52 - Aufruhr auf Kregen
verstanden den Wink, Augen wandten sich ab.
Ich sah zum Operationstisch zurück; Lomax war fleißig bei der Arbeit. Ich fragte mich, warum er nicht die üblichen Akupunkturnadeln benutzte. Er wurde die Arznei genannt; möglicherweise war das die Erklärung.
Ich unterlag keineswegs dem Irrtum, daß Doktor Lomax umsonst operierte. Für seine Dienste verlangte er Gold. Auch ihm war keineswegs entgangen, daß wir Koter waren und darum auch Gold in unseren Geldbörsen trugen. Zweifellos hatte er Komplizen, die im Zweifelsfall die Rechnungen für geleistete chirurgische Dienste eintrieben.
Es war schon einige Zeit her, daß der goldene Nektar meinen Hals befeuchtet hatte, also rief ich dem Mann hinter der Bar zu, einen Krug Ale einzuschenken – und war mir dabei durchaus bewußt, wie unpassend das in dieser Situation eigentlich war. Der fette und wissende Olumai knallte den Krug auf die Theke und schnappte sich das Silberstück, das ich ihm zuschob. Ich wartete auf das Wechselgeld. Es kam nicht. Bei den überwältigenden Reizen der Heiligen Dame von Belschutz! Sollte ich die Sache auf sich beruhen lassen oder nicht?
Daß ich mich überhaupt in dieser Situation befand, daran waren nur der lächerliche Unsinn schuld, der Naghan Raerdus Diensteifer angerichtet hatte, sowie Logan Verlans ungestümes Verlangen, diejenigen, die seine Überzeugungen nicht teilten, mit dem Schwert zu durchbohren. Und nicht zu vergessen mein ausgeprägter Sinn für Verantwortung. Ich trank das Ale und kehrte zum Operationstisch zurück. Der Olumai grinste höhnisch und wischte sich die Hände an einem schmutzigen Lappen ab.
Ich bemühte mich um einen gedämpften Tonfall. »Doktor Lomax. Mein Freund wird zusammengeflickt. Warum linderst du seinen Schmerz nicht mit deinen Nadeln?«
Lomax fuhr gewissenhaft mit seiner Arbeit fort. Er sah nicht auf. »Der Schmerz ist nicht schlimm. Dein Freund ist kräftig. Nadeln sind nicht billig.«
»Ach, das ist es. Schon gut, Doktor. Hier ist Gold.« Ich zeigte ihm zwei Goldtalens, die im Licht der Lampen seidig schimmerten. »Jetzt benutz deine Nadeln, um den Schmerz zu beseitigen, den mein Freund erleidet.«
Die beiden Goldstücke fanden den Weg in seine Börse wie Aale in ein Wehr. Er öffnete die Tasche, holte die Nadeln hervor und benutzte sie mit dem Geschick eines Nadelstechers. Augenblicklich verstummte das Stöhnen, das selbst Verlan, ein erfahrener Offizier des VLD, nicht unterdrücken konnte. Er stieß ein tiefes Seufzen aus und entspannte sich auf dem nackten Holz des Tavernentischs.
»Gold«, sagte Doktor Lomax, »wirkt immer Wunder.«
Ich sparte mir jede Erwiderung – das ist eine billige Philosophie, die nicht immer zutrifft – und legte statt dessen eine Hand auf Verlans Stirn. Sie war heiß, aber nicht so sehr, daß ich es für bedenklich hielt. Lomax nickte und bestätigte meine Vermutung. Selbst ich sah, daß Verlan eine häßliche Wunde davongetragen hatte, deren gezackte Ränder viel größer als die Breite einer Rapierklinge waren.
»Dein Freund hatte Glück. Beng Bodine der Heiler von Menschen hat ihm zweifellos seine Gunst geschenkt.«
»Ach ja?«
»O ja. Der Stoß verfehlte sowohl die Oberschenkelarterie als auch den Oberschenkelknochen. Ich habe schon Rapierklingen gesehen, die zerbrachen und im Oberschenkel steckenblieben, wenn sie den Knochen trafen. Was die Arterien angeht ...«
»Ja.« Ich blickte auf Logan Verlan hinunter. »Der fünfhändige Eos-Bakchi hat heute den Würfel wirklich zu deinen Gunsten geworfen, Logan.«
Er brachte ein Verziehen der Lippen zustande, das ich als Lächeln deutete.
Für die nächsten Schwierigkeiten würde die Kundschaft des Ungehängten Drikingers sorgen. Mir waren die verstohlenen Blicke, das vielsagende gegenseitige Zuzwinkern und die allgemeine Atmosphäre drohenden Unheils keineswegs entgangen, und ich ging davon aus, daß meine kleine Geste mit dem Schwertgurt ihr Verfallsdatum überschritten hatte – wie man in Clishdrin sagt.
Ich drehte mich mit dem Krug in der linken Hand um und trank einen Schluck, während ich mit der rechten ein halbes Dutzend Goldstücke aus dem Geldbeutel fingerte. Die Talens funkelten hübsch im Schein der Mineralöllampen. Ein paar Schritte brachten mich zur Theke und dem mürrischen Schankkellner. Ich knallte das Geld auf die Theke.
»Eine Runde für alle!« verkündete ich mit lauter, aber keinesfalls befehlender Stimme.
Ohne auf das Ergebnis meiner Bemühungen zu warten, flitzte ich zurück zum
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