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5 Tage im Sommer

5 Tage im Sommer

Titel: 5 Tage im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Die Kinder sind das ganz besondere Kennzeichen. Von ihnen weiß nur Mister White.«

VIERTER TAG

KAPITEL 21
    D avid konnte den Fernseher hören: Sam hatte bestimmt den Zeichentrickkanal eingestellt. Es war so still ohne Maxi. Sie sollte heute zurückkommen, und David war froh. Er mochte das Krankenhaus nicht und wollte auch nicht noch einmal dorthin. Es war gruselig mit all den kranken und verletzten Leuten.
    Er stieg aus dem Bett, stand einen Moment in seinem Pyjama da und machte sich selbst vor, dass seine Mutter zu Hause wäre. Sie wäre in der Küche, um ihnen Pfannkuchen und Eier zu machen. Sie würde ihnen Saft einschenken. Im Winter mischte sie immer heimlich ein paar Tropfen Echinacea in ihren Saft, weil sie es sonst nicht nahmen. Aber er tat so, als würde er es nicht wissen, und trank den Saft, um ihr eine Freude zu machen. Oder vielleicht wusste sie ja auch, dass er von den Tropfen wusste. Vielleicht verstellten sie sich ja beide. Vielleicht verstellte sie sich auch jetzt, und das alles hier war nur ein Riesenschwindel. Vielleicht war sie in der Küche und machte Pfannkuchen. Vielleicht war es Dienstagmorgen und nicht Donnerstagmorgen, und sie war spät zurückgekommen, und es war alles nur ein böser Traum gewesen, der jetzt vorüber war.
    Er ging am Bad vorbei in die Küche.
    Eine Schüssel mit durchweichtem Gorilla-Munch stand in einer Milchpfütze auf dem Küchentresen. Sams Frühstück. Die Zeichentrickfilme waren zu laut aufgedreht.
    Dad saß am Esszimmertisch, auf dem es schlimmer aussah als je zuvor. Er hatte einen Notizblock und einen Kugelschreiber vor sich liegen und telefonierte.
    »Morgen, David.« Dad legte auf. Er sah ziemlich übel aus. David nahm an, dass er die ganze Nacht wach gewesen war. Nach dem Spätfilm hatte er wahrscheinlich den nächsten gesehen und dann den nächsten auch noch. David wusste nicht, was sein Vater mitten in der Nacht tat, aber Schlafen war es offenbar nicht.
    »Wie spät ist es?« Er wusste nicht, warum er fragte, denn er konnte ja selbst die Küchenuhr sehen. Es war nach neun. So lange schliefen sie sonst nie.
    »Ich habe schon in der Schule angerufen«, sagte sein Vater. »Mach dir darum keine Sorgen. Sie haben gesagt, dass am ersten Tag nicht besonders viel geschieht.«
    »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Mrs. Soundso.« Sein Vater versuchte ein Lächeln, aber es missglückte.
    »Kenn ich nicht.«
    David nahm sich eine Schüssel aus dem Schrank und füllte sich etwas Gorilla-Munch ein. Seine Mom hielt sehr viel von Reformkost-Cornflakes, und sie schmeckten auch tatsächlich ganz gut, wenn man sich erst mal dran gewöhnt hatte. Ob Dad und Grandma weiterhin bei diesen Gorilla-Munch bleiben oder zu den normalen Marken zurückkehren würden? David goss etwas Milch in die Schüssel, holte sich einen Löffel und setzte sich mit dem Rücken zu seinem Vater an den Frühstückstresen. Er wollte mithören, wollte herausfinden, was los war. Aber sein Dad hatte aufgehört, Telefonnummern zu wählen, und jetzt hörte man nur noch Davids Kauen und ab und zu ein blechernes Lachen aus dem Fernseher. Nach ein paar Minuten sprach Dad. »David.«
    David legte seinen Löffel zur Seite und drehte sich um.
    Dad stützte die Hände flach auf den Tisch. »Wir fahren heute alle zusammen nach Hause. Ihr bleibt bei Grandma in New York, und ich werde wieder hierher zurückkommen und auf Mom warten.«
    »Und was ist mit Maxi?«
    »Wir holen sie aus dem Krankenhaus ab, und dann fahren wir.«
    »Ich will aber nicht wegfahren.«
    »Du fährst aber. Wie wir alle.«
    »Du hast uns gestern gesagt, dass sie Mom finden werden. Wir müssen auf sie warten. Wir dürfen nicht einfach wegfahren.«
    »Wir fahren aber. Iss dein Frühstück und zieh dich an.« Dad stand auf. Er hatte dieselben zerknitterten Shorts an wie gestern und auch das abgetragene schwarze T-Shirt mit dem großen roten Fuß, der einem kleinen Mann weit voranschritt und unter dem Keep On Truckin’ zu lesen stand. David war es immer peinlich, wenn Dad dieses alte Shirt trug, aber es hieß, es sei das allererste Geschenk gewesen, das Mom ihm gemacht hatte, als sie angefangen hatten, miteinander zu gehen. Dad mochte nämlich die Grateful Dead. Mom spielte sogar manchmal einige ihrer Songs auf dem Cello, um Dad eine Freude zu machen. Wenn sie das tat, ging David immer aus dem Zimmer. Ältere Leute waren wirklich langweilig. Aber in diesem Augenblick würde er alles dafür geben, Mom etwas auf dem Cello spielen zu hören. Er würde

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