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51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie

51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie

Titel: 51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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körperlichen Gebrechen anderer lustig zu machen; im fernen Westen aber gibt es wetterharte, durchtriebene Charaktere, die bei einem feinen Witz nicht den Mund verziehen würden. Da ist alles derb, nichts wird übelgenommen, nämlich wenn es nicht aus dem Mund eines persönlich unangenehmen Menschen kommt. Ein jeder lacht da über sich selbst gern mit.
    Und von diesem Gesichtspunkte aus war der Anblick Jims allerdings zum Lachen. Er war unendlich lang und hager, gerade wie sein Bruder auch. Auf diesem spindeldürren Leib schlotterte der weite Militärüberrock eines amerikanischen Offiziers. Die Lederhosen, die unter diesem Uniformrock zum Vorschein kamen, waren in ihren unteren Teilen wohl so defekt und zerrissen gewesen, daß der Besitzer es für das bequemste gehalten hatte, sie kurz über den Knien abzuschneiden. Darum zeigte er jetzt die nackten, braungebrannten, skelettartigen Unterschenkel bis herab zu den Füßen, die in riesigen Holzschuhen steckten.
    Auf dem Kopf hatte er ein Ding, das früher einmal ein Filzhut gewesen war; aber es war ihm die Krempe so vollständig verlorengegangen, daß die Kopfbedeckung jetzt jenen Näpfchen glich, in denen die deutschen Bauernweiber ihrem Quark die bekannte Form zu geben pflegen. In diesem Augenblick hatte er diese Kopfbedeckung abgenommen, und da zeigte sich der Schädel so vollständig glatt und kahl, daß man selbst mit dem Vergrößerungsglas kein einziges, einsames Härchen oder Fäserchen gefunden hätte.
    Die Nase fehlte, jedenfalls nicht infolge eines Geburtsfehlers, denn die Stelle, an der sie hätte anwesend sein sollen, zeigte die deutlichen Spuren von Gewalttätigkeit. Die Stelle war blutrot und geschwollen.
    Sein Bruder Tim war, wie bereits bemerkt, ebenso lang und hager, aber er hatte eine Nase, und was für eine! Sie glich einem Geierschnabel zum Verwechseln. Dünn und spitz, scharfgeschnitten und gebogen, von Hitze, Wind und Wetter ausgegerbt und ausgetrocknet, schien sie wirklich aus Horn zu bestehen, ganz wie der Schnabel eines Raubvogels.
    Seine Kleidung war fast noch sonderbarer als diejenige des guten Jim. Sein spindeldürrer Leib steckte nämlich in einem schwarzen Priesterrock, der nichts weiter sehen ließ, als die untere Hälfte der riesigen büffelledernen Stiefel. Auf dem Kopf trug Tim einen Reiterhelm mit Pferdehaarbusch.
    Beide Brüder waren gleich bewaffnet, nämlich mit Büchse und Bowiemesser.
    Ein Westmann geht ganz gut ausgerüstet nach den finsteren und blutigen Gründen, wie die wilden Gegenden genannt werden. Bald ist sein Anzug verdorben und abgerissen. Er kann ihn nicht erneuern; er hat entweder keine Gelegenheit dazu, oder es fehlt ihm das Geld oder irgendein Tauschmittel. Er ist also gezwungen, nach dem ersten besten, was sich ihm bietet, zu greifen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit besteht sein Anzug nur noch aus Stücken, die er gefunden, besiegten Gegnern abgenommen oder wohl auch gar – mitgenommen, das heißt gestohlen hat.
    So war es auch bei Jim und Tim gewesen. Tim hatte aber zu seinem frommen Priesterrock noch eine kostbare, in grellen Farben schimmernde Santillodecke bei sich, die der Kenner sicherlich wenigstens auf fünfhundert Dollar taxiert hätte.
    Als Jim nach seiner Nase gefragt wurde, zog er die Stirn in tiefe Falten, aber nicht etwa aus Zorn über diese unzarte Frage, sondern weil er an das Ereignis erinnert wurde, bei dem er um den Schmuck und die Zierde seines Angesichtes gekommen war.
    „Das ist eine verdammte Geschichte“, antwortete er. „Glaubt Ihr, Master Sam, daß man sie mir abgeschnitten hat?“
    „Wenn Ihr es mir sagt, so muß ich es wohl glauben. Aber habt Ihr es Euch denn so ruhig gefallen lassen?“
    „Könnt Ihr Euch wehren, wenn man Euch die Hände und Beine gefesselt hat, so daß Ihr bewegungslos daliegt wie ein Klotz, den man vom Baum geschnitten hat?“
    „Dann freilich nicht. Aber gerächt habt Ihr Euch?“
    „Könnt Ihr Euch rächen, wenn Euch das Wundfieber niederhält, so daß Wochen vergehen, ehe Ihr den Verstand wiedererlangt?“
    „Donnerwetter, so wart Ihr auch anderweit verwundet?“
    „Und ob! Ein Lungenschuß, vorn hinein und hinten wieder heraus.“
    „Das ist dennoch Glück. Wäre die Kugel nicht hinten wieder heraus, so hättet Ihr daran glauben müssen.“
    „Sehr richtig. Und dennoch wäre ich hinüber, wenn nicht Tim mich gewartet und gepflegt hätte, wie eine Mutter sich nicht besser für ihr Kind aufopfern kann.“
    Jim reichte mit einem liebevollen,

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