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51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie

51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie

Titel: 51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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abgesehen. Da könnt ihr euch denken, daß mir die Nase ziemlich hochstand.“
    „Jetzt steht sie desto tiefer, nämlich zwischen den dicken Backen drin!“
    „Ja, sie hat sich mit der Zeit zurückgezogen. Also, wem die Liebe sozusagen von allen Seiten auf dem Präsentierteller entgegengebracht wird, der wird sehr leicht wählerisch. Das war auch bei mir der Fall. Ich wollte etwas Vornehmes.“
    „Ist's Euch gelungen?“
    „Ja. Ich ging nämlich einmal auf die Kirmse nach Ruppertsgrün – Ihr müßt wissen, daß dort im Voigtland die meisten Orte ein Grün hintendran haben – dort sah ich eine, die war ganz nach meinem Geschmack. Ihr Vater war Landwirt. Er hatte ein Pferd, vier Kühe, drei Schweine, zwei Ziegen, ein Dutzend Hühner, sechs Stück Gänse, zwei Enten, und wenn ich mich nicht irre, hielt er sich gar noch Tauben, Karnickel und auch einen Bienenstock. Dieses Vermögen stach mir in die Augen, denn sie war die einzige Tochter. Sie hatte zwar nur einige Blattergruben im Gesicht, aber die gaben ihr einen so wehmütigen, wohltuenden, mitleidigen Anstrich, daß ich sofort dachte: diese oder keine. Natürlich hieß sie Auguste.“
    „Jetzt kommt sie!“ lachte Tim.
    „Ja, da ist sie! Sie war auch ganz glücklich, daß ich ihr meine liebevolle Verehrung widmend zu Füßen legte, und als ich sie fragte, ob ich sie nach dem Kommerzienratsball nach Hause führen dürfe, antwortete sie, daß es das größte Glück ihres Lebens sein werde, an meiner Seite nach ihrer heimatlichen Haustür zu säuseln.“
    „Das war sehr hübsch ausgedrückt!“
    „Ja, die Gustel hatte immer so etwas poetisch Ergreifendes in ihrem ganzen Wesen. Und ich hatte natürlich das richtige Verständnis dafür. Es überkommt mich allemal eine tiefe Wehmut, wenn ich an jene Zeit des süßen Hoffens aus Schillers Glocke denke. Es geht nichts über die Liebe. Sie ist ewig, wenn sie auch manchen Menschen umbringt.“
    „Na, Euch wenigstens hat sie nicht umgebracht.“
    „Nein; aber gewürgt hat sie mich gehörig.“
    „Wie ist das zugegangen?“
    „Das kam folgendermaßen: Natürlich ging ich alle Abende von Herlasgrün nach Ruppertsgrün. Die Auguste war so zärtlich, so feurig, ich war auch liebevoll, und so paßten wir eben sehr gut zueinander. Am meisten freute ich mich darüber, daß sie so außerordentlich praktisch war. Was sie sagte, und was sie tat, das hatte den richtigen Schmiß, jedes Wort von ihr traf den Nagel auf den Kopf. Kurz und gut, wir waren ein Paar, als wären wir von den Tauben zusammengetragen worden. Aber die Geschichte hatte doch ihren Haken.“
    „Ah! Welchen?“
    „Ihr Vater wollte nicht.“
    „O weh! Und ihre Mutter?“
    „Die wollte erst recht nicht.“
    „Doppelt schlimm!“
    „Ja, die Auguste sollte etwas Vornehmes bringen, keinen Knopfmacher, sondern einen Angestellten, einen Beamten, etwa einen Lehrer oder einen Briefträger oder einen Weichensteller. Dort geht nämlich die Bahn nach Plauen vorüber, und da gibt es Weichensteller genug. Da ich aber nun kein Beamter war, so war unsere Liebe eine sehr stille. Ich sprang über den Zaun und stieg auf den Schweinestall. Da konnte ich gerade mit der Hand so weit in die Höhe reichen, daß sie mir die ihrige aus dem Kammerfenster heruntergeben konnte; das waren die glücklichsten Momente meiner irdischen Wallfahrt. Können Sie sich das denken?“
    „Sehr gut“, lachten die beiden.
    „So ging das eine lange Zeit fort. Wenn nichts dazwischengekommen wäre, so stünde ich vielleicht noch jetzt alle Abende auf dem Schweinestall und reckte die Finger in die Höhe. Aber da kam das Verhängnis in Gestalt eines jungen Kandidaten des Schulamtes.“
    „Was ist das?“
    „Ein Schulamtskandidat war damals ein zwanzigjähriger Hilfsschulmeister mit einem jährlichen Gehalt von dreihundertsechzig Mark, nebst zehn Steuergroschen monatlich fürs Orgelspielen und fünf Groschen für jede Leiche nach dem Gottesacker hinauszusingen. Privatstunden gab er extra, die Stunde zu fünfzehn Pfennigen. Bei so einem Einkommen warf so ein Kandidat seine Augen allemal auf ein reiches Mädchen, und der betreffende, von dem ich spreche, ließ die seinigen auf meine Auguste fallen.“
    „Verteufelt unangenehm!“
    „Oh, es war nicht nur unangenehm, sondern sogar sehr störend, denn eines schönen Abends, als ich kam und auf den Schweinestall klettern wollte, da stand er schon oben und fingerte in derselben Weise, wie es eigentlich mein Monopol ganz allein hätte sein sollen,

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