51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
den Kopf, ließ den Blick forschend flußaufwärts schweifen und meinte dann:
„Ich werde sie irreführen. Ganz gewiß suchen sie nach dem Kanu. Wo sie es finden, da werde ich nach ihrer Meinung ausgestiegen sein. Ich lasse es also von hier aus weitertreiben. Und damit es nicht wegen seiner Leichtigkeit baldigst wieder an das Ufer geht, beschwere ich es mit Steinen.“
Er legte mehrere größere Steine hinein, daß es nun so tief ging, als ob ein Mann darin sitze. Dabei nahm er sich in acht, ja keine Spur seines Fußes zu hinterlassen. Dann gab er dem Kanu einen Stoß, daß es wieder in das tiefere Wasser zurückglitt und von demselben schnell mit fortgenommen wurde. Er blickte ihm nach, fuhr aber erschrocken mit dem Gesicht nach dem Land herum, als er plötzlich durch den lauten, kreischenden Ruf einer weiblichen Stimme aus seiner Betrachtung aufgestört wurde.
„Jessus, Jessus! Da schwimmt es fort!“
Zwei Negerinnen waren vom Garten her auf der Höhe des Ufers erschienen. Sie trugen einen riesigen Korb mit Wäsche. Sie erblickten ihn und auch das Boot. Und da sie nicht glauben konnten, daß er selbst es fortgestoßen haben konnte, so war die eine von ihnen in den Schreckensruf ausgebrochen.
Diese Begegnung war ihm außerordentlich unangenehm, doch durfte er sich dies nicht merken lassen. Er wandte sich also den beiden zu, zuckte bedauernd die Achsel und sagte:
„Ja, da geht es hin. Ich hatte vergessen, es anzubinden.“
„Weiter unten hängt ein Boot unseres Herrn. Wenn Ihr schnell macht und hineinsteigt, könnt Ihr das Eurige noch einholen.“
„Schon gut! Ich brauche es nicht mehr. Wer seid ihr?“
Als er sie jetzt musterte, zeigten sie, verlegen lachend, die weißen Gebisse. Die ältere antwortete:
„Wir sind My und Ty.“
My und Ty sind Abkürzungen von Mary und Tony. Der Neger liebte solche Abkürzungen, doch sind sie auch dem Amerikaner überhaupt geläufig. Die Namen der beiden Brüder Snaker zum Beispiel, Jim und Tim, sind die Abkürzungen von Joachim und Timotheus.
„My und Ty also! Wer ist My?“
„Ich bin es“, meinte die ältere, verschämt an dem weißen Busentuch zupfend.
„Habt ihr Männer?“
„Jessus, Jessus! Ob wir Männer haben! Wir sind Mädchen, jungfräuliche Mädchen, Massa!“
„So, so! Bei wem dient ihr?“
„Bei Massa Wilkins hier. Wir sind in der Küche.“
„Ist euer Massa gut?“
„Sehr gut, sehr gut.“
„Und wie seid ihr mit seiner Tochter zufrieden?“
„Noch viel guter, noch viel sehrer gut!“
„Sind beide daheim?“
„Ja. Massa trinkt Tee und Miß Schokolade.“
„So besitzen also beide die Liebe aller Untergebenen?“
„Ja, die Liebe, die sehr allergrößte Liebe.“
„Das ist schön! Das freut mich! Es gibt also niemand, der mit der Herrschaft unzufrieden ist?“
„Nein, keinen.“
Da aber fiel die jüngere gleich ein:
„Einen, oh, einen kenne ich.“
„Wer ist das?“
„Bommy, der böse Bommy.“
„Das ist auch ein Neger, ein Diener?“
„Kein Diener, kein Neger, sondern ein verdammter Nigger, ein armseliger Nigger.“
Nigger ist die beleidigende, beschimpfende Form des Wortes Neger. Dieses Wort nahm sich freilich in dem Mund einer Schwarzen spaßhaft aus.
Die Absicht, in welcher Walker nach Wilkinsfield gekommen war, ließ es ihm geraten erscheinen, sich an einen Mann zu halten, welcher mit dem Herrn der Besitzung auf gespanntem Fuß lebte. Darum hatte er die letzte Frage getan, und darum erkundigte er sich weiter:
„Wo wohnt denn dieser Bommy?“
„Zwischen hier und der nächsten Plantage, gerade durch den Garten hindurch, drüben über das Zuckerfeld, da erblickt man am Rand des Gehölzes seine Hütte, in welcher er Gin und Whisky schenkt.“
„So ist er ein Schenkwirt?“
„Ja. Er wurde freigegeben und erhielt die Hütte geschenkt. Da er nicht arbeiten will, so ließ er sich Schnaps kommen, um ihn zu verkaufen. Unser Massa aber hat verboten, von Bommy Schnaps zu trinken; darum ist Bommy zornig.“
„Der schlechte Mensch“, meinte Walker, das Lachen verbeißend. „Bleibt ihr lange hier am Fluß?“
„Mehr ganz viele Stunden.“
„So will ich euch etwas sagen. Habt ihr mich gesehen?“
„Ja.“
„Nein, ihr habt mich nicht gesehen. Verstanden?“
Sie sperrten den großen Mund auf und blickten ihn im höchsten Grade verwundert an. Sie konnten es nicht begreifen, einen Mann nicht gesehen zu haben, der doch vor ihnen stand.
„Jessus, Jessus!“ meinte My. „Wir sehen doch Massa leibhaftig hier
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