5 Tage Liebe (German Edition)
Fehler gemacht?
Ich laufe weiter durch die Straßen, vorbei an Cafés und Bars, an Ständen, die mir hemmungslos und ohne Erfolg versuchen, ein Trikot des FC Barcelona aufzudrängen. Ich kann den Ausführungen der Verkäufer kaum folgen, mein Spanisch lässt leider nur „Messi, Messi, Messi“ zu. Ich nicke freundlich und eile dann weiter.
Ich beachte die Basilica de Santa Maria del Mar nicht wirklich, obgleich ich mir ihrer Schönheit bewusst bin. Mein Reiseführer hat mir geflüstert, nicht weit von hier ist auch das Museu Picasso. Bei Nacht habe ich den Weg recht zügig gefunden, bei Tag werden meine Schritte langsamer. Ich hatte immer angenommen, Barcelona würde künstlerisch quasi Gaudi gehören, da seine Einflüsse überall zu sehen sind, und niemand sich Barcelona ohne diesen Künstler vorstellen kann. Man stelle sich vor, alle Gebäude, an denen Gaudi beteiligt war, würden aus Barcelona verschwinden. Die Stadt wäre so nackt wie Stuttgart ohne Kessel, ohne Fernsehturm, ohne den VfB. Picasso hat sich selbst mehr als Katalane denn als Andalusier gefühlt, obwohl er erst im Alter von dreizehn Jahren nach Barcelona kam. Man sagt, er habe das Malen erst hier gelernt. Obwohl er viele Jahre malend in Frankreich verbracht hat, liegen seinen Wurzeln hier, direkt hier. Und ich will sie sehen.
Wieder stehe ich vor dem Gebäude und bemerke jetzt erst, wie groß es wirklich ist. Ein Mann sieht mich fragend an – und mir wird klar, er will wissen, ob ich eine Eintrittskarte kaufen will oder nicht. Ich will.
Für Kunst abseits der multimedialen Ecke habe ich mich kaum interessiert. Wie sich jetzt zeigt, war das ein großer Fehler. Ich gehe durch alle Stockwerke und Räume, die seine Arbeiten in chronologischer Reihenfolge wiedergeben. Von manchen Werken habe ich gehört oder gelesen. Sie aber jetzt zu sehen, ist ein ganz anderes Gefühl. Wie lange ich mich zwischen den Kunstwerken aufhalte, weiß ich nicht. Ich gehe durch die Räume, manchmal zweimal, und schaue in aller Ruhe. Ich frage mich, wie es sich für Maya anfühlen muss, jetzt nicht mehr nur in Gedanken solche Museen betrachten zu können. Ich versuche, die Bilder mit ihren Augen zu sehen, und entdeckte tatsächlich in einigen von ihnen eine Art Rettungsanker für Verlorene wie mich. Sie strahlen manchmal Wärme, manchmal Wut, manchmal Liebe aus. Ich kann verstehen, wieso sich Maya Orte wie diese zur gedanklichen Flucht gesucht hat.
Nachdem ich mir sicher bin, jedes Bild gesehen zu haben, will ich schon die Treppe nach unten gehen, als mich ein Herr darauf aufmerksam macht, ich hätte das Stockwerk ganz oben vergessen, was eine Schande wäre. Ich bin mir nicht sicher, was ich von ihm halten soll, da er mich stark an eine katalanische Version von Diego Armando Maradona erinnert; aber vermutlich ist genau das der Grund, wieso ich seiner Aufforderung folge und wieder die Treppen nach oben gehe.
Und was lerne ich daraus? Vertraue immer auf „die Hand Gottes“. In einigen Räumen könnte meine Kopfhaltung an einen Besuch beim Barbier erinnern. Ich recke den Kopf nach oben wie die wenigen anderen Besucher hier, um die Deckenmalerei zu betrachten. Beeindruckend und schön. Vor allem aber lenkt es ab. Auf eine merkwürdige Weise bringt es mich näher an Maya, weil ich ohne sie vermutlich niemals hier wäre. Nicht in dieser Stadt, nicht an diesem Ort.
Ich nehme auf einer Bank am Ende des Raumes Platz und betrachte die Decke in aller Ruhe. So ist es also. Barcelona mit Maya, aber ohne sie. Ich bin hier, wo sie sein sollte, aber sie ist es nicht. Sie ist bei Fabian, wo sie auch hingehört. Ich muss nur lernen, es zu sagen, ohne dass mir der blöde Unterton meiner Eifersucht über die Lippen kommt. Ich klinge wie ein Schuljunge. Ich will Maya eben auch für mich. Jetzt hätte ich sie so gern hier. Dieses Museum mit ihr zu erleben, wie unvergesslich hätte das sein können! Es ist ein komisches Gefühl ... Maya hat sich während der wohl unangenehmsten Momente ihres Lebens an genau diesen Platz gewünscht. In Barcelona fühle ich mich unendlich fehl am Platz, aber hier drin genieße ich es. Die Ruhe, die Bilder und Skulpturen, es ist wirklich ein beeindruckender Ort. Ein bisschen scheine ich ihrem Vorbild zu folgen, immerhin habe auch ich mich hierher verkrochen und fühle mich nicht mehr ganz so mies. Nur allein. Ich habe Hunger und vielleicht lässt ich hier irgendwo in der Nähe etwas auftreiben. Spanische Küche ist ja nicht umsonst weltweit beliebt.
Als
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