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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Angstschrei erscholl aus dem Mund der Dame. Karpala hatte ihn gehört. Schnell riß sie ihr Pferd auf den Häcksen herum und dirigierte es zu der erschrockenen Reisenden, die ihre Troika hatte anhalten lassen.
    „Bist du über mich erschrocken, mein Schwesterchen?“ fragte sie, im ganzen Gesicht lachend und dabei ihre köstlichen Zähne zeigend.
    „Sehr“, ertönte die Antwort von einer sonoren Stimme.
    „Verzeih mir. Ich tue es nicht wieder.“
    „Das möchte ich dir raten. Du kannst doch einmal zu Fall kommen!“
    „O nein; das ist ja ganz unmöglich! Wie sollte das geschehen?“
    „Wenn du nun am Wagen oder an meinen Pferden hängengeblieben wärest!“
    „Auch das war unmöglich. Ich sah doch, daß ich durchkommen konnte, sonst wäre ich über deine Pferde hinweggeritten.“
    „Hilf Himmel, bist du toll?“
    „O nein! Wir reiten hier gern so!“
    „Ich reite auch, aber so etwas würde ich doch niemals wagen.“
    „So bist du keine Tungusin?“
    „Nein.“
    „Wo bist du her?“
    „Ich komme aus weiter Ferne, aus Indien.“
    „Und wohin willst du?“
    „Nach Irkutsk wollen wir. Vorher aber werden wir einen Tag in Platowa rasten.“
    „Hast du da Bekannte?“
    „Nein.“
    „So bitte ich dich, bei uns abzusteigen. Du wirst uns sehr willkommen sein. Mein Vater ist Bula, der Fürst der Tungusen.“
    „Ich danke dir. Es ist bereits beschlossen, daß wir bei dem Kreishauptmann bleiben.“
    „Schade, sehr schade! Aber wenn ihr bei diesem bleibt, so seid ihr wohl sehr vornehme Leute?“
    „Der dort ist ein Graf.“
    Die Dame deutete dabei nach der vorderen Troika, die nicht angehalten, sondern ihren Weg fortgesetzt hatte. Dann befahl sie dem Kutscher, weiterzufahren. Als der Wagen wieder in den früheren scharfen Trab gekommen war, blieb Karpala an der Seite desselben, als ob sich das ganz von selbst verstehe.
    Die im Wagen Sitzende schlug den Schleier zurück. Karpala machte eine ganz unwillkürliche Bewegung des Erstaunens. Ein Paar solcher Augen, wie ihr jetzt in diesem Moment entgegenstrahlten, so mild und doch so mächtig, hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen.
    „Wie schön bist du! Wie wunderbar schön!“ entfuhr es ihr.
    „Nun, du bist wohl nicht minder schön als ich. Das kannst du mir glauben. Wie glücklich wird derjenige sein, dem du dein Herz schenkst!“
    „Oh, er hat es bereits!“ antwortete die Tungusin, indem sie über das ganze Gesicht lachte.
    „Liebt er dich sehr?“
    „Unendlich!“
    „Das gönne ich dir. Bitte, wie ist dein Name?“
    „Karpala.“
    „Das heißt die wie Schnee Glänzende. Du trägst ihn mit vollem Recht. Du gleichst dem Schnee, auf dem das Morgenlicht seinen leisen, zarten Purpur wirft. Es ist oft wunderbar, wie genau der Name zur Person paßt.“
    „Wie ist der deinige?“
    „Gökala.“
    „Das heißt die Himmelblaue. Auch du trägst ihn mit vollem Recht. Ob es wohl noch ein zweites Paar so herrlich blauer Augen gibt, wie die deinigen sind? Ich glaube es nicht.“
    „Wie es scheint, finden wir Wohlgefallen aneinander“, lächelte die Dame.
    „Ja, ich habe dich bereits sehr lieb. Wenn du mich auch ein wenig leiden könntest, so hätte ich große Freude. Dann könntest du mich in unserem Lager besuchen, das vor der Stadt liegt.“
    „Oder du könntest auch zu mir kommen.“
    „Nein, das ist unmöglich.“
    „Warum?“
    „Weil du beim Kreishauptmann wohnen wirst. Zu diesem komme ich nicht.“
    „Warum nicht? Bis du ihm feindlich gesinnt? Hat er dich etwa beleidigt?“
    „Ja, ganz entsetzlich! Denke dir, er will mich zwingen, seinen Sohn zu heiraten!“
    „Und du magst ihn nicht?“
    „Nein.“
    „So nehme ich es dir gar nicht übel, daß du ihn nicht lieben kannst und daß du dein Herz weiterverschenkt hast.“
    „Nicht wahr? Wir beide passen sehr gut zusammen. Schade, daß du nur einen Tag hierbleiben willst. Du solltest länger verweilen. Dann könnte ich dir vielleicht einmal meinen Georgi zeigen.“
    „Er ist wohl gerade das Gegenteil von dem Rittmeister?“
    „Ganz und gar.“
    „Ist er hochgestellt und reich?“
    „Beileibe nicht! Er ist ein – Verbannter.“
    Karpala sagte dieses letzte Wort mit gesenkter Stimme und nickte Gökala traurig zu.
    „Ein Verbannter?“ fragte diese. „Armes, armes Kind! Ist er denn wenigstens in einer guten Situation?“
    „Gar nicht. Er ist auf der Flucht.“
    „So bist du ihm zur Flucht behilflich gewesen?“
    „Ja, und ich werde ihn über die chinesische Grenze

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