5 Tage Liebe (German Edition)
verstehen. Ich habe es ja selbst noch nicht ganz verstanden. Wieso passieren manche Dinge im Leben so schnell, dass man nicht mehr mitkommt? Vor knapp zwei Stunden war ich panisch, hatte alles verloren, fühlte mich wie ein Verlierer. Wieso? Weil ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen habe. Aber als ich auf dem Weg zur Tankstelle war, fielen mir die Worte eines alten Kumpels ein, Markus. Jedes Mal, wenn wir uns in der Stadt trafen, beschwerte er sich über die Tatsache, dass er kein Auto hatte. Immer musste er ein Taxi oder die letzte S-Bahn nehmen. Das wurde auf Dauer zu teuer, oder der Abend endete zu früh. Egal wie er es drehte, es nervte ihn. Aber sein Budget war begrenzt, und die Suche nach einem fahrbaren Untersatz wurde zur Tortur. Er habe doch nur wenige tausend Euro und würde alles für einen Fiesta wie meinen geben. In der Euphorie der Couch-Aktion hatte ich den Fokus einzig und alleine darauf gelegt, und alles andere vergessen oder aus dem Weg geschoben. Aber einen Anruf und einen Bankgang später saß ich in der S-Bahn – und Markus in meinem ehemaligen Fiesta.
Jetzt habe ich Maya an meiner Seite und führe sie mit jedem Schritt weiter weg von ihrer Vergangenheit. Wenn ich ganz viel Glück habe, dann wird sie eines Tages vergessen, was alles hier in diesem Viertel passiert ist. Und wenn ich nicht ganz so viel Glück habe, dann wird sie sich manchmal noch daran erinnern. Wird vielleicht nachts aufwachen und weinen. Aber selbst wenn das passiert, werde ich da sein. Ich lasse nicht zu, dass noch einmal jemand etwas tut, das sie verletzt. Das habe ich mir geschworen. Als wir auf das kleine grüne Männchen an der nächsten Ampel warten, greife ich in die Innentasche meiner Jacke und fische meinen Geldbeutel heraus. Ich lasse mir Zeit, als ich die Geldscheine zähle und Mayas Gesicht beobachte. Ihre Augen sind so groß wie Murmeln auf dem Schulhof, und ihr Mund steht offen, als wolle sie jeden Moment losschreien. Ich falte die Scheine zu einem kleinen Päckchen und überreiche sie ihr feierlich mit einer kleinen Verbeugung.
„Zweitausend Euro.“
„Oh – mein – Gott!“
Ihre Hände zittern, als sie die Geldscheine berührt, und in ihren Augen spielt sich ein Gewitter aus Freude und Unverständnis ab. In meinem ganzen Leben war ich niemals der Held für jemanden und habe das Gefühl auch nie vermisst. Jetzt erlebe ich es zum ersten Mal. Gomez schießt den Siegtreffer für Deutschland, eine ganze Nation jubelt wie verrückt, er lässt sich von seinen Mitspielern umarmen.
Mich umarmt nur Maya, und es fühlt sich genau richtig an. Sie küsst meinen Hals, meine Wange, mein Ohr. Ich spüre, wie warm ihre Lippen im Vergleich zu meiner Haut sind.
„Danke. Danke. Danke. Du bist unglaublich.“
Mit geschlossenen Augen sehe ich nicht, ob die Ampel auf grün gesprungen ist, aber ich habe plötzlich keine Eile mehr, nach Hause zu kommen. Ich habe gar keine Eile mehr, das Leben könnte genau jetzt die Pausentaste drücken und ich würde es genießen.
„Aber wenn du dein Auto verkauft hast ... wie kommen wir dann nach Barcelona?“
Heißt es nicht, wenn sich eine Türe schließt, öffnet sich dafür eine andere? Ein Fenster? Eine Katzenklappe? Ich habe noch keinen neuen Plan, aber ich bin mir sicher, wir finden einen Weg, und an Mayas sanftem Lächeln erkenne ich, dass es ihr ganz ähnlich geht. Im Moment ist das alles nicht wichtig. Sie hat das Geld für Fabian, und nur das ist wichtig.
Ihr Körper sieht unter der Dusche noch besser aus. Der Schaum des Duschgels läuft über ihren Bauch wie ein milchiger Fluss, der sich vor ihrem Bauchnabel spaltet und in zwei Nebenflüssen weiterläuft. Sie massiert das Shampoo in meine Haare und tobt sich dabei kreativ aus. Mal sehe ich aus wie Adolf Hitler, mal wie David Beckham (niemals hätte ich gedacht, diese beiden Namen in einem Satz unterzubringen), dabei lacht sie und scheint diese Dusche sehr zu genießen. Während ich ihren Körper betrachte, diesmal nicht ganz so heimlich, ertappe ich mich bei der Suche nach mehr Verletzungen oder Narben. Entweder ich stelle mich dabei gut an, oder sie entscheidet sich, es zu ignorieren. Sie genießt die Tatsache viel zu sehr, hier unter dem warmen Wasserstrahl zu stehen. Ihre Augen sind geschlossen, das Wasser prasselt auf ihren Rücken, und sie lächelt stumm.
Ich stehe neben ihr, kriege nicht ganz so viel von dem Wasser ab und friere ein bisschen, will aber nichts sagen. Sie genießt diesen Moment. Ich
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