52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
Narbe habe«, sage ich. »Das fühlt sich nicht so gut an.« Ich lehne mich zurück und an seine Brust, während ich zwischen seinen Beinen sitze. Nun versucht er, meine rechte Brust zu berühren, doch auch das schmerzt seltsamerweise. Ich zucke sogar merklich zurück. »Tut mir leid«, sage ich, »ich weiß auch nicht, was heute Abend mit mir los ist.«
»Wir müssen ja nicht, wenn du müde bist. Es ist doch keine Verpflichtung.«
»Nein, nein, es wäre eine Schande, ein so schönes Zimmer zu haben, und es dann nicht dafür zu benutzen.«
Ich gehe ins Bad und sehe mir die widerspenstige Brust an. Ich hatte schon mal einen Abszess, und der begann auch so, mit plötzlichen, unerklärlichen Schmerzen bei Berührung. Aber davon ist heute nichts zu sehen. Also kehre ich zu Herbert zurück. »Wie wär’s mit einer 69?«, schlägt er vor.
Das sollte gehen. Ich persönlich finde 69er ja langweilig, aber wenigstens ist es keine große Herausforderung. Genießen kann ich es im Moment trotzdem nicht. Ich bin total abgelenkt. Als Herbert mich streichelt, fürchte ich mich schon vor dem Moment, in dem er mit seinen Fingern in mich eindringt. »Nicht«, sage ich, und dann breche ich in Tränen aus.
Ich weine fast eine Stunde lang – heftige, keuchende Schluchzer. Manchmal ist einem einfach selbst nicht klar, worüber man sich die meisten Sorgen macht. Bei mir ist es die Angst davor, was sich im Inneren meines Körpers abspielt, die heute so Bahn bricht: Mein entsetzlicher Gebärmutterhals, der blutet und schmerzt. Am Tag nach meinem Besuch beim Gynäkologen habe ich ein klein wenig Sport gemacht, und danach hatte ich die ganze Woche über Schmerzen. Die habe ich zunächst kaum bemerkt, bis ich begann, mir Sorgen darüber zu machen. Und plötzlich ist mein ganzer Körper fähig zu einer Revolte, um sich selbst zu schützen. Alles in mir wehrt sich dagegen, durch Sex alles noch zu verschlimmern, vor allem auf diesen schönen, blütenweißen Laken.
In solchen Momenten wächst Herbert über sich hinaus. Er hält mich fest, küsst mich und stellt nicht zu viele Fragen. Er weiß, auch ohne dass ich es ausspreche, was los ist. Dann holt er Taschentücher, Lippenbalsam und immer wieder ein Glas Wasser, bis ich mich so weit beruhige, dass ich einschlafen kann.
Sonntagmorgen, und der Regen stürzt sich in kleinen Flüssen durch die Rinnsteine von Brighton. Mir geht es heute Morgen besser. Es scheint, als sei ich irgendwas losgeworden. Allerdings bin ich müde, denn Weinen macht mich immer müde.
Um neun bekommen wir das Frühstück ans Bett serviert: einen Berg Blaubeerpfannkuchen mit Ahornsirup und Speck. Beim Essen sehen wir uns Friends an und versichern einander, dass es viel lustiger ist, als wir es in Erinnerung hatten. Herbert ist aufmerksam und kuschelt mit mir. Gemächlich ziehen wir uns an und machen uns schließlich auf den Weg in die Stadt.
Ich bestelle Latte macchiato für uns beide in einem Café, das ein bisschen zu perfekt gestylt wirkt. »Wir sollten lernen, ohne Penetration miteinander zu schlafen«, sage ich, und Herbert stimmt mir zu. Diese Überlegung hat uns bislang nie beschäftigt. Ich weiß, dass das nicht auf viele Frauen zutrifft, aber ich liebe es, Herbert in mir zu spüren. Keine noch so intensive Berührung meiner Klitoris reicht an diese Empfindung heran. Die Orgasmen, die ich nur über meine Klitoris habe, fühlen sich im Vergleich zu den tiefen, warmen, die aus der Penetration heraus entstehen, oberflächlich und flüchtig
an. Oft bin ich aus diesem Grund beim Vorspiel richtig ungeduldig. Ich möchte auf dem Weg zum Kern der Sache einfach keine Zeit verschwenden.
Aber es ist ja nicht so, dass wir es immer auf diese Weise tun müssen; wir sollten es nur in unserem Repertoire haben.
Zum Mittagessen gehen wir in eine Bar, wo wir uns vor langer, langer Zeit einmal mit Wodka Shots betrunken haben. Inzwischen habe ich mich warm geredet und plaudere über alles Mögliche. Ich erzähle Herbert, dass ich ein wenig deprimiert war. Es vergeht ein Tag nach dem anderen, und ich habe das Gefühl, nichts zustande zu bringen. Ich sitze vor dem Bildschirm meines Computers und warte bloß darauf, dass E-Mails reinkommen. Ich kann mich zu nichts aufraffen, mache mir über alles Sorgen. Ich brauche einen neuen Job. Ich muss mein Leben wieder besser in den Griff kriegen.
Herbert ist eine Zeitlang bei der Sache, doch dann schweift sein Blick plötzlich ab, und ich weiß, dass ich seine Aufmerksamkeit verloren
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