51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
dankbaren Blicke seinem Bruder die Hand. Dieser drückte sie herzlich und sagte, den Dank gerührt abweisend:
„Pshaw! Man tut seine Pflicht, weiter nichts. Du würdest noch viel mehr an mir tun.“
„Mehr zu tun ist gar nicht möglich! Ihr müßt nämlich wissen, Master Sam, daß ich in tiefster Einöde verwundet wurde, wo es keine Wohnung, keinen Menschen gab. Tim mußte eine Hütte bauen und alles, alles sein, Arzt, Pfleger, Ernährer, Tröster – ich will verdammt sein, wenn ich ihm das jemals vergesse!“
„Aber Ihr kennt doch wohl den Indsman, der Euch verwundete und im Gesicht verstümmelte?“
„Indsman? Ihr meint, daß es ein Indianer gewesen sei?“
„Natürlich. Ein Weißer wird doch einen Weißen nicht in dieser Art und Weise behandeln!“
„Da brummt Ihr geradeso wie die Kuh, die noch nie die Pocken gehabt hat. Die größten Schufte des fernen Westens haben eine weiße Haut. Merkt Euch das! Wer im Osten nicht mehr bestehen kann, weil er die Polizei und die Gefängnisse zu fürchten hat, der geht nach dem Westen. So ist es!“
„Aber Ihr wißt die Namen der Kerle?“
„Auch nicht.“
„O wehe! Wie wollt Ihr da diese Sache quitt machen?“
„Das weiß ich auch nicht. Ich möchte Tag und Nacht beten, daß mir der Kerl wieder einmal vor die Augen kommen möchte. Dann ist er verloren.“
„So kennt Ihr sein Gesicht?“
„Ja, das kenne ich.“
„So ist doch noch Hoffnung, daß Ihr ihm die Geschichte heimzahlen könnt. Hatte er denn eine Rache an Euch?“
„Ganz und gar nicht. Ich befand mich mit Tim ganz allein auf der Biberjagd. Wir hatten sehr gute Geschäfte gemacht und eine ganze Menge Felle zusammengebracht. Tim war fortgegangen, um irgend etwas zu schießen, und ich erwartete ihn in jedem Augenblick zurück; aber statt seiner kamen zwei andere, weiße Jäger, die unsere Spuren gefunden hatten. Sie ließen sich bei mir nieder. Ich nahm sie gut auf, gab ihnen zu essen und zu trinken und antwortete auf ihre Fragen so viel, wie es mir möglich war. Plötzlich hob der eine seine Büchse und schoß auf mich. Ich verlor die Besinnung. Als ich wieder zu mir kam, kauerte Tim bei mir. Er hatte mich verbunden. Unsere Pferde waren fort, unsere Felle auch und meine Nase dazu. Sie hatten sie mir abgeschnitten.“
„Verdammt! Zur Verfolgung gab es leider keine Zeit?“
„Nein. Wir mußten sie entkommen lassen. Ich verlor das Bewußtsein abermals und erhielt es erst nach langen Wochen wieder. Er mußte natürlich bei mir bleiben. So entkamen diese Halunken.“
„Eine schmähliche Bande! Ich möchte es Euch von Herzen gönnen, daß sie Euch einmal begegneten.“
„Das ist mein heißester Wunsch. Ich würde ihnen den Streich heimzahlen, daß sie daran denken sollten. Aber während dieser Geschichte vergessen wir ganz, daß Ihr uns etwas zu sagen habt.“
„Ich Euch?“
„Ja. Ihr spracht doch von Eurer Auguste.“
„Ah, die Auguste! Ja, das ist wahr.“
„Meint Ihr etwa Eure Frau oder Eure Schwester, oder gar Eure Geliebte?“
„Geliebte? Hm! Wo sollte bei meinen vierundfünfzig Jahren eine Geliebte herkommen!“
„Na, eine graue Bärin!“ lachte Jim.
„Hat sich was! Ich danke für eine solche Umarmung! Die, deren Pelz ich jetzt auf dem Leib trage, hat mich warm genug gemacht. Es war nämlich eine Sie und nicht ein Er. Und dennoch habt Ihr gar nicht so schlecht geraten, denn die Auguste war wirklich meine Geliebte.“
„Ah! Also doch!“
„Ja. Aber das ist dreißig und etliche Jahre her. Ihr müßt nämlich wissen, daß ich ein Deutscher bin.“
„Na, das ist gerade keine Schande für Euch!“
„Sollte auch niemand etwa behaupten. Ich wollte ihn schnell kurieren. Ich bin Sachse.“
„Noch besser. Die Sachsen sind gute Menschen. Sie tun nicht leicht jemandem etwas.“
„Ja, wir sind gemütlich, zumal oben im Voigtland. Ich bin nämlich in Herlasgrün geboren.“
„Diese Metropole kenne ich nicht.“
„Metrum hat sie, aber Pole nicht; die liegen im Norden und Süden der Erdkugel. Ich war ein tüchtiger Knopfmachergeselle, ein Kerlchen wie Milch und Blut, hübsch, klug und verständig, im höchsten Grad liebenswürdig und wo ich mich nur sehen ließ, da waren die Mädel ganz paff auf mich.“
„Oho!“
„Wahrhaftig! Ich könnte es sofort mit tausend körperlichen Zeugeneiden beschwören. Ich schneide nicht etwa auf, sondern es war wirklich so; aber das sind Gottesgaben, auf die man nicht stolz sein darf. Die Mädel hatten es wirklich alle auf mich
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