er. »Die werden nicht einfach ausgestellt, damit wir uns während des Sommerurlaubs nicht langweilen.«
»Sie sind nicht im Urlaub, Al.«
Er ging nicht auf ihren Kommentar ein. »Ich sag Ihnen, wir brauchen ein Verbrechen.«
»Nein, man braucht nur den begründeten Verdacht auf ein Verbrechen.«
Snow zuckte die Achseln. »Ich schätze, ich sehe das alles etwas anders als Sie.«
»Eine Frau wird vermisst.«
»Ja, aber …«
»Frauen lösen sich nicht einfach in Luft auf.«
Er zog die Augenbrauen in die Höhe. »Amy, verschonen Sie mich. Sie wissen so gut wie ich, dass es Tausende von Ehefrauen gibt, die ihre Männer auf diese Weise verlassen haben.«
Amy blieb stehen. »Und diesen Bobby da drinnen finden Sie ganz normal, oder wie? Er wurde hinter ihr in der Schlange gesehen , und er wurde auch dabei beobachtet , wie er mit einer blonden Frau davonfuhr. Warum reicht Ihnen das nicht?«
»Er wurde aber auch mit einer blonden Frau gesehen, die nicht Mrs. Parker war und mit der er sich angeblich gestritten hat.«
Snow rutschte hinters Lenkrad und zog seine Tür zu. Amy setzte sich neben ihn.
»Der Typ ist nicht ganz dicht, da bin ich Ihrer Meinung«, sagte Snow. »Das heißt aber nicht, dass er auch ein Kidnapper ist. Wir wissen ja nicht einmal, was mit ihr geschehen ist.«
»Al, das versuchen wir ja herauszufinden.«
Snow entgegnete nichts und setzte den Wagen zurück. In Amy brodelte es. Wie sollte sie konstruktiv mit Al Snow zusammenarbeiten, wenn sie sich nicht einmal über grundsätzliche Dinge einig waren? Doch noch waren sie nicht offiziell Partner, noch hatte er ihr nichts zu sagen. Sie würde diesen Fall weiterverfolgen. Das war nicht nur ihr Recht, sondern auch ihre Pflicht. Sie würde Emily Parker nicht in einem Nebel voreingenommener Vermutungen verschwinden lassen.
Mit ihrem Handy rief sie auf der Wache an, verlangte Kaminer und sagte ihm, dass sie einen Durchsuchungsbeschluss für Robertsons Haus wollte. Er stellte keine Fragen, sondern sagte nur, er würde sich darum kümmern. Dadurch ermutigt, sagte sie, dass sie gerne auch das Haus der Mutter der Vermissten durchsuchen würde. Kaminers Reaktion war interessant.
»Gute Idee, aber wissen Sie was, Amy? Ich bin überrascht, dass Sie mich deswegen nicht schon früher angerufen haben.«
Der Besuch bei den Parkers am Gooseberry Way war erst zwei Stunden her. Das hieß, ihr Boss erwartete viel von ihr. Ein gutes Zeichen.
»Chief, noch eine Sache.«
»Schießen Sie los.«
»Ich finde, wir sollten diesen Robertson observieren lassen, zumindest bis der Hausdurchsuchungsbeschluss durch ist.«
»Geht in Ordnung.«
»Wann, glauben Sie, werden wir die Durchsuchungsbeschlüsse haben?«, fragte sie noch, als er aufhängen wollte.
»Sobald ich herausgefunden habe, an welchem Teich der Richter angelt.«
Snow fuhr zügig, knapp unterhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung. Er hatte nicht ein einziges Mal in ihre Richtung geblickt, während sie telefonierte. Sie klappte ihr Handy zu und sah ihn in Erwartung einer Reaktion an, doch er verzog keine Miene. Darauf lief es also hinaus. Er würde keine Initiative zeigen, aber er würde ihr auch nicht in die Quere kommen. Nun, damit konnte sie leben.
Sie fuhren nördlich auf der Route 28 und bogen vor der Bourne Bridge ab. Hier reihte sich ein Autohändler an den anderen, darunter war ein kleines Ausstellungsgelände, auf das ein altes Metallschild hinwies: Ragnatelli’s Vintage Automobiles : Fahren Sie ein Stück Geschichte . Das Nummernschild des Fords, den Mister White Nr. 2 gefahren hatte, war von Ragnatelli’s gewesen.
Ungefähr zwanzig Autos, alles Klassiker, die meisten aus den 40er und 50er Jahren, standen auf dem Hof. Amy war keine große Autoliebhaberin, aber auch ihr gefielen die alten Fords und Chevys in jenen Bonbonfarben, die
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