5 Tage im Sommer
Werfer für die Baton Rouge Bombers teilnimmt. Als er gerade auf der Auswechselbank sitzt, flüstert sie ihm zu, dass sie sich kurz einen Becher Kaffee holt. Sie kommt nicht mehr zum Spiel zurück und taucht auch sonst nicht auf. Fünf Tage später verschwindet James aus seinem Haus, während sein Vater den Rasen mäht. Weitere fünf Tage danach wird sein rechter Arm in einem zwanzig Meilen entfernten Sumpf gefunden. Der Rest seiner Leiche taucht nie auf, doch die Mutter wird tot aufgefunden, völlig unversehrt, ohne offenkundige Todesursache. Bei der Autopsie findet man Spuren von Pancuronium, aber es kann nicht nachgewiesen werden, dass diese Droge allein zum Tod geführt hätte. Der Vater begräbt den Arm, und die Zeitungen haben ihre Schlagzeilen. Die Polizei behandelt den Vater als Hauptverdächtigen, doch ihm ist nichts nachzuweisen. Fall nie gelöst.«
Die Wanduhr zeigte 9.15 Uhr. Snow wippte ungeduldig mit dem Fuß, aber Amy schenkte ihrem Kollegen keine Beachtung. Ihr Blick war auf Geary gerichtet, und sie nickte ernst. Er spürte, dass er ihre Aufmerksamkeit gewonnen hatte. Genauso war es früher immer gewesen, wenn er Special Agents zum ersten Mal über einen neuen Fall informierte. Sobald ihr Blick konzentrierter wurde, wusste er, dass sie keine Ruhe mehr geben würden, bis sie den Killer gefunden hatten.
»3. September 1987, Fleetwood, New York. Marjorie Lipnor lässt ihre beiden Kinder für fünf Minuten allein in der Wohnung, um drei Treppen hinunter ins Kellergeschoss ihres Hauses zu gehen, wo sich der Waschraum befindet. Die nasse Wäsche bleibt vor dem Trockner liegen. Fünf Tage später wird der Torso von Daniel Lipnor, sechs Jahre alt, auf der Kleinkinderschaukel eines Spielplatzes gefunden, in einer anderen Stadt in der Gegend. Höchstens drei Stunden tot. Die Brust übersät von frischen Nadelstichen. Am nächsten Tag wird Mrs. Lipnor aufgefunden. Sie wandert nackt und orientierungslos in Bronxville umher. Sie kann sich nicht daran erinnern, was geschehen ist, und gewinnt ihr Gedächtnis auch nicht zurück. Ihr Mann gerät in Verdacht, erweist sich aber als unschuldig. Zwei Jahre später erhängt sie sich, während ihr älterer Sohn in der Schule ist. Der Fall wurde nie geklärt.«
Snow wirkte nach wie vor desinteressiert, aber Amy war nun ganz bei der Sache.
»Ich bin jetzt schon zwölf Minuten dabei, Detective Cardoza«, sagte Geary.
»Fahren Sie fort.«
Geary nahm den vierten Stapel zur Hand und beugte sich ein wenig vor.
»3. September 1994, Cape Cod, Massachusetts. Janice Winfrey verschwindet vom Race Point Beach, wo sie den Tag mit ihrem Mann und ihrem sechsjährigen Sohn Chance verbringt. Sie geht auf die Damentoilette und kehrt nicht wieder zurück. Fünf Tage später verschwindet Chance, als sein Vater ihm den Rücken zukehrt, um auf der Herrentoilette bei Bradlees in der Falmouth Mall das Urinal zu benutzen. Winfrey alarmiert den Sicherheitsdienst, das Geschäft wird innerhalb von vierzig Sekunden geschlossen, doch der Junge wird nie gefunden.«
»Das weiß ich noch.« Snow beugte sich vor. »Alle Wachen auf dem Cape haben daran gearbeitet.«
»Sie auch?«, fragte ihn Amy.
Snow nickte.
»Am 12. September«, fuhr Geary fort, »wird der linke Arm von Chance unter einem Anleger in Woods Hole gefunden. Janice Winfrey taucht wieder auf …«
»Nackt«, ergänzte Snow, »auf einer Bank am Aquarium. Das werde ich nie vergessen.«
»Lebend«, vermutete Amy.
»Wenn man das so nennen will.«
Geary legte den vierten Stapel zur Seite und nahm den fünften zur Hand.
»3. September 2001«, sagte er.
Amy schloss die Augen. »Emily Parker verschwindet vom Parkplatz vor dem Stop & Shop . « Sie öffnete die Augen wieder und sah Geary an. »Heute ist der dritte Tag.«
»Das stimmt. Sie hat drei Kinder, Detective. Die beiden Jungen sind sieben und elf.«
Amy presste die Handballen gegen die Stirn. Dann sah sie Geary wieder an. Sie bemühte sich, ihre Erschütterung nicht zu zeigen. »Was haben Sie da noch für einen Stoß Papier in der Hand?«
Geary strich das oberste Blatt glatt. »Danke, dass Sie nachfragen, Detective Cardoza.« Es handelte sich um die Charakterskizze, die er nach seinem Lunch mit Bell und seinen Gesprächen mit Tom vom VICAP formuliert hatte. Er hatte fast die ganze Nacht mit deren Abfassung verbracht, damit er den Fall so vollständig wie möglich übergeben und sich später am Nachmittag mit Roger Bell zur verabredeten Runde Golf treffen konnte. Auch wenn sie
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