50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
das Steingewirr hinein. Plötzlich blieb der vorangehende Steinbach stehen, gab einen Wink und flüsterte:
„Horch, hörst du etwas?“
„Ja. Das Brett eines Muezzin.“
Beide lauschten angestrengt, und wirklich, da ertönte, wie aus einer anderen Welt herüber, durch die tiefe Stille der Steinwüste die klare, sonore Stimme des Ausrufers:
„Ja el Moslemin, hai el sallan – auf, ihr Gläubigen, rüstet euch zum Gebet!“
„Sie sind hier!“ sagte Hilal, vorwärts deutend.
„Ja, aber in ziemlicher Entfernung. Wir werden also nun unsere Vorsicht verdoppeln müssen.“
„Sie beten zu spät. Sie konnten hier inmitten der Felsen nicht sehen, wenn die Sonne sich in das Sandmeer taucht. Allah wird also ihr Gebet nicht erhören; er liebt die Pünktlichkeit.“
Steinbach mußte über die Naivität des frommen Jünglings lächeln, sagte aber kein Wort, denn aus der Ferne drang soeben ein tiefer, dumpfer Ton zu ihnen, wie das Rauschen eines Wassers.
„Sie beten“, flüsterte Hilal. „Wie unvorsichtig! Damit zeigen sie uns den Weg. Auf einem Kriegszuge muß man jeden Lärm vermeiden.“
„Daß sie dies unterlassen, beweist, daß sie sich ganz sicher fühlen. Gehen wir weiter!“
Es wurde immer dunkler. Dies aber war beiden Männern nur lieb. Sie brauchten jetzt die Spuren nicht mehr zu sehen, sie wußten ja, in welcher Richtung und in welcher Entfernung die Gesuchten zu finden seien.
Noch waren sie nicht fortgekommen, und Steinbach stand gerade im Begriff, um einen Felsen zu biegen, da prallte er blitzschnell wieder zurück.
„Was gibt es?“ fragte Hilal.
„Zwei Männer. Fast hätten sie mich gesehen!“
„Kommen sie?“
„Nein, sie stehen da vorn, jenseits des freien Plätzchens, das hinter diesem Felsen beginnt.“
„Laß mich einmal nachschauen!“
Hilal legte sich auf den Boden und kroch langsam vor, so weit, daß er sehen konnte, ohne selbst erblickt zu werden. Da blieb er eine kurze Zeit lang, die Augen scharf auf die Männer gerichtet, unbeweglich liegen. Dann zog er sich zurück.
„Es sind natürlich feindliche Beni Suef?“ fragte Steinbach.
„Ja. Ich kenne beide genau.“
Sternbach hörte aus dem Ton der letzten Worte sofort, daß er keine unbedeutenden Leute vor sich habe, und er hatte sich nicht getäuscht, denn auf seine daraufhin gerichtete Frage antwortete Hilal:
„Es ist der Scheik der Suef und sein Eidam Omram.“
„Dessen Messer wir gefunden haben?“
„Ja, Herr.“
„Die muß ich mir natürlich ansehen.“
Nun legte sich auch Steinbach, ganz ebenso wie vorher Hilal, auf den Boden nieder und betrachtete die Suefs, kam aber gleich darauf mit einer hastigen Bewegung wieder zurück und sagte zu Hilal:
„Schnell zwischen jene Steine! Sie kommen näher. Hoffentlich werden sie da nicht hineinblicken! Hüte dich um Allahs willen, ein Geräusch zu verursachen!“
Rasch eilten sie an einem Felsen vorüber, an dem ein zweiter, halb umgefallener lehnte, so daß zwischen beiden eine Öffnung war, und kauerten sich, die Gewehre eng an sich gezogen, in diese hinein. Das Loch war groß genug, sie vollständig zu verbergen.
Im nächsten Augenblicke ließen sich Schritte vernehmen, und es kamen die beiden Beni Suef herbei.
„Wenn sie uns bemerken!“ raunte Hilal dem Deutschen zu, unwillkürlich sein Gewehr bewegend.
„Pst! Nicht schießen; im Notfall nur das Messer gebrauchen!“
Gerade vor dem Versteck hielten die Feinde ihre Schritte an, um ihr Gespräch fortzusetzen.
„Also meinst du, daß wir Wachen ausstellen?“ fragte der Scheik.
„Ja. Ich bin überzeugt, daß sie kommen.“
„Ich bezweifle es. Sie wissen doch von uns gar nichts.“
„Aber sie werden den Russen und den Türken verfolgen. Dabei stoßen sie auf unsere Fährte.“
„Glaube das nicht. Sie werden sich freuen, die beiden Kerle losgeworden zu sein.“
„Die Beni Sallah, ja. Aber der Fremde, von dem der Riese erzählte, wird ihnen ganz sicher folgen!“
„Auch ihm wird es nicht einfallen. Der Riese ist besiegt worden, und der Stamm hat einen neuen Scheik erhalten. Das gibt große Feste. Dazu die Hochzeit zwischen der Königin und diesem verdammten Knaben Tarik. Sie kann zwar erst später gefeiert werden, aber es müssen doch Vorbereitungen getroffen werden. Da wird niemand daran denken, den beiden Genannten nachzureiten. Das glaube mir! Ich bin älter und erfahrener als du.“
„Ja, du bist erfahrener und du bist der Scheik. Darum will ich nicht mit dir streiten. Aber einen Wachtposten
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