5 Tage Liebe (German Edition)
berühren kann und darf.
„Wochenende klingt gut.“
Ich habe noch eine Frage. Sie brennt in meinem Kopf seit gestern Nacht, und ich muss die Antwort hören. Während ich meine Hand sanft unter ihr T-Shirt schiebe, sehe ich sie an.
„Gestern Nacht, als Fabian die Fische gefüttert hat ...“
„Ja?“
„Da hast du doch was zu mir gesagt ...“
Für gewöhnlich klopft man, bevor man einen Raum betritt, aber Fabian hat das offensichtlich nicht nötig – denn plötzlich steht er im Raum, direkt vor dem Bett. Maya schiebt zuerst meine Hand, dann mich etwas zur Seite.
„Hey du. Was ist los? Kannst du nicht schlafen?“
Fabian sieht Maya und mich einen kurzen Moment an. Ich rücke etwas weiter weg, was Maya mir gleichtut. Sie setzt sich auf und greift nach Fabians Händen.
„Hast du schlecht geträumt?“
Er schüttelt den Kopf.
„Der Fisch war so groß!“
Er klingt aufgeregt, und da ist dieses verschobene Lächeln. Sofort lächelt auch Maya und ich kann mich auch nicht dagegen wehren. Fabian hat die Gabe, Leute mit seinen Gefühlen anzustecken, wenn er sich traut, sie zu teilen. Maya klopft neben sich aufs Bett, sofort nimmt ihr Bruder Platz.
„Das war auch ein großer Tag für dich.“
Er nickt und fängt an zu reden. Seine Stimme überschlägt sich, er wiederholt Momente immer wieder, die ihm besonders wichtig erscheinen, schwärmt von den Fischen, dem Gefühl, die Flosse zu berühren, dem Geräusch, wenn der Delfin Wasser rauspustet. Maya nickt, sitzt im Schneidersitz neben ihm und wirkt gar nicht mehr müde. Vielleicht hat Elke recht, und diese Therapie öffnet etwas die Tür zu seiner Welt. Vielleicht traut er sich endlich etwas mehr in unsere und wird sehen, so schlimm ist sie gar nicht. Nicht solange jemand wie Maya da ist.
Ich rolle mich auf die Seite und warte ab. Vielleicht erwarte ich, dass Fabian irgendwann wieder ins Bett will, aber er redet und redet und wird dann endlich müde.
„Willst du heute hier schlafen?“
Ich sehe zu Maya, die mich scheinbar vergessen hat. Fabian hingegen sieht zu mir herüber. Schnell versuche ich, ein freundliches Gesicht zu machen. Maya folgt seinem Blick, als würde ihr jetzt wieder einfallen, dass ich auch noch da bin. Unsere Blicke treffen sich, und ich berechne den verbleibenden Raum im Bett, wenn drei Personen hier schlafen. Schnell komme ich zum gleichen Ergebnis wie Maya. Ich hole tief Luft, aber ihr Blick stellt stumm die Frage.
„Oh. Ja. Klar. Ich schlafe im Wohnzimmer.“
Bevor mir oder ihr oder sonst wem einfällt, dass es dort keine Couch gibt, rollt sich Fabian in die Mitte des Bettes und schließt die Augen. Mayas Blick sagt überdeutlich ,Danke!' und ihr Lächeln will mein Herz wie immer schmelzen lassen. Ich schnappe mein Kissen und stapfe ums Bett herum in Richtung Tür. Bevor ich sie schließe, sehe ich, wie Maya sich neben Fabian legt und ihn beobachtet. Alles, was sie getan hat, war und ist für diese eine Person. Sie hat verdient, all das zu genießen, weil sie einen unglaublich hohen Preis bezahlt hat.
Langsam schließe ich die Tür und gewöhne mich an die Dunkelheit im Flur. Auch ich habe alles in den letzten paar Tagen nur für eine Person getan. Und auch ich würde gerne neben ihr liegen.
Aber stattdessen schlafe ich zusammengerollt auf dem Sessel im Wohnzimmer mit dem Kissen im Arm ein, während meine Füße kalt werden.
Jemand legt mir eine Decke über, und ich fahre erschrocken aus einem dieser Träume hoch, an die man sich nicht erinnern möchte. Elke steht vor mir und lächelt freundlich. Ich spüre meine Knie nicht mehr, meine Füße müssen blau sein, mein Nacken schmerzt.
„Morgen.“
Ich schließe die Augen wieder und hoffe, dass alles anders aussieht, wenn ich sie wieder öffne. Dann liege ich in meinem großen Bett in meiner Wohnung, spüre Maya neben mir und weiß, es ist nur eine kleine Strecke bis zum Bäcker, wo ich mir meine Quarktasche holen kann.
Aber es ist immer noch Elkes Gesicht, in das ich schaue.
„Ich habe dir Kaffee gemacht.“
„Danke.“
Elke ist eine gute Mutter, vollkommen egal, was sie glauben mag oder was andere vielleicht über sie sagen. Ich merke es an der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht und auch mit mir. Nur Mütter sind so.
„Maya sagt, du willst dir heute die Stadt ansehen.“
Ich strecke meine Beine aus und spüre einen ziehenden Schmerz in beiden Waden. Ich erinnere mich nicht mehr so genau an das, was sie gesagt hat. Oder an unser Gespräch.
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