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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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augenblicklich war die ominöse Bank vorhanden, die zur Ausübung der Bastonade dient. Diese Bank, auf die man den Delinquenten legt, hat eine Lehne, an der die Beine emporgezogen und so befestigt werden, daß oben die nackten Fußsohlen eine waagerechte Lage erhalten. In dieser Weise wurde auch der Derwisch angeschnallt. Er sträubte sich aus Leibeskräften, was ihm aber nichts nützte.
    „Wollen Sie ihm jetzt schon die Bastonade geben lassen?“ fragte Normann den Obersten der Leibwache.
    „Ja, in Natürlichkeit und Verständnisse!“
    „Ehe er vor den Bei gebracht wird?“
    „Ja. Was leugnet, dem muß jehauen werden. Verstanden?“
    So wurde denn der Derwisch festgeschnallt, und zwar derart, daß er sich nicht zu bewegen vermochte. Vor seinen Füßen, die natürlich entblößt worden waren, stand der Dschezzar, zu deutsch eigentlich Henker. Doch hat in Tunis das Amt eines Henkers ganz und gar nicht den anrüchigen Beigeschmack wie bei uns, sondern es ist im Gegenteil eine der höchsten Befugnisse, die nur einem solchen Manne erteilt wird, von dessen Treue der Herrscher vollständig überzeugt ist.
    Krüger Pascha führte das Verhör auf türkisch.
    „Warst du heute nacht hier im Garten?“ fragte er.
    „Nein.“
    „Zwei Hiebe!“
    Sofort erhielt der Derwisch auf jede Sohle einen Hieb.
    „Ja, ich war da!“ schrie er.
    „Hast du den Draht gelegt?“
    „Nein.“
    „Zwei Hiebe!“
    Wiederum wurden die Hiebe so gegeben, daß einer hart neben dem andern zu sitzen kam, und da bei jedem einzelnen die Haut der Fußsohlen aufsprang, so war der Schmerz ein ganz entsetzlicher.
    „Halt!“ brüllte der Delinquent. „Ich habe ihn gelegt.“
    „Auch die Patrone?“
    „Nein.“
    Ein Wink von Krüger Pascha, und der Henker schlug abermals zu.
    „O Allah, Allah! Ich habe auch die Patrone gelegt.“
    „Wozu?“
    „Ich wollte mir einen Spaß machen.“
    „Welchen Spaß?“
    „Ich wollte sehen, ob es knallt.“
    „Weiter nichts?“
    „Nein.“
    „Du wolltest nicht den Bei, den Beherrscher der Gläubigen dieses Landes, töten?“
    „Nein.“
    „Vier Hiebe!“
    Kaum aber hatte der Derwisch den zweiten Hieb, so brüllte er:
    „Halt, halt! Ja, ich wollte ihn töten!“
    Der gegenwärtige, augenblickliche Schmerz wirkte mehr als die Furcht vor der grausamsten Strafe, die erst später erfolgen konnte.
    „Hast du Mitschuldige?“
    „Nein.“
    „Zwei Hiebe!“
    Die Fußsohlen waren bereits zerstört. Da rief der Derwisch, als der Henker eben zum Hieb ausholte:
    „Halt ein! Ja, ich habe einen Mitschuldigen.“
    „Wer ist es?“
    „Ibrahim Pascha.“
    „Woher ist derselbe?“
    „Aus Stambul.“
    „Wo wohnt er?“
    „Drüben im Haus an der Wasserleitung.“
    „Hast du noch andere Vertraute?“
    „Nein.“
    „Noch zwei Hiebe!“
    „Bei Allah und dem Propheten, nur der Pascha weiß davon!“
    Der Henker wollte zuschlagen, aber Steinbach ergriff ihn am Arm und sagte zu Krüger Pascha:
    „Er hat wohl keinen Vertrauten weiter. Das glaube ich beschwören zu können!“
    Da befahl der Oberst in der Sprache des Landes, den Gefangenen in gefesseltem Zustand in das sicherste Loch des Gefängnisses zu werfen. Dann machte er selbst sich an der Spitze einer Anzahl Leibscharen auf, auch den Pascha festzunehmen, und die drei Deutschen und der Engländer eilten ihm voraus. –
    Der Pascha hatte erst ganz verwundert den Kopf geschüttelt, als er den Derwisch so erfolglos arbeiten sah. Aber als die vier Männer so plötzlich von der Mauer herabgesprungen kamen, war er ebenso erschrocken wie sein Verbündeter.
    Er hörte natürlich die Worte nicht, die gesprochen wurden; aber er erkannte die Personen ganz genau.
    „O Mohammed! O ihr Kalifen!“ knirschte er. „Das sind diese Hunde! Wie kommen sie hierher? Sollte der Mann, der ihm geholfen hat, alles verraten haben? Wenn ihm nicht jetzt noch die Flucht gelingt, so ist er verloren. Bei allen Teufeln und Geistern der Hölle! Sie ziehen ihn empor. Er ist gefangen!“
    Schon wollte er fliehen, und doch wartete er noch. Es war ja niemand mehr zu sehen. Da, bereits nach wenigen Augenblicken ertönte ein schriller Schrei, dem ein weiterer folgte! Ibrahim wußte genug.
    „Er erhält die Bastonade! Sie verhören ihn!“ murmelte er ängstlich. „Sie werden ihn fragen, ob noch andere davon wissen, und er wird mich nennen; er wird mich verraten, denn kein einziger Mensch der Welt kann dem Schmerz widerstehen, wenn der Stock bis auf den Knochen durch die Sohle dringt. Fort, fort!

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