Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
5 Tage im Sommer

5 Tage im Sommer

Titel: 5 Tage im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
Vom Netzwerk:
leerem Liegeplatz stehen. Daniel Lipnors Rumpf kam ihm in den Sinn, der noch warm auf der Babyschaukel gelegen hatte, die schmale Brust von frischen Nadelstichen übersät. Er war sechs Jahre alt gewesen und groß für sein Alter, hatte ausgesehen wie sieben.
    Sieben Jahre alt. Alle sieben Jahre, auf den Tag genau.
    Was war Roger im Alter von sieben Jahren geschehen, am 3. September?
    Was war mit seiner Brust geschehen?
    Was verbarg er unter seiner Augenklappe?
    Kalter Schweiß sammelte sich auf Gearys Haut, und eine Welle von Übelkeit überkam ihn. Er fiel auf die Knie und stützte seine Handflächen auf den Rand des Anlegers. Sagredo und Graves näherten sich ihm und hielten dann inne. Ihr Job war es zu beobachten, nicht mehr. Geary beugte sich über das dunkle Wasser und erbrach sich.
    »Roger hat ein Boot«, sagte Geary leise.
    »Was für eins?« Amy durchquerte den Raum und blieb vor ihm stehen. Sie nahm sein Gesicht in die Hände und drehte es in ihre Richtung. »Wo hat er es liegen?«
    » Nimmerland . «
    Amy blinzelte. »Was?«
    »Er hat es Nimmerland genannt. Peter Pan. Der Junge ohne Mutter, der nicht groß werden wollte.«
    »John, wir verlieren Zeit.«
    »Es ist ein SeaRay Sundancer, klein, Innenkabine, funktionstüchtige Kombüse. Latrine. Nichts Außergewöhnliches. Liegt bei Point Isabella in der North Bay, ist jetzt aber nicht dort. Er muss rausgefahren sein. Die Corvette hat er auf dem Anleger geparkt.«
    Kaminer und Sorensen stürzten sich wie beutegierige Raubtiere auf ihre Telefone. Wenige Minuten später wussten sie, dass Bells Boot sich seit einer Woche nur unregelmäßig an seinem Liegeplatz befunden hatte.
    »Jeden einzelnen Yachthafen!«, bellte Kaminer in sein Telefon. »Die Küste rauf und runter, von Connecticut bis nach Maine. Jeden Anleger an der Ostküste, haben Sie mich verstanden? Jeden lausigen kleinen Anleger an jeder Pfütze!«
    »Sir«, sagte Amy, »was machen wir mit Robertson? Er wird noch immer beschattet.«
    »Holen Sie ihn her«, sagte Kaminer. »Wir werden schon zusammenbringen, was wir brauchen, um ihn wegen Handel mit Kinderpornographie einzubuchten. Ich lasse diesen kranken Abschaum in meiner Stadt nicht frei herumlaufen. Schließlich habe ich Enkelkinder.«
    Geary zwang sich dazu aufzustehen. Ihm war ein wenig schwindlig. Er brauchte Kaffee, musste wach werden. Musste dieser neuen bitteren Wahrheit ins Gesicht schauen, wollte es aber nicht, konnte es noch immer nicht recht glauben.
    Will Parker stand auf und ging zu Geary hinüber. Parker, den das schlimmste Unglück seines Lebens ereilt hatte und der dennoch besser dran war als Geary. Denn er war nicht verraten worden. Geary war fassungslos. Er hatte so oft erlebt, wie Menschen durch einen Schock aus dem selbstzufriedenen Vertrauen in die Sicherheit ihrer klar definierten Welt herausgerissen wurden. Andere Menschen. Nicht er selbst.
    Will stand vor Geary und streckte einen Arm aus, damit er sich stützen konnte. Geary nahm das Angebot an.

KAPITEL 25
    H ier unten?«
    Die Luke ging auf, und ein Schwall frischer Luft trug Sammys Stimme herein. Das Geräusch von schnellen leichten Turnschuhtritten und schweren gleich dahinter: der Maismann, der Maismann , nein . Konnte Sam sie sehen? Sie spürte, dass er sich auf dem Boot bewegte, als wäre er auf einem Schulausflug, ständig auf der Suche nach Neuem. Sie fürchtete den Augenblick, in dem er sie erkannte. Er würde begeistert sein, doch dann würde sein Gesicht von Verzweiflung überschattet werden. Sie stöhnte durch das Klebeband und schüttelte ihren nackten Körper.
    »Mom!«
    Seine Stimme klang dünn vor Angst. Er musste einen fürchterlichen Eindruck von ihr haben, sie für eine Schwindlerin halten.
    War alles, was sie ihn zu glauben gelehrt hatte, falsch? Hatte sie ihm nicht beigebracht, nicht mit Fremden zu reden? Hatte er nicht gelernt, sich zu verteidigen? All die Worte und die Lektionen, hatte sie so jämmerlich bei ihrer Aufgabe versagt? Stellte Sarah sich dieselbe Frage? War alles Emilys Schuld? Sie hätte einen BH tragen sollen, sie hätte ihren Kindern mehr beibringen sollen, sie hätte mehr zu Hause sein sollen, sie hätte niemals danach streben dürfen, Zeit allein zu verbringen, um zu arbeiten oder einkaufen zu gehen.
    Sie hörte die dumpfen Geräusche eines Kampfes und Sammys schrillen Schrei, der abgewürgt wurde, Panik erfasste sie, doch sie konnte sich nicht bewegen. Ihre Muskeln gehorchten ihr nicht. Sie hörte, wie er dicht bei ihr auf den Boden

Weitere Kostenlose Bücher