50 Shades of Gay: Erotischer Roman (German Edition)
Nacht lang all diese wirren Gefühle über den mysteriösen Taylor Grayson wegtrinken.
Wenn ich nur wollte, könnte ich bei Josh vielleicht meine Unschuld verlieren. Ich bin mir sicher, es würde sogar Spaß machen, aber ich will, dass mein erstes Mal etwas mehr ist als das. Meine Gedanken schweifen einen Moment zu der Vorstellung ab, besagte Unschuld bei Taylor zu verlieren, aber ich reiße mich rasch genug zusammen, um einer Frau einen weiteren Sekt Orange zu reichen.
Als die Arbeit endlich getan ist und wir alles aufgeräumt haben, schicke ich Matty eine SMS und lade ihn ein, sich uns anzuschließen. Natürlich sagt er zu. Ich fahre mit Josh nach West Hollywood, dem schwulsten Teil von Los Angeles. Hier gibt es mehr halb nackte Go-go-Boys und Transen als ›Starbucks‹-Filialen.
Es riecht sogar schon irgendwie schwul, wenn man vorbei am La Cienega Boulevard den Santa Monica Boulevard entlangfährt, mit seinen zahllosen schwulen Bars, Sexshops und überteuerten Klamottengeschäften für Männer, wo selbst die Schaufensterpuppen bessere Bauchmuskeln haben als ich.
Ich fahre so gut wie nie nach West Hollywood. Es löst dasselbe Gefühl bei mir aus wie die Talkshow von Katie Couric: Ich bin froh, dass es das gibt, aber deswegen muss ich es ja nicht zu einem Teil meines Lebens machen. Einen Ausflug nach West Hollywood hebt man sich am besten für besondere Anlässe auf – etwa wenn man ein Jubiläum zu feiern hat oder gerade versucht, nicht an einen der größten Filmstars der Welt zu denken, der einem vielleicht, vielleicht aber auch nicht an die Wäsche will.
Als meine Mutter mich vor ein paar Jahren besuchen kam, nahmen Matty und ich sie mal nach ›WeHo‹ mit – das ist der Slangbegriff für West Hollywood, denn für ein so langes Wort hat niemand Zeit. Irgendwo zwischen der fast zwei Meter großen Dragqueen im Dolly-Parton-Look und den Heerscharen von halb nackten Jungs auf dem Weg zu einer Sexparty wäre meiner Mutter fast der Kopf geplatzt. Ich glaube, sie hat sich von all dem noch immer nicht erholt, und um ehrlich zu sein, geht es mir nicht anders.
Wir gehen in einen Club namens ›Eleven‹, wo die Musik meinen Körper vibrieren lässt – ein stampfender Beat gemischt mit Ausschnitten aus verschiedenen Songs von Ke$ha. DJs scheinen nur ein Ziel im Leben zu haben: den Gästen Kopfschmerzen zu bereiten und dabei möglichst albern auszusehen. Das Lokal ist gerammelt voll, für meinen Geschmack etwas zu sehr für einen Mittwochabend um achtzehn Uhr. Wie kann es sein, dass jeder in Los Angeles gleichzeitig so viel Geld und so viel Zeit zur Verfügung hat? Ein sehr niedlicher spanisch aussehender Mann, der am ganzen Körper tätowiert ist, tanzt in Unterwäsche auf der Bar. Er trägt einen Schulterschutz wie ein Footballer und eine schwarze Matrosenmütze, und auch wenn es unglaublich klingt, es steht ihm. Ich schaue mich an der Bar um, sehe die ganzen schönen Männer, die weitaus unkomplizierter sind als Taylor Grayson, und ich zwinge mich dazu, an sie zu denken statt an das, was mir den ganzen Tag durch den Kopf spukt. Doch eigentlich ist es eine nette Abwechslung, sich in einer Bar mal in Gedanken an Taylor hineinzusteigern statt in meine üblichen Gedanken in Bars: meine Minderwertigkeitskomplexe inmitten all der nackten Brust- und Bauchmuskeln. Kaum etwas macht mich so nervös wie Menschen mit schönen Körpern. Deshalb gehe ich auch nicht ins Fitnessstudio. Deswegen – und weil ich zu faul dafür bin.
Josh bestellt mir was zu trinken. Ich sage ihm, er solle mir einfach das bringen, was er sich bestellt. Ich weiß nie, was ich in einer Bar trinken soll. Wenn ich selbst bestelle, bin ich am Ende vielleicht der einzige hier, der einen Pinot Grigio trinkt, und das könnte ich nach den letzten vierundzwanzig Stunden nicht ertragen. Matty kommt dazu und sieht aus wie einem Werbespot oder einem schwulen Musicalfilm entsprungen – das Schrillste sind ein ärmelloses Shirt von A Chorus Line und ein grüner Filzhut.
»Was hast du denn da an?«
»Gefällt’s dir?«, fragt Matty und dreht sich, damit ich den Rest seines Outfits bewundern kann. Es gefällt mir nicht, aber das kann ich Matty nicht sagen. Niemand könnte das. Matty ist in diesen Dingen sehr empfindlich, und deshalb ist es am besten, immer schön ja zu sagen, sonst verbringt man den Rest des Abends damit, ihn vom Selbstmord abzuhalten. Matty benimmt sich zwar, als hätte er alles Selbstvertrauen der Welt, aber tief im Innern ist er
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