5 Tage Liebe (German Edition)
auch wenn der grüne Farbstoff nicht darauf schließen lässt. Am liebsten würde ich neunzig Prozent der kleinen Bohnen unzerkaut auf die Autobahn spucken, aber Maya hat so unheimlich viel Spaß dabei – es wäre eine Schande, das zu verderben.
Meine Augen sind blutunterlaufen, ich bin unendlich müde, halte mich aber recht gut, wie ich finde. Patrick hat vor ungefähr einer Stunde angerufen um zu überprüfen, wie es uns geht, ob wir leben und wieso wir uns nicht melden.
Ich stapfe zurück zum Sprinter, den Maya geschickt in eine große Parklücke manövriert hat. Sie sieht mich lächelnd an.
„Wir haben uns angefreundet.“
„Du hast den Rückwärtsgang gefunden?“
Ich muss grinsen, weil Maya tatsächlich Probleme hat, die Gänge zu finden. Wir haben das Ganze noch in Deutschland probiert, als sie großspurig behauptete, mich ablösen zu können. Nicht, weil ich den Eindruck erweckt habe, ich würde kaum noch auf der linken Spur durchhalten, sondern weil wir uns über die Wahl des Radiosenders gestritten haben. Mir wurde das Gedudel zu viel, und so habe ich sspontan meinen Lieblingssender gesucht, nämlich einen rockigen Sender. Gerade für lange Fahrten auf der Autobahn eignete sich dieser Sender meiner Meinung nach hervorragend. Aber Maya wollte lieber zurück zu einem belanglosen Popsender.
„Hey! Du kannst doch nicht mitten im Lied umschalten.“
„Ich bin der Fahrer, ich kann und darf alles.“
„Nicht wenn der Beifahrer gerade den Refrain mitsingt.“
Ihre kleine Falte zwischen den Augenbrauen zog sich zusammen. Ich liebe es, wenn sie so was macht.
„Nein, dann erst recht!“
„Wieso darf nur der Fahrer entscheiden?“
Ich zuckte wahrheitsgemäß die Schultern.
„Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, denke ich.“
„Dann fahr raus, ich übernehme das Steuer!“
Sie klang so überzeugt, also wollte ich ihr diese Chance gebe. Allerdings war ganz schnell klar, Maya und Patricks Sprinter, das war wie Modern Talking nach 2004 – nicht vorstellbar. Sie fand die Gänge nicht, sie kam mit den Außenspiegeln nicht klar, sie hatte einfach kein Gefühl für dieses motorisierte Ungetüm. Mein Grinsen machte sie wütend, was zu trotzigen Reaktionen ihrerseits und zu Lachanfällen meinerseits führte.
Maya gab auf, was ihr gar nicht gefiel, und so fuhren wir die kommenden Kilometer in Begleitung meines Radiosenders.
Jetzt aber steht sie neben dem Sprinter und ist stolz wie Oscar. Während ich näher komme, schiebt sie die Seitentür auf und gibt den Blick auf meine Couch frei. Auf dieser liegen all unsere Kissen und Decken, die wir bei unserer Abreise mitgenommen haben. Jetzt hat sie alles schön hergerichtet, es sieht fast gemütlich aus.
„Wir sollten ein bisschen schlafen. Sonst fährst du uns noch gegen einen Baum.“
„Ich schaffe das schon.“
Aber die Wahrheit ist: noch nie sah meine Couch besser und gemütlicher aus als in diesem Moment. Maya greift nach meiner Hand, zieht mich zu sich und umarmt mich fest. Das hat sie inzwischen perfektioniert. Ganz im Ernst, manchmal umarmt man Leute und merkt sofort, es passt nicht zusammen, es fühlt sich falsch und gestellt an. Aber mit Maya ist es anders. Ihr Körper hat sich inzwischen perfekt an meinen angepasst. Als würde man ein letztes Puzzlestück in das Gesamtbild einfügen, ganz ohne Mühe, weil es eben der perfekte Platz ist. Sie weiß ganz genau, wo sie ihre Arme, ihren Kopf und ihre Hände hinlegen muss, um möglichst viel von meinem Körper an ihrem zu spüren. Ich bin dann schnell hilflos und ergebe mich.
„Jonas, du musst ein bisschen schlafen, ich bitte dich.“
Und so kriechen wir unter drei Decken, liegen ganz eng bei einander, und hoffen, es wird bald warm. Mayas Hände steckt sie unter die Decke, ihre Mütze hält die Locken zurück. Ich habe meine Mütze bis über die Augen und die Jacke übers Kinn gezogen.
Es ist frisch, es ist fast schon ungemütlich, aber mein Rücken dankt mir diese kurze Pause. Mayas warmer Atem an meiner Wange macht auch diesen Moment unverzichtbar. Langsam schiebt sich ihre Hand unter meine Decke, unter meinen Pullover, unter mein T-Shirt, zupft mein Unterhemd aus der Hose und legt ihre aufgewärmte Hand auf meinen Bauch. Etwas, das sie sehr gern tut und ich sehr genieße. Es ist unsere kleine Art von Intimität.
Mit einem Lächeln schlafe ich ein.
Meine Nase ist noch immer kalt, aber zumindest habe ich wieder ein Gefühl in den Fingern, mit denen ich das Lenkrad umschlossen halte.
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