5 Tage Liebe (German Edition)
Schlafen in einem unbeheizten Sprinter in der französischen Autobahnwüste im Frühjahr wird nicht den Top-Spot in meinem Unterhaltungsprogramm mit Maya erklimmen.
Während der nächsten Stunden wird Maya immer stiller, die Stimme der Navigationsfrau immer schwerer zu ertragen und die Strecke immer fremder. Ein ungutes Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit. Ob es der Hunger, der abgelaufene Thunfisch mit der säuerlich schmeckenden Mayonnaise, oder doch meine Panik ist? Panik wovor? Ich sehe immer wieder die leuchtenden Anzeigen auf meinem Armaturenbrett. Ich weiß auswendig, wie schnell ich fahre, welche Lichter ich eingeschaltet und wie viele Liter Benzin ich noch im Tank habe. Aber die Anzeige, die mir am grellsten entgegen leuchtet, ist eine ganz andere. Es ist die Uhr, die mir unmissverständlich klar macht: Fuchs, deine Zeit tickt! Fünf Tage sind bald um. Wenn ich heimlich zu Maya schaue, werde ich traurig; denn sie wird mit jedem Kilometer aufgeregter. Ich weiß jetzt, was sie mit den fünf Tagen meint. Wir haben alles erlebt, was man erleben kann in diesen fünf Tagen. Ich habe mich zuerst verguckt, dann verknallt und schließlich verliebt. Wer behauptet, man braucht Wochen oder Monate, um zu wissen, ob man verliebt ist oder nicht, der lügt. Weil man nämlich nicht auf den Kopf hört. Man hört auf das Herz. Und das Herz weiß sofort, ob es verliebt ist. Meines hat die Schlagzahl erhöht, als Maya sich zum ersten Mal in meinen verbeulten Ford Fiesta gesetzt hat. Danach waren wir (also ich und mein Herz) auf Wolke sieben. Nur leider nicht nonstop. Maya wollte gehen, mein Herz mitnehmen, es zertrümmern, zertreten und zerschlagen, nur um es dann wieder zusammenzukleben und schützend in ihrer Hand zu halten. Das Blöde an diesen fünf Tagen ist, ich habe Gefallen daran gefunden. Ich möchte mehr! Ich möchte noch viel, viel mehr davon!
Spanische Autobahn ist wie deutsche Autobahn. Nur spanischer. Vielleicht sehe ich auch nur deswegen alles etwas bunter, weil ich die zweite Dose Red Bull trinke, um den ätzenden Geschmack von der Bohne mit „Popcorn Peanut Butter“-Geschmack runterzuspülen. Maya hat Spaß daran, auch wenn die Augen deutlich ihren Müdigkeitszustand anzeigen. Nur eine Frage der Zeit, bis ihr Kopf gegen die Scheibe sinkt und ihre Atmung ruhig und gleichmäßig wird.
Jetzt redet nur noch die Navitante mit mir, zu meinem Glück auf Deutsch, was die Aussprache der spanischen Städte und Ortschaften zu einer humoristischen Einlage auf der trüben Autobahn macht. Es wird wärmer, das merkt man selbst im Wagen. Auch in Spanien scheint man noch auf den warmen Frühling zu warten, aber im Vergleich zu Stuttgart ist es hier deutlich wärmer.
Maya schläft, als wir das Ortsschild von Barcelona passieren. Einen kurzen Moment möchte ich sie wecken, damit sie dabei ist, aber ich tue es nicht. Ich habe Angst davor. Es ist kurz nach zweiundzwanzig Uhr, ich bin müde, ausgebrannt, hungrig und ängstlich. Dieser Zustand kommt einem betrunkenem Zustand sehr nahe, und ich habe Angst, mich gegebenenfalls genauso zu benehmen. Also lasse ich Maya schlafen und hoffe auf noch etwas Zeit.
Ich denke nach. Ich muss etwas tun, etwas Besonderes. Etwas, das ihr zeigt, wie sehr ich sie liebe, ohne es zu sagen. Eine Geste. Es muss ein Moment sein, den sie nie mehr vergessen wird.
Und manchmal, wenn man nicht weiß was man tun soll, taucht hier und da ein kleines Schildchen auf, das uns den Weg weist. Schicksal vielleicht? Ich glaube nicht an Schicksal, ich glaube an Karma. Ich denke, wir Menschen haben eine Art Konto für gute Taten, auf das wir einzahlen, wann immer wir etwas Gutes tun. In meinem Fall würde es mich nicht wundern, wenn ich jetzt gerade schwarze Zahlen schreibe. Aber es muss einiges auf dem Konto sein, um mir jetzt dieses Schildchen zu schicken. Und so setze ich den Blinker, obwohl sich die freundliche Stimme des Navigationssystem heftig beschwert und mich dringend dazu auffordert, zu wenden oder bei der nächsten Möglichkeit rechts wieder abzubiegen. Aber wenn ich schon nicht auf die Stimme in meinem Kopf höre, wieso dann auf sie? Ich folge dem Schild und taste mich mehr und mehr in ein buntes Barcelona. Jede Straße überrascht mich mit einer anderen Kleinigkeit, die es so in anderen Städten wohl nicht geben wird. Eine Sammlung von Ideen und kreativen Momenten, so bunt und lebendig. Anders und wild, doch gleichzeitig so ruhig. Als hätte diese Stadt ihre Ruhe gefunden, als wäre sie
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